Schriftsteller und Auferstehung Christi

Ostern - die Botschaft der Auferstehung Christi von den Toten - ist der Dreh- und Angelpunkt des christlichen Glaubens. Schriftsteller aus Deutschland und der Schweiz als Antwort auf die Frage, was ihnen die Auferstehung Christi persönlich bedeutet:

Gabriele Wohmann: "Es geht um alles oder nichts"

Christi Auferstehung ist für mich das Zentrum nicht nur der Ostergeschichte, vielmehr konzentrieren sich in ihr alle biblischen Texte zur Frohen Botschaft. Wie könnte es anders sein bei einer Überlebensrettung? Christi Auferstehung, die unsere eigene verheißt, erlöst hin zur Freiheit von der Todesangst, aus der eine Todesvorfreude werden müßte: mein tägliches Bestreben, dieses wichtigste Ziel zu erreichen. In der Auferstehung erfüllt sich Gottes Zusage an uns: "Kommt wieder, Menschenkinder." Paulus an die Kolosser, 2,12: "... in welchem ihr auferstanden seid ...". Daß der Apostel im Imperfekt schreibt, erinnert mich an einen Theologen, der mir gesagt hat, wir seien bereits Erlöste und zwar durch Christi Tod am Kreuz und seine Auffahrt zum Himmel, erlöst zu Lebzeiten. "Tod, wo ist dein Stachel?" brauchten wir eigentlich nicht mehr zu fragen, wären wir nicht doch gleichzeitig mit allen Geistesanstrengungen immer wieder auf unsere kreatürlichen, diesseitigen Überlebensstrategien zurückgeworfen. Trotz Paulus in Römer 6,5. "So werden wir seiner Auferstehung gleich sein." Der Stachel bleibt das Sterben, demgegenüber hat das bangende Verzagen sein Recht. Doch Gott, der von uns nur (nur!) den Glauben will, versteht auch unsere Unsicherheit, und Jesus sagt: "In der Welt habt ihr Angst ..." Das tut gut als lapidare Auskunft über uns. Noch besser tut es uns, weiterzulesen: "... aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." Sein Rat, "getrost" zu sein, verspricht auch hier wieder unsere eigene Weltüberwindung.

Karl Barth....

....sieht in der Auferstehung Gottes Gnadengabe, durch sie "kam das ewige Leben in die Welt." Und: "Ich sage das dem Apostel Paulus nach, der es immer wieder gesagt hat: Der Herr ist auferstanden, wahrhaftig auferstanden, aber in und mit ihm wahrhaftig auch wir. Im Vertrauen auf die Auferstehung kann ich Heimweh, Sehnsucht, Verlangen nach Unvergänglichkeit wohnlich einquartieren. Und wenn Goethe recht hat (ich finde: ja!) und "alle diejenigen auch für dieses Leben schon tot sind, die kein anderes hoffen", muß ich, bei so maximal hochgesteckter Erwartung, ganz außergewöhnlich lebendig sein, auch in diesem Leben vorerst; im anderen, besseren aber um noch nicht vorstellbar vieles mehr. Es geht bei Christi Auferstehung um alles oder nichts. Ich entscheide mich für alles." Gabriele Wohmann (Darmstadt), Jahrgang 1932, ist eine der bekanntesten Autorinnen der deutschen Gegenwartsliteratur. Sie hat mehr als 400 Erzählungen, Romane, Gedichte und Theaterstücke verfaßt. Letztes Buch: "Schwestern" (München 2001)

Ulrich Schacht: "Das leere Grab ist mehr als ein Beweis ..."

Das leere Grab ist mehr als ein Beweis, es ist ein Geheimnis - das Geheimnis des Glaubens. Wer aber das Geheimnis ins Bild, in falsche Gewißheit also, zu bringen versucht, nimmt ihm das Wesentliche, seinen numinosen Kern, der sich entfaltet hinter aller Zeit, die uns im Einzelnen wie im Ganzen gegeben ist. Paulus, der den Sinn des christlichen Glaubens radikal abhängig gesehen hat vom Glauben an den Auferstandenen, hat zugleich (1. Kor. 15,50ff) alle im Irdisch-Naturalistischen, in Zeit-Bildern befangenen Visionen klar verworfen: "Das sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut nicht können das Reich Gottes ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit ..." Was aber geschieht dann, wenn es geschieht? Die Verwandlung des "natürlichen" Leibes in den "geistlichen", den Paulus mit dem Wort pneumatikos charakterisiert. Daß wir, die Menschen, verwurzelt sind in beiden, daß wir in diesem Sinne irdisch und immer zugleich himmlisch sind, daß das Verborgene unserer Existenz einst das uns Bergende sein wird, das ist die Wahrheit der Auferstehung, die das Geheimnis des Glaubens ist. Es ist, im Gegensatz zur halben, die die Welt anbietet, die ganze, die uns Gott geschenkt hat. Ulrich Schacht (Förslov/Schweden), Jahrgang 1951, als Kind einer politischen Gefangenen im Frauengefängnis Hoheneck bei Stolberg/Sachsen geboren, 1973 Verurteilung zu 7jähriger Haft wegen "staatsfeindlicher Hetze", 1976 Freikauf durch die Bundesregierung, für seine publizistischen Leistungen mit dem bedeutenden Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet, Leiter der Evangelischen St. Georgs-Bruderschaft. Letztes Buch: "Verrat - die Welt hat sich gedreht" (Berlin 2001)

Ulrich Weber: "Jesus lebt für immer"

Hänsel und Gretel, Wilhelm Tell, die Nibelungen ... all das packte mich als Kind: Märchen- und Heldengestalten. Die Sonntagsschule erweiterte meinen Geschichten-Schatz: Mose, Abraham, Josef und seine Brüder, David und Goliath kamen hinzu. Und natürlich Jesus. Seine Lebensgeschichte mit ihren vielen Höhepunkten, dann allerdings mit dem schrecklichen Tod am Kreuz, anschließend immerhin doch mit einer Art glücklichem Ende dank der Auferstehung: eine weit zurückliegende, legendenverbrämte Geschichte, die wohl - mehr oder weniger -irgendwo einen wahren Kern enthielt. Dachte ich. Dann, erst viel später, erfaßte ich, daß die Geschichte Jesu fest in der Weltgeschichte verankert ist, seine Kreuzigung konkret knapp 2.000 Jahre zurückliegt und etwas sehr Reales ist. Wenn hundert Jahre etwa vier Generationen umfassen, dann entsprechen 2.000 Jahre etwa 80 Generationen. 80 Generationen vor uns lebte Jesus also als Mensch unter uns, wurde ans Kreuz geschlagen - und durfte auferstehen. Ein Wunder, das tausendfach in Zweifel gezogen, aber ebenso tausendfach als unumstößliche Tatsache belegt worden ist. Realität ist auch die Geschichte von den Jüngern, die lange nicht begriffen, als Jesus davon sprach, daß er sie verlasse, aber wiederkommen werde. Ängstlich verleugneten sie ihn nach seiner Verhaftung, mutlos verkrochen sie sich während der Kreuzigung, ratlos trafen sie sich nachher wieder. Und dann zeigte sich ihnen Jesus nach der Auferstehung mehrmals, und endlich begriffen sie. Dann diese Wandlung, wie wir sie in der Apostelgeschichte verfolgen können, diese wundersame Veränderung von Petrus und den andern Jüngern durch den Heiligen Geist! Plötzlich geht von diesen ehemaligen Angsthasen und Zauderern Entschlossenheit und Kraft, um nicht zu sagen Sprengkraft aus, erkennen sie ihre große Aufgabe, die Verkündigung des Evangeliums auf der ganzen Welt. Und was ist mit mir (mit uns) heute? - Ich darf - gerade in diesen Tagen -immer wieder neu erkennen, daß die Auferstehung kein Märchen, sondern die wunderbarste und bedeutsamste Begebenheit der Menschheitsgeschichte ist. Jesus ist lebendig für immer, ist immer für uns da, und niemanden von uns, die wir mit ihm verbunden sind, müßte eigentlich noch irgend etwas erschüttern können. Jeden Tag neu dürfen wir unsere Verzagtheit, unsere Zweifel und Schwächen hinter uns lassen und - wie die Jünger - immer wieder neu gestärkt uns bemühen, im Reich Gottes Frucht zu bringen. Ulrich Weber (CH-Küttigen/Aarau), Jahrgang 1940, Autor von Unterhaltungsromanen, Kurzgeschichten und Gedichten, u.a. der"Tobias"-Geschichten und der TV-Serie "Die Direktorin"

Siegmar Faust: "Meine Antworten sind noch lange nicht schlüssig"

Als einer, der in der DDR religiös entwurzelt wurde, obwohl wir als Kriegsgeborene im Gegensatz zu den später Geborenen noch den evangelisch-lutherischen Taufschein besaßen, jedoch schon anstelle der Konfirmation die kommunistische Jugendweihe erhielten, fällt mir die Antwort auf diese Frage nicht leicht - vielleicht, weil sie von so fundamentaler Bedeutung ist. Es war wohl eine Fügung, daß ich während der ersten Inhaftierung 1971/72 wegen "staatsfeindlicher Hetze" an die Bibel gelangte, die ich zuerst unter literarischen Gesichtspunkten, dann unter psychologischen Einsichten studierte, ohne das meiste freilich verstehen zu können. Aus der zweiten Stasi-Haft 1974 zitierte ich in einem Brief den Schriftsteller Giorgio Bassani, der immerhin Kommunist war: "Es ist im Leben nun einmal so, daß wer begreifen will, wer wirklich wissen will, wie es um unsere Welt bestellt ist, mindestens einmal sterben muß. Und da dies das Gesetz ist, ist es besser, jung zu sterben, wenn man noch alle Zeit vor sich hat, sich wieder aufzurappeln und aufzustehen." Da ich im Gedenken an Goethes "Stirb und Werde" nicht nur als "trüber Gast auf der dunklen Erde" verweilen wollte, stärkte solches in einer Umgebung, die mich zerbrechen sollte, den Überlebenswillen. Auch mein Weitersuchen wurde entfacht. In einer alten Luther-Bibel stieß ich später auf die Epistel an die Korinther: "So aber Christus gepredigt wird, daß er sei von den Toten auferstanden wie sagen denn Etliche unter euch, die Auferstehung der Toten sei nichts?" Meine Antworten, die folgten und noch folgen, sind noch lange nicht schlüssig und gut sortiert, jedoch nähern sie sich zunehmend der Argumentation des Paulus an. Aus aktuellem Anlaß ließe sich hinzufügen: "Und das ist gut so!" Siegmar Faust (Dresden), Jahrgang 1944, 1971-72 Stasihaft. 1974-76 zweite Stasihaft. 1976 Freikauf nach Westdeutschland. Chefredakteur der Zeitschriften "DDR heute" und "Christen drüben". 1996-1999 Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen im Freistaat Sachsen. Letztes Buch: "Der Provokateur. Ein politischer Roman" (München 1999)

Datum: 26.03.2002
Quelle: idea Deutschland

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