Betrogen

Liebesfalle Internet

Ihre Geschichte habe „nichts mit Naivität zu tun“; sie sei „eine gestandene Frau“, erklärt sie. Aber ihr Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung war grösser, und so erlag sie dem Schmeicheln eines „irischen Geschäftmannes“. Durchs Gebet bekam sie wieder offene Augen und festen Boden unter die Füsse.
Diese Frau wurde arg getäuscht.

Die Betroffene erzählt: "Ich kann es kaum fassen, wie ich jenem „Dave E. McStanley“ auf den Leim gekrochen bin. Ich dachte, meine grosse Liebe gefunden zu haben. Dieser Mann hatte mich mit frommen Floskeln über eine Dating - Plattform per E-Mail umgarnt. Mit dieser Erfahrung will ich in die Öffentlichkeit treten, in der Hoffnung, dass ich andere vor so etwas warnen kann.

So fing alles an: Zunächst erhielt ich eine Nachricht von „dav4luv“ über eine Dating - Plattform. Angeblich aus Irland schrieb mir ein „Dave E. McStanley“ eine E-Mail. Danach begann ein reger Briefwechsel per Mail. Man ging zu Online-Gesprächen über. Die dauerten bis zu vier Stunden, meistens nachts. Dave gab sich als Geschäftsmann im Bereich von Gold und Schmuck aus. Er täuschte vor, in Irland zu leben und seine Frau vor acht Jahren in einem Verkehrsunfall verloren zu haben. Er schilderte seine Einsamkeit.

Anrufe ohne Ende

Dave begann mir zu schmeicheln: Ich hätte Licht in sein Leben gebracht. Und Gott habe einen Engel (mich) zu ihm geschickt. Er hätte auch nie mehr heiraten wollen, weil er alles verloren habe – bis ich in sein Leben kam. Bald machte er mir offene Liebeserklärungen. Nach gut einem Monat kam per E-Mail ein Heiratsantrag, der mich zwischen ungläubigem Fragen und einem Schweben im Siebten Himmel hin und her riss.

Online wurde der Kontakt aufrechterhalten, aber immer ohne Webcam und ohne Telefon. Der nächste Schritt folgte. Irgendwann teilte er mir mit, dass er ohne mich nicht mehr leben könne. Er wolle in die Schweiz kommen. Immer wieder war von unserer einzigartigen Liebe die Rede. Ich stellte ihm schon Fragen, wie er sich das vorstelle, wenn er in der Schweiz leben wolle und was er hier arbeiten wolle.

Als er in Westafrika war, telefoniert er mir nachts um ein Uhr. Meine Freude war gross, als ich das erste Mal seine Stimme hörte. Natürlich wurde schnell die Leitung unterbrochen und ich rief ihn in meinem unendlichen Glück zurück. Somit kamen lange Telefongespräche zustande, die immer auf meine Rechnung gingen. Mit der Zeit wurde mir die Leitung für Auslandsgespräche gesperrt, weil ich die Rechnungen kaum mehr bezahlen konnte. Er schickte mir zwei Fotos von einem Verlobungsring und unseren Eheringen und sagte, dass er bald bei mir sei.

Missbrauchter Glaube

Selbstverständlich hatte ich ab und zu Zweifel, aber Verliebtheit macht blind. Dave lenkte geschickt meine Fragen immer wieder auf Gott und die Dankbarkeit, dass er mich durch ein Wunder kennenlernen durfte. Immer wieder kamen fromme Äusserungen wie

– „Gott segnet unsere zukunftige Heimat und erneuert unsere Stärke und füllt uns mit seiner Weisheit…“

– „Ich glaube, dass unsere Beziehung vom Himmel gesegnet wird…“

– „Ich liebe dich mit der ganzen Stärke, die der Herr mir gab…“

– „Deshalb versichere und schwöre ich, dass ich für dich beten werde und sicher machen werde, dass wir so früh wie möglich zusammen sein werden, damit wir alles zusammen lösen werden, Amen…“ und und und.

Da sind einige Sätze zusammengekommen. Immer erwähnte er Gott, seine Wunder und den Segen. Noch heute ist es für mich unbegreiflich: Wie kann man Gott vorschieben, um einen anderen Menschen zu benutzen? Ich merke auch, dass es für mich weder fassbar noch nachvollziehbar ist, was bei einem solchen Menschen im Herzen vorgeht. Auch ein Stück Vertrauen gegenüber den Männern ist verloren gegangen. Was sind das für Menschen, die solche Machenschaften ausüben? Ich finde keine Antwort darauf, Gott wird sie mir bestimmt im richtigen Moment noch geben.

„Schick mir bitte Geld“

Endlich war der langersehnte Tag da und ich freute mich, meinen geliebten Dave in die Arme schliessen zu können. Erwartungsvoll, mit einem Geschenk in der Hand, stand ich am Flughafen – aber er kam nicht! Ein Mr. Dave Mc.Stanley stand nirgends auf der Flugliste. Fassungslos und weinend fuhr ich nach Hause. Was ist nur passiert?

Es ist eine sehr traurige Angelegenheit, in eine solche Geschichte verwickelt zu sein. Von Ferne erzählte mir Dave eine Schauergeschichte: Es habe einen politischen Anschlag gegeben, den er als einziger überlebt habe und alles müsse geheim bleiben. Seine Beine seien verletzt, eines davon gebrochen. Am anderen Bein habe er eine Fleischwunde mit einer Infektion. Man müsse dieses Bein so schnell wie möglich behandeln, ansonsten werde es amputiert.

Sein „Arzt“ mailte mir sogar Röntgenbilder von dem gebrochenen Bein, und ich bekam auch einen medizinischen Bericht. Wie viele Frauen werden diesen Bericht schon erhalten haben?

Ich soll keine Freunde einschalten; er sei anonym im Krankenhaus, und der Arzt sei Christ und werde ihm helfen. Nach langen Telefongesprächen, Tränen und Hilflosigkeit richtete er eine Geldforderung von 1550 Euro an mich. In meiner blinden Verliebtheit habe ich ihm Geld überwiesen.

Wirklichkeit war wie vernebelt

In der Zwischenzeit besprach ich mich mit guten Freunden über meine Situation. Alle meinten, dass es wahrscheinlich ein Betrug sei, aber ich war mit meinen Nerven so am Ende und konnte die Situation nur noch verschwommen, wie durch einen Schleier, wahrnehmen. Dennoch erkannte ich, dass ich einem Betrüger aufgesessen war. Meine Gefühlswelt brach wie ein Kartenhaus zusammen.

Rückkehr in die Freiheit

Es war Abend, und ich weinte nur noch und betete zu Gott, dass er mir aus dieser schlimmen Situation heraushelfen kann. Ich wurde ruhig und spürte ganz fest die Nähe von Gott. Er berührte mich sanft und lieblich und meine Gedanken wurden ruhig. Er schenkte mir einen klaren Blick. Mein Verstand setzte wieder ein, und ich bekam die Antwort von Gott: dass er mich trägt und schützend die Hand über mich und meinen Sohn legte. Ich wusste ganz genau, es ist jetzt wirklich vorbei, und ich hatte keinerlei Ungewissheit mehr, was ich nun glauben sollte oder eben nicht. Ich bekam von Gott die Gewissheit, dass er mein Beschützer ist. Ich hatte meinen Platz wiedergefunden.

Ich schickte Dave noch ein letztes Mail mit dem Titel: „Der Kampf ist vorbei… und Jesus ist der Sieger“. Darin schrieb ich unter anderem: „Das Leben geht weiter mit Verarbeitung und Heilung, ohne Lügen und Betrügereien. Ich bin froh und dankbar, dass mich Gott vor grösserem Leid bewahrt hat. Ich kann Dir nicht viel wünschen, nur eines hoffe ich für Dich, dass du eines Tages aus diesem miesen Geschäft aussteigst und ein ehrliches Leben führst… Das einzige, das mir noch bleibt – ich werde für dich beten.“

Andere mögen es besser machen

Heute ist es mir unverständlich, dass ich überhaupt das Geld überwiesen habe. Es hat nichts mit Naivität zu tun, ich bin eine gestandene Frau. Ich sehnte mich nach Liebe und mein Bedürfnis wurde geschickt ausgenutzt.

Meine Geschichte soll dazu dienen, dass anderen Frauen solches Leid erspart bleibt. Ich kämpfe jetzt dafür, dass solchen Betrügern das Handwerk gelegt wird. Dave hat noch zweimal versucht, sich bei der Dating - Plattform einzuloggen. Die Polizei teilte mir mit, dass seine Mailadresse aus Mauritius stammt.“

Datum: 02.06.2008
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch

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