Ostersamstag: Jesus wird vom Kreuz abgenommen

Mit Jesus unterwegs zum Kreuz. Eine Serie zu Ostern mit kraftvollen Bildern von Sieger Köder.


Ostersamstag: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt.

Maria liebt Jesus über seinen Tod hinaus. Kraft-machtleblos liegt er in ihren Armen. Doch sie hält ihn sorgsam. Ihre Hoffnung ist gestorben, ihre schlimmsten Befürchtungen, lange genährt durch Prophezeiungen von Jesu frühster Kindheit, haben sich bestätigt. Aber sie liebt ihn, auch jetzt noch. Ihre Liebe ist unabhängig vom Zustand ihres Sohnes. Sie ist für ihn da – ob er lebt oder tot ist.

Über und um ihr Haupt herum ist der Himmel schwarz, verdüstert. Ihr Kopftuch hat seine Farbe angenommen. Ihre Gedanken sind dunkel, düster, ohne Perspektive.

Doch auf ihrer Schulter, in eindrücklichem Farbkontrast sitzt, nein liegt, eine Taube. Sie sieht aus, als wenn sie mit letzter Kraft auf Marias Schulter geflogen wäre. In ihrem Schnabel hält sie einen kleinen grünen Zweig. Er weist hin auf den grünen Zweig im Schnabel der Taube, die Noah aus der Arche fliegen ließ, nach einer langen, alles zerstörenden Flut und nach vielen dunklen Nächten in der Arche. Sie kam zurück mit einem frischen Olivenblatt – ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen, dass da doch eine neue Welt, eine neue Schöpfung auf Noah wartete.

Die Taube ist schwach, ihre Stimme ist leise, aber sie wispert, fast unhörbar: Es gibt Hoffnung! Es wird eine Auferstehung geben! Ob Maria es hört? Bewusst wohl nicht, ihre Gedanken sperren sich dagegen. Aber- ihr Obergewand trägt dieselbe Farbe wie der Zweig – die Farbe der Hoffnung. Und ihr Untergewand, das sozusagen die Unterströmung in ihrer Persönlichkeit darstellt, weist dieselbe Farbe auf wie die Taube und wie der Streifen des Lichts, der hinten am Horizont unter dem schwarzen Himmel leuchtet. Der Blauton spricht von der Treue Gottes in seinen Verheißungen, aber auch vom himmlischen Heiligen Geist, der sanft und unaufdringlich wirkt – auch jetzt. Ganz tief in ih rem Herzen, das sich genau in der Höhe des blauen Streifens befindet, trägt sie die alten Verheißungen, trägt Maria das Vertrauen in die Zusagen Gottes: „Mir geschehe nach deinem Wort. Deshalb gehört sie auch zu den Frauen, die schnell an die zukünftige Auferstehung glauben werden – schneller als die Jünger.

Wir haben es leichter als Maria. Wir wissen, was nachher geschah – theoretisch. Aber auch wir machen Todeserfahrungen. Manchmal halten auch wir Jesus in unseren liebenden Armen – aber er ist wie tot. Er tut nichts, er redet nicht, er hört nicht, er lässt uns allein, er regt sich nicht. Unsere Gedanken sind umwölkt, unsere Hoffnung auf dem Nullpunkt. Dann ist es ratsam, auf die so leise Stimme der Taube zu hören, die uns Mut macht, auf die Auferstehung zu warten, auf das sichtbare Eingreifen Gottes, das zur rechten Zeit erfolgen wird. Und nicht aufhören, Jesus zu lieben und zu halten!

Rechts unten hat sich der Fels geöffnet und zwei Totenschädel schauen hervor: ...Jesus aber schrie wieder mit lauter Stimme und gab den Geist auf. Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten; und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Grüfte öffneten sich, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt; und sie gingen nach seiner Auferweckung aus den Grüften und gingen in die heilige Stadt und erschienen vielen. (Mt 27,50-53)

Die ungeheure Kraft der Auferstehung wirft ihren Schatten voraus, will Sieger Köder sagen. Die toten Gebeine beginnen sich schon zu bewegen und hervorzuschauen. Sie wirken schon lebendig, obwohl sie noch tot sind. Vielleicht bist du einer von ihnen? Vielleicht bist du noch tot, aber der Fels hat sich schon geöffnet, du spürst schon, wie „etwas geht“?

Sieger Köder ist Priester und ein herausragender christlicher Künstler. Für die Kirche St. Stephanus in Wasseralfingen (Baden-Württemberg, Nähe Ulm) hat er einen inspirierenden Kreuzweg gemalt, den wir mit diesen Internetandachten anschauen und besprechen. Wir danken ihm für die freundliche Genehmigung dafür. Auch danken wir Pfr. Theo Schmidkonz SJ, der mit seinem Büchlein „Kreuzweg-Erfahrungen“ ebenfalls auf diese Bilder eingegangen ist und viele Anregungen geliefert hat.

Quelle: Kreuzweg-Erfahrungen

Datum: 15.04.2006
Autor: Jens Kaldewey

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