Drei wichtige Schlüssel

Schlüssel

Israel und die Kirche

In dem abschliessenden Kapitel möchte ich mich mit den drei wichtigsten Schlüsseln zum rechten Verständnis der Heiligen Schrift befassen. Diese sind:

- Der Unterschied zwischen Israel und der Kirche
- Die Dispensationen (unterschiedliche Zugänge und Verantwortlichkeiten des Menschen im Lauf der Geschichte Gottes mit ihnen)
- Die buchstäbliche Auslegung der Bibel

Einer der wichtigsten Schlüssel zum rechten Bibelverständnis ist die Unterscheidung zwischen Israel und der Kirche. Lässt man diese Unterschiede ausser Acht, so führt das zu Widersprüchen und Verwirrungen.

In 1. Korinther 10,32 teilt Paulus die Menschheit ein in Juden, Heiden und die Kirche Gottes. Hier unterscheidet er deutlich zwischen (nicht an Christus gläubige) Juden und der Kirche. Auch Jakobus zieht in Apostelgeschichte 15 eine Trennungslinie zwischen der Kirche und Israel (die Kirche - "ein Volk für seinen Namen" in Vers 14 - und die Juden, die wieder aufgebaute "Hütte Davids").

Israel war Gottes auserwähltes Volk auf Erden. Dies begann mit Abraham (1. Mo. 12), und man kam durch natürliche Geburt hinein. Wegen ihres Unglaubens sind die Juden nun für eine Zeit verworfen (Röm. 11,15a).

Die Kirche ist Gottes himmlisches auserwähltes Volk (1. Petr. 2,9). Es begann mit dem Pfingsttag, und man kommt durch die Wiedergeburt hinein. Sie ist keine Fortsetzung Israels, sondern eine ganz neue Gesellschaft, eine, die es vorher nie gegeben hat. Als der Herr Jesus auf Erden war, sprach Er von Seiner Kirche als von etwas Zukünftigem ("… werde ich meine Gemeinde bauen"; Mt. 16,18). Später schrieb Paulus seinen ersten Brief an die Korinther, inzwischen war die Kirche entstanden (1. Kor. 12,13).

Das Priestertum Israels war auf einen Stamm beschränkt, auf den Stamm Levi (5. Mo. 18,1.5) und davon wieder auf die eine Familie Aarons. In der Kirche sind alle Gläubigen Priester - heilige und königliche Priester (1. Petr. 2,19; Hebr. 10,19-22).

"Israel" war kein "Geheimnis", d.h. eine den Menschen verborgene, nur durch göttliche Offenbarung erkennbare Wahrheit, die jetzt aber den Söhnen der Menschen bekannt gemacht worden ist. Die Kirche ist ein Geheimnis, ein Mysterium, das im Alten Testament nicht erwähnt wurde, das aber jetzt, in der Zeit des Neuen Testaments, durch die Apostel und Propheten verkündet wurde (Eph. 3,5.9; Kol 1,25-26; Röm. 16,25-26).

Unter dem Gesetz wurde eine strikte Trennung zwischen Juden und Heiden verlangt. Die Heiden waren ohne den Messias, "ausgeschlossen vom Bürgerrecht Israels und Fremdlinge hinsichtlich der Verheissung und … ohne Gott in der Welt" (Eph. 2,12). In der Kirche wurden gläubige Juden und gläubige Heiden zu einem neuen Menschen in Christus (Eph. 2,13-17). Sie sind Mitbürger, Miterben und Mitteilhaber der göttlichen Verheissungen in Christus durch das Evangelium (Eph. 3,6). Solche Einheit war im Alten Testament undenkbar.

Obwohl gläubige Juden unter dem Alten Bund eine himmlische Hoffnung hatten, waren ihre Segnungen doch grösstenteils irdischer Natur und galten für diese Erde (siehe z.B. 5. Mo. 7,12-16; 8,7-9; 28,1-14). Wer zur Kirche gehört, ist mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt gesegnet (Eph. 1,3).

Israel bleibt bis zum Ende des Reiches Christi auf der Erde, bis zur Aufrichtung eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Die Kirche bleibt bis zur Entrückung auf der Erde, wenn Christus kommt, um Seine Glieder in das Vaterhaus zu holen (Joh. 14,13; 1. Thes. 4,13-18).

Es gibt noch viele Gegensätze zwischen Israel und der Kirche, doch dies soll genügen, um zu zeigen, dass man die zwei Begriffe nie durcheinander bringen darf.

Weil es ein oder zwei Verse gibt, die geeignet erscheinen, die Gleichheit von Judentum und Kirche zu beweisen, möchte ich noch Folgendes anfügen:
In Galater 6,16 sagt Paulus:
Und so viele dieser Richtschnur folgen werden (d.h. der Regel der neuen Schöpfung in Vers 15), Friede und Barmherzigkeit über sie und über den Israel Gottes!

Hier werden gläubige Juden besonders herausgehoben als Kontrast zu jenen falschen Lehrern, die versuchten, zur Erlangung der Rechtfertigung Gesetz und Gnade zu vermischen. Die falschen Lehrer behaupteten, wahre Israeliten zu sein, doch sagt der Apostel: "Nein! Die wahren Israeliten sind solche Juden, die durch Gnade errettet wurden, mittels des Glaubens und ohne die Werke des Gesetzes." Stephanus sprach von der Gemeinde oder Versammlung in der Wüste (Apg. 7,38). Das Wort "Gemeinde" (ekklesia) meint jegliche zusammengerufene Gesellschaft, Versammlung oder einen Volksauflauf. In Apostelgeschichte 19,32 bezeichnet dies Wort sogar einen Haufen heidnischer Aufrührer. Der Kontext bestimmt, ob es sich um die Kirche Gottes handelt.

Die Kirche findet man nirgends im Alten Testament, ausser in Bildern oder Symbolen. Sie kommt auch in der Ölbergrede nicht vor (siehe den "Schlüssel zur Ölbergrede" in Teil II). Und in der Offenbarung wird die Kirche nach Kapitel 3 nie auf der Erde gesehen.

Die letzte Posaune aus 1. Korinther 15,52 erklingt für die Kirche; es ist die Posaune, die die Entrückung der Kirche anzeigt. Die siebte Posaune aus Offenbarung 11,15 signalisiert das Ende der Drangsalszeit und die Einführung des Reiches Christi auf Erden.

Die Auserwählten in Matthäus 24,22 sind Gottes Erwählte aus den Juden während der Drangsalszeit. Sie sind nicht dieselben wie die Erwählten, welche die Kirche bilden (1. Petr. 1,2; 2,9).

Die Dispensationen

Unterscheide ebenfalls die Dispensationen! Obwohl Gott sich nie verändert, tun dies Seine Methoden und Verfahrensweisen mit der Menschheit mehrfach. Die Tatsache, dass wir nicht mehr aufgefordert sind, Tiere zu opfern, zeigt uns, dass ein Wechsel der Dispensationen stattgefunden hat. Obwohl wir aus allem in der Bibel Nutzen ziehen können, ist doch nicht alles für uns bestimmt. In einem alten Lied heisst es sinngemäss: Jede Verheissung der Bibel gehört mir, jedes Kapitel, jeder Vers, ja, jede Zeile! Das klingt sehr fromm und scheint unschlagbar zu sein, und doch ist es Unsinn und einfach nicht wahr. Nicht jede Verheissung ist für uns bestimmt. So verhiess Gott dem Abraham z.B. das Land vom Mittelmeer bis an den Euphrat. Das gilt für das Volk Israel, nicht für die Kirche.

Zu unterschiedlichen Zeiten hat Gott den Menschen auf unterschiedliche Weise auf die Probe gestellt. Diese unterschiedlichen Verhaltensmuster oder Haushaltungen nennen wir Dispensationen (in der gr. Bibel steht oikonomia - Ökonomie).

Das ist wie in einem gewöhnlichen Haushalt. Wenn ein Paar heiratet, werden bestimmte Formen des Umgangs eingeführt. Kommt nun ein Baby, so muss ein völlig neues Programm aufgelegt werden. Doch auch dieses verändert sich wieder, wenn das Kind fünf oder sechs Jahre alt ist. Und völlig anders wird alles, wenn aus dem Kind ein Teenager geworden ist, wie wir alle wissen.

Hier folgen die sieben Dispensationen, wie sie gemeinhin gelehrt werden:

1. Unschuld
Bevor Adam, der erste Mensch, sündigte, lebte er ohne jeglichen Missklang mit Gott in Gemeinschaft. Solange er in diesem Zustand der Unschuld blieb, durfte er in dem Garten wohnen. Aber Adams und Evas Aufstand gegen Gott brachte das Ende dieser idyllischen Dispensation.

2. Gewissen
Mit dem Eintritt der Sünde überwog eine neue Situation. Die Gemeinschaft war zerbrochen, und Adam und Eva wurden aus dem Garten Eden vertrieben. Sie lernten, dass ein sündiger Mensch Gott nur aufgrund eines stellvertretenden Opfers nahen kann.

3. Menschliche Herrschaft
Nach der Sintflut setzte Gott die menschliche Herrschaft ein, als Er die Todesstrafe für Mörder befahl. Obwohl die Bibel dies nicht ausdrücklich sagt, soll diese Strafe nicht in Familien-Blutrache ausgeführt werden, sondern als Ergebnis eines ordentlichen obrigkeitlichen Gerichtesbeschlusses, in dem die Schuld bewiesen sein muss.

4. Verheissung
Anfangend mit Abraham führte der Herr eine Periode ein, während der Er den Erzvätern und dem Volk Israel grosszügige Verheissungen machte.

5. Gesetz
Danach wurde Gottes irdisches Volk unter dem Gesetz geprüft (von 2. Mose 20 bis zum Ende des Alten Testaments). Die Zehn Gebote waren dazu bestimmt, dem Menschen seine völlige Unfähigkeit zu beweisen, durch eigene Anstrengungen Gottes Gunst zu erwerben. Ausserdem sollten sie ihn von seiner Sündhaftigkeit überführen und ihn antreiben, bei dem Herrn Jesus die Errettung zu suchen.

6. Die Kirche
"Das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden" (Joh. 1,17). Zur gegenwärtigen Zeit ist die Kirche Gottes neue Gesellschaftsordnung, die nicht unter den Strafandrohungen des Gesetzes steht, sondern mit Christus ein neues Leben führt.

Nach der Entrückung der Kirche wird Gott Seine Gerichte über eine Welt bringen, die Seinen Sohn gekreuzigt hat. Diese Massnahme, auch Drangsalszeit genannt, wird sieben Jahre dauern. Die letzte Hälfte wird die Grosse Drangsal sein, die schrecklichste Periode, die diese Welt je erlebt hat und erleben wird.

7. Das Tausendjährige Reich
Das Millennium oder das Tausendjährige Reich Christi wird durch Frieden und Wohlstand gekennzeichnet sein. Es ist das eigentliche "goldene Zeitalter". Manche halten auch den ewigen Zustand für die siebente Dispensation. Dann werden Sünde, Krankheit und Tod nicht mehr sein, und die Gläubigen sind für alle Ewigkeit bei Christus im Himmel.

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ihrer Kritiker glauben Dispensationalisten nicht an unterschiedliche Evangelien für die verschiedenen Dispensationen. Errettung geschah immer und wird auch immer geschehen aufgrund des Werkes Christi am Kreuz von Golgatha. Im Alten Testament rettete Gott die Menschen durch den Glauben an das, was Er ihnen offenbart hatte. So viel wir wissen, hatten sie keine Kenntnis von dem stellvertretenden Tod des Erlösers; es lag noch in der Zukunft. Aber Gott wusste davon und rechnete den damals Gläubigen den Wert des Werkes Christi zu. Heute richten wir unseren Glauben auf den Erlöser, der vor zweitausend Jahren für uns starb.

Die verständige Anwendung der Dispensationslehre hilft uns zum Beispiel zu erklären, warum wir keine Tieropfer bringen, und warum die alttestamentlichen Vorschriften wegen reiner und unreiner Speisen für uns nicht mehr gelten. Doch extreme oder "ultra"-Dispensationalisten können uns Teile des göttlichen Wortes rauben, die voller geistlicher Belehrung sind.

Zusammenfassung
Wir haben eine Reihe von Schlüsseln gesehen, manche waren allgemeiner, andere spezifischer Natur, die uns alle helfen, uns das Wort Gottes zu erschliessen. Glücklicherweise braucht man nicht alle bei jedem Abschnitt der Schrift.

Logische Schritte bei der Verwendung der Schlüssel

Ein übliches Bild unter Christen ist eine Gruppe, die gemeinsam die Bibel untersucht. Da gibt es dann gewöhnlich eine Reihe von Übersetzungen und Umschreibungen. Ein Text wird - oftmals reihum - gelesen, wobei nur selten das Vorgelesene mit der eigenen Bibel übereinstimmt. Dann äussern sich einige. "Mir sagt der Text, ich sollte vorsichtiger sein mit …"

Das ist keine gute Methode herauszufinden, was die Bibel wirklich lehrt. Die Gruppe hat es vom ersten Schritt an richtig gemacht - vom Wahrnehmen des Textes (leider wird das oft nicht sorgfältig genug getan) - bis hin zum letzten: "Was sagt der Text mir?" oder bis zur "Anwendung". Und wir sollen die Schrift auf unser tägliches Leben anwenden! Aber nicht, bevor wir gemeinsam herausgefunden haben, was uns der Text im Zusammenhang wirklich sagen will.

Wort uns´res Gottes, so herrlich und gross ,
Voll Weisheit und Geistesgewalt,
Ich lese und lese, es lässt mich nicht los
Und niemals, nein niemals wird´s alt.
Voll Schätze und Perlen, wohin wir auch seh´n,
- Der Glaube ergreift sie ganz fest ?
Und wenn auch die Welt und die Zeiten vergeh´n,
Kein Jota der Herr fallen lässt.

Datum: 18.10.2006
Autor: William Mac Donald
Quelle: Effektives Bibelstudium

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