Ostern 2008 - Schnee, Stau und Bruce Willis

Wiener Stephansdom
Gebhard Fürst
Cover

Ein verlängertes Wochenende mit überragendem Staupotenzial, Eier und Osterhasen im Schnee, mehr Action-Filme im TV – oder Freude über die Auferstehung Jesu von den Toten: Was an Ostern Sinn macht, beschäftigt vermehrt auch die Medien.

Worauf kommt es an Ostern an? Angesichts der Verunsicherung über die kulturellen Grundlagen versuchen die Medien bei christlichen Festzeiten zunehmend Beiträge zur Identitätsbildung zu leisten. Nicht selten mit durchsichtiger oder abwegiger Tendenz. Geht es an Ostern darum, die heidnischen Wurzeln des christlichen Hauptfestes zu beleuchten? Der katholische Theologe Othmar Keel, bis 2002 Alttestamentler an der Uni Fribourg, verschliesst sich dem nicht. Im Interview mit swissinfo.ch verweist er auf die verschiedenen Schichten von Ostern: Am Anfang habe ein heidnisches Frühlingsfest gestanden. „Daneben finden wir die jüdische Ebene, den Exodus aus Ägypten, sowie die christliche Ebene, bei der es um das Leben nach dem Tod geht.“

Je nach Stimmung

Ihm sei je nach Stimmung „manchmal die Frühlingsbotschaft wichtiger, manchmal eine der anderen Ebenen“, sagt Keel dem Internetdienst. Nach Eiern und Osterhasen gefragt, meint er: „Wir sind schon etwas heidnisch.“ Und: „Ich denke, dass die Natur heute für viele Menschen der ultimative Horizont ist, auf den sie sich beziehen.“ Ostern sei im Vergleich zu Weihnachten, wo es um die Geburt eines Kindes gehe, ein komplexer Festtag: „Wer hat schon eine Wiederauferstehung miterlebt?“

Ostern – kein Naturfest

Wer Ostern in den Jahreslauf der Natur einbettet, geht an der Sensation vorbei. Denn am Ostertag vor bald 2000 Jahren wurde das stärkste Naturgesetz durchbrochen: die Vergänglichkeit des Lebens. Dass Jesus von Nazareth, von den Römern gekreuzigt und von Anhängern begraben, aus dem Grab auferstand und in einer neuen, geistlichen Leiblichkeit seinen (erst einmal geschockten) Freunden erschien, bevor er in den Himmel auffuhr – dies macht Ostern aus.

Gottes überwältigende Kraft erweckte Jesus und liess ihn aus dem Grab auferstehen. Gegen die Leugner dieser Kraft hielt der Apostel Paulus fest: „Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden, als Erstling derer, die entschlafen sind.“ Mit der Auferstehung ihres Herrn, seinem Sieg über den Tod, verbinden Christen die feste Erwartung, dass auch sie einmal, jenseits des Todes, verwandelt mit Gott leben werden: „Wie wir das Bild des Irdischen (des ersten Menschen Adam; Red.) getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen“ (1).

„Stirb langsam“: Bruce Willis hoch drei

Als wäre das Gegenteil dieser Botschaft attraktiver, hat der deutsche Privatsender Sat.1 über Karfreitag und Ostern seinen Zuschauern gleich dreimal die haarsträubenden Abenteuer des „Die hard“-Kämpfers Bruce Willis in die Stube geliefert. Das Winterwetter trug dazu bei, dass die über dreijährigen Deutschen im Schnitt über vier Stunden pro Tag vor dem Kasten mit den bewegten Bildern sassen – rekordverdächtig. RTL liess am Ostersonntag King Kong frei (2,5 Millionen Zuschauer in der werberelevanten Gruppe der 14-49-Jährigen). Am Vorabend hatte sich Jean Claude van Damme bei ProSieben durch ein Höllengefängnis geprügelt. Am meisten Zuschauer versammelte zwischen Konstanz und Kiel der ‚Tatort’-Krimi am Ostermontagabend.

Einspruch von deutschen Landeskirchen

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kündigte Gespräche mit Privatsendern an, um eine «grössere Sensibilität» bei der Programmgestaltung zu erreichen. Katholische Bischöfe kritisierten die Filmauswahl und forderten einen "angemessenen Umgang mit der Osterbotschaft“. Bischof Gebhard Fürst, Mediensprecher der deutschen Bischöfe sagte dem ‚Spiegel‘: "Sendungen wie 'Deutschland sucht den Superstar', die auch am Ostersamstag läuft, verletzen die Menschenwürde." Die Hemmschwelle, auch im echten Leben mit Menschen entwürdigend umzugehen, sinke durch solche Formate noch weiter.

Wer nicht glaubt, rätselt

Das Nachrichtenmagazin ‚Der Spiegel‘ fährt weiter im Gleis seines bekennend gottlosen Gründers Rudolf Augstein. „Als Jesus noch ein Guru war“ ist die Coverstory zu Ostern überschrieben. Die Frage, wie aus einer jüdischen Sekte eine Weltreligion wurde, wird im Artikel allerdings nicht ansatzweise beantwortet. Wenn nicht die reale Begegnung mit dem Auferstandenen – was sonst hätte die durch die Kreuzigung völlig niedergeschlagenen Anhängers des Mannes aus Nazareth aufrichten können? Der ungläubige ‚Spiegel‘ kann dagegen nur rätseln: „Jesu Vision der Liebe war zertreten worden. Also deutete die Gruppe das Geschehen radikal um. Wer die Idee von der Auferstehung des Herrn und seiner nahen Wiederkunft ausheckte, weiss bis heute niemand“.

In die Offensive

Einzelne Kirchgemeinden gehen in die Offensive: Sie feiern Jesus, den Auferstandenen, nicht nur in ihren Gottesdiensten, sondern proklamieren die Auferstehung von Jesus in ihrer Relevanz für heute auch im Internet. „Die persönliche Begegnung mit Jesus ist entscheidend“, liest man auf der Homepage des Wiener Stephansdoms. In seiner Osterpredigt sagte Kardinal Christoph Schönborn in der Wiener Hauptkirche: "Die persönliche Begegnung mit Jesus ist entscheidend, um die Botschaft von der Auferstehung weitergeben zu können. Nur wenn ich selbst von dieser Botschaft betroffen bin, kann ich sie bezeugen."

(1) Die beiden Zitate finden sich in der Bibel im ersten Brief des Paulus an die Christen in Korinth, Kapitel 15, Verse 20 und 49.

Datum: 27.03.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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