Karriere in der Bibel: Samuel (2)

Dranbleiben – oder in den Schmollwinkel?

Seine Laufbahn ist einzigartig, der Leistungsausweis top. Doch braut sich ein Sturm zusammen, der das Lebenswerk Samuels wegzufegen droht.
Als Prophet Baumeister des Wohlstands – und dann ins zweite Glied versetzt: Samuel.

Samuel hat seit Jahrzehnten eine überragende Stellung unter den Israeliten. Bemerkenswert ist dabei dass bei ihm keine Spur von Selbstgefälligkeit oder Arroganz erkennbar ist. In seiner Zeit, dem elften Jahrhundert vor Christus, reicht kein anderer Israelit ihm das Wasser. Hat Samuel Macht? Das Wort passt gar nicht zu seinem Handeln, da er sie nie ausspielt, um sich oder seiner Umgebung einen Vorteil zu sichern.

Der Unparteiische

Samuels Unbestechlichkeit hat seine Autorität gefestigt. Er versteht sich durch und durch als Diener Jahwes, des Gottes der Israeliten. Als Prophet ist er der erste Diener des Volks (übrigens die eigentliche Bedeutung der Amtsbezeichnung Premierminister!). Was Jahwe sagt, das vermittelt er den Leuten, die einen Rat brauchen oder etwas entscheiden müssen. Zum Sprachrohr Gottes wurde er schon als Knabe berufen. Und was er voraussagte, trat ein.

Triumph im Dauerkonflikt

Seine Autorität nutzt er, um eine geistige Neuorientierung des Volks zu fordern: «Entfernt die fremden Götter aus eurer Mitte… und richtet eure Herzen auf Jahwe und dient ihm allein, damit er euch rettet aus der Hand der Philister!» (Die Bibel, 1. Samuel 7,3). Die Israeliten sind der Raubzüge überdrüssig, welche das militärisch überlegene Nachbarvolk der Philister immer wieder geführt hat. Sie gehen auf den religiösen Appell Samuels ein. Als ihr Fürsprecher erbittet er Gottes Eingreifen im alten Konflikt. Was sie kaum zu hoffen wagten, geschieht: Die Philister werden geschlagen und lassen sie in Ruhe – endlich hat das Land bessere Entwicklungsperspektiven.

Ohne Allüren, ohne Nachfolger

Die Grösse Samuels zeigt sich auch darin, dass er in seinem Wohnort Rama kein Machtzentrum oder Heiligtum aufbaut. Als oberster Richter der zwölf israelitischen Stämme entscheidet er knifflige Streitfälle weise und weitsichtig, wobei er jedes Jahr abwechslungsweise in Rama, Gilgal und Bet-El anzutreffen ist. Allerdings wird auch Samuel älter. Können seine Söhne Joel und Abija ihn ersetzen? Er hat sie als Richter im Süden des Landes eingesetzt. Doch sie bewähren sich nicht: Anders als ihr Vater lassen sie sich bestechen und beugen das Recht.

Dem Volk den Willen lassen?

So kommt der Tag, an dem die Führer der Stämme mit Samuel die Zukunft besprechen – und dies gar nicht in seinem Sinn. Sie fragen gar nicht nach seinen Vorstellungen, sondern fordern: «Setze uns einen König ein, damit er uns Recht verschaffe, so wie es bei allen Nationen ist!» (1. Samuel 8,5). Haben die Stammesführer den Kopf verloren? Samuel ist total frustriert. Er betet zu Jahwe. Und was Gott ihm antwortet, tut erst recht weh: «Höre auf die Stimme des Volks, in allem, was sie dir sagen, denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass nicht ich König sein soll über sie» (8,7).

Die Ansprüche des Königs

Samuel sieht sein Lebenswerk bröckeln. Jahrzehnte hat er mit seiner Leadership – als Richter und Prophet, als Fürsprecher und Stratege – dafür gesorgt, dass sich kein Herrscher in Israel breit machte. Keiner, der für Hof und Verwaltung, für Festungen und andere Prestigeprojekte das Volk aussaugt. Und nun wollen seine Israeliten, die unter dem Schutz Jahwes besser lebten, genau dies! Das schmerzt. Doch Samuel hat geübt, in allem auf Gott zu hören. Jahwe gibt ihm einen dreifachen Auftrag: die Israeliten über die Ansprüche des Königs zu informieren, sie vor den Auswüchsen der Monarchie zu warnen – und einen Herrscher einzusetzen.

Warnungen in den Wind gesprochen

Ist ihm je etwas so schwer gefallen? Samuel malt mit drastischen Pinselstrichen den Stammesführern vor Augen, wie viel der Hof des Königs sie kosten wird. Die begabtesten Leute, Männer und Frauen, wird er für sich beanspruchen, «er wird eure Felder, eure Weinberge und Ölbäume nehmen, nur die besten, und sie seinen Dienern geben» (8,14). Die Warnungen verhallen im Wind. Als hätte Samuel die Stämme in die Misere geführt, zeigen sie ihm die rote Karte: «Nein! Wir wollen einen König über uns!»
Samuel wird ihn finden und zum Herrscher salben. Er wird sich nicht in den Schmollwinkel zurückziehen, sondern ihm als Prophet zur Seite stehen. Denn auf sein geliebtes Volk kommt einiges zu, wenn es sich regieren lassen will wie alle Nationen…

Fortsetzung:
Samuel - Teil 3

Datum: 28.09.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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