„Gott lässt sich erleben“

An
Anton Schulte.
Gott redet auf vielerlei Weise.
Ich suche also Stille von Gott, denke nach und bete, will einfach offen für Gottes Reden in jeder Weise sein.
Gott spricht meist ganz unspektakulär, aber treffend, mitten ins Leben.
Hören wir auf ihn und tun wir, was er sagt?

ton Schulte, Gründer des christlichen Werkes „Neues Leben“, hat schon vielen Menschen erklärt, wie sie Gott finden können. Im Interview erzählt Schulte, wie er selbst das Reden Gottes im Alltag wahrnimmt.
Du hast vielen Tausend Menschen erklärt, wie sie durch Jesus eine Beziehung zu ihrem Schöpfer finden können. Wie erlebst du selbst Gottes Führung im Alltag?

Anton Schulte: Die wichtigste Voraussetzung für eine lebendige Beziehung mit Gott hast du schon genannt: Niemand von uns hat Gott je gesehen. Der Sohn, den er uns geschickt hat, hat ihn uns offenbart. Ich kenne Gott, den Vater, also nur, wenn ich Jesus, seinen Sohn, kenne. Gott, der Vater, ist für uns unsichtbar. Aber der Sohn ist wesensgleich mit dem Vater. Und Jesus sagt: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Die Bibel sagt uns weiterhin: Der Vater und der Sohn haben uns den Geist Gottes gesandt. Der Heilige Geist macht uns also heute klar, was Jesus denkt und wie sehr uns Gott liebt. Vater, Sohn und Heiliger Geist – das ist ein Gott, der in drei Personen existiert.

Und wie nimmst du diesen Gott in deinem Leben wahr?
Ich erlebe ihn zum Beispiel sehr stark in der Stille, wenn ich in der Bibel lese. Dabei kommen mir immer wieder Gedanken, die von ihm stammen könnten. Ganz praktisch: Gestern habe ich mich dreimal verfahren und meine Frau war nicht mit meinem Verhalten einverstanden. Ich war nicht offen für ihre Kritik und wollte nicht wahrhaben, dass ich einen Umweg genommen hatte. Heute mache ich die Bibel auf und sage: „Ach Herr gib mir mal ein Wort für heute.“ – Normalerweise lese ich nach einem Bibelleseplan, aber den hatte ich nicht dabei. – Und da bleibe ich direkt an dem Vers hängen: „Wer sich hartnäckig widersetzt, Korrektur anzunehmen, der wird am Ende umkommen.“ Das klingt ein bisschen zu hart für den Anlass (lacht), aber es geht hier um ein Prinzip: Gott will, dass ich nicht stur bin, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Das habe ich als Gotteswort für mich genommen, habe Busse getan und gesagt: „Ich will schneller einsichtig werden.“ Was ja im Alter so ein bisschen schwieriger wird (lacht). Aber ich möchte eben nicht in Sturheit verfallen, sondern liebevoll und demütig mit meiner Frau umgehen. So rede ich mit Gott und Gott redet mit mir, und das ist das Werk des Heiligen Geistes.

Hast du noch ein Beispiel?
Ich bin vor kurzem in der Nacht wach geworden und fühlte mich vom Heiligen Geist erinnert, für Indonesien zu beten – ein Land, wo ich in einem christlichen Projekt engagiert bin und das mir besonders am Herz liegt. Hinterher habe ich bei den Mitarbeitern vor Ort nachgefragt und gehört, dass es auch wirklich so war, dass es da in bestimmten Bereichen, für die ich gebetet hatte, Schwierigkeiten gab. So etwas scheint mir offensichtlich das Wirken des Heiligen Geistes zu sein, wenn man so ans Gebet erinnert wird. So etwas erlebe ich immer wieder und könnte es nicht selbst produzieren.

Kannst du noch ein bisschen näher erklären, wie du merkst, dass es Gott ist, der dich führt – mitten im Alltag?
Gott redet auf vielerlei Weise, und es ist gar nicht so leicht, das in Worte zu fassen. Ganz wichtig ist mir immer: Gott ist normal, nicht abgehoben! Er hat einen gesunden Verstand und wünscht sich auch von uns Menschen, dass wir unseren Verstand normal und in gesunder Weise nutzen. Mal ganz profan gesagt: Wenn ich Hunger habe, esse ich, und wenn ich dick werde, esse ich hoffentlich weniger – meine spezielle Herausforderung (lacht). Wenn ich allen möglichen Müll in mich hinein esse, brauche ich Gott keine Vorwürfe machen, wenn ich einen Herzinfarkt bekomme. Er hat ja längst zu mir geredet dadurch, dass mir die Folgen schlechter Ernährung bekannt sind.

Oder: Ich lebe in ehrlichen Beziehungen zu anderen Menschen, bin verheiratet, rede viel mit meiner Frau. In diesem Austausch und in Beratungen mit anderen – hoffentlich weisen – Menschen spricht Gott ebenfalls zu mir. Meist ganz unspektakulär, aber treffend, mitten ins Leben. Da hat vielleicht einer genau die Idee, von der ich spüre, die ist richtig. Ich bemühe mich deshalb, jeden Menschen für voll zu nehmen und zuzuhören, auch wenn er anderer Meinung ist. Ich habe selbst immer Dutzende von Ideen, aber die eine richtige davon zu entdecken, das ist wichtig. Die Ideen versuche ich dann abzuwägen, lasse einen ersten Impuls in meinem Denken sacken – manchmal kommt mir der Einfall dann wieder in den Sinn und es macht klick bei mir. Und dann frage ich Gott: „Herr, stimmt das? Stimmt das mit den Prinzipien des Neuen Testaments überein? Ehre ich dich dadurch?“

Ich suche also Stille von Gott, denke nach und bete, suche Rat und Austausch, überschlage die Kosten, will einfach offen für Gottes Reden in jeder Weise sein. Und besonders erlebe ich das – wie gesagt – beim Bibellesen, wie ich es gerade beschrieben habe. Gott spricht aber auch durch Situationen, in denen plötzlich Möglichkeiten da sind oder Dinge nicht mehr möglich sind, und ich entscheide dann auf Grund der Gegebenheiten – immer im Gespräch mit ihm. Manchmal dauert es sicher eine Weile, bis man Frieden über eine bestimmte Richtung oder Entscheidung hat, aber dann sollte man losgehen im Vertrauen auf Gott.

Und könnte sich trotzdem noch geirrt haben, oder?
Natürlich. Ich bin nicht perfekt darin, Gottes Führung herauszufinden. Aber nach und nach gewinnt man eine grössere Vertrautheit mit Gott, mit seiner Art uns zu leiten und seinen Prinzipien im täglichen Handeln. Ich versuche immer herauszufinden: „Wo ist der Weg, wo ist die Lücke, wo ist die Aufgabe, die biblischen Prinzipien ins heutige Leben zu bringen?“ Und wenn sich dann eine Tür öffnet, frage ich meistens: „Gott ist das dein Weg?“ Manchmal habe ich das leider auch nicht getan oder war zu schnell begeistert, wenn sich eine Möglichkeit ergab. Auch ich habe Fehlentscheidungen in meinem Leben getroffen – wenn die Vergebung Gottes nicht da wäre, wäre ich arm dran. Aber Fehler können wir nie völlig ausschliessen. Ich bin durch meinen Umgang mit Gott ein Mensch geworden, der Mut hat, wohlüberlegt etwas zu riskieren. Von Natur aus wäre ich vorsichtiger, eher etwas ängstlich.

Wir redest du im täglichen Leben mit Gott? Spielt sich da auch ein innerliches Gespräch mit dem Heiligen Geist ab?
Ja, das kenne ich natürlich und es ist Teil des Lebens mit Gott. Die Beziehung mit Gott und seine Führung ist aber nicht vollständig beschreibbar, vieles daran ist nur persönlich erfahrbar. Die Mystiker haben versucht, das in Bilder zu kleiden, aber wir Rationalisten heute scheitern oft mit unseren begrenzten, vermeintlich präzisen Ausdrucksmöglichkeiten. Glaube hat eben immer auch eine subjektive Erfahrungsebene. Deshalb kann ich auch niemandem sagen, du musst das so erleben wie ich. Gott geht mit uns ganz persönlich um. Wir können Gott auch nicht vorschreiben, wie er zu uns zu reden hat.

Beschreib uns noch ein bisschen genauer das Wirken des Heiligen Geistes im Leben eines Christen!
Gottes Geist, der Heilige Geist, inspiriert. Nicht nur die Bibel ist von ihm inspiriert, sondern Gott inspiriert uns auch heute. Er bewegt unseren Geist. Mit einem Mal denke ich zum Beispiel über etwas nach, was vielleicht mehr und mehr zum wichtigen Thema für mich wird. Ein Gedanke kristallisiert sich heraus und wird mir im Gebet sehr wichtig. Oft erlebe ich Impulse des Heiligen Geistes morgens, wenn ich aufwache, wo mein Geist noch ausgeruht und entspannt ist. Dieser Zustand, wo man manchmal vielleicht noch nicht so ganz genau weiss, ob es Traum ist oder Realität. Da kommen mir diese Bilder und Gedanken in den Sinn, die bewege ich dann länger im Gebet und prüfe, ob Gott mir etwas sagen möchte. Das Reden Gottes ist ein sehr umfangreiches Thema, was unser ganzes Leben durchdringt. Wie gesagt: Es ist gar nicht so leicht, das zu beschreiben.

Versuche es bitte trotzdem!
Es ist ähnlich wie bei einem Musiker. So wie er Musik hört, und viel mehr als nur die Noten oder einzelne Töne wahrnimmt, so ist es auch mit dem Heiligen Geist. Man merkt einfach, er ist da und ergreift unsere ganze Persönlichkeit. Er kann durch Gedanken, Gefühle oder sonstige Eingebungen reden. Wir können die Strukturen seines Musikstückes in unserem Leben wahrnehmen, aber sollten auch auf die sanften, leichten Schwingungen achten. Wir dürfen und sollen das alles im Vertrauen auf den liebevollen Schöpfer mit nüchternem Verstand reflektieren und überprüfen. Dann werden wir sein Lied im Alltag mehr und mehr zu seiner Ehre singen.

Immer wieder berichten Christen von Worten oder bildhaften Eindrücken, die sie als direktes Reden des Heiligen Geistes wahrnehmen.
Das kenne ich auch, wenn auch in dieser Form nicht so häufig. Ich habe aber schon manchmal in Zeiten der Stille vor Gott bildliche Vorstellungen von Dingen, die in der Zukunft sein werden. Beim Predigen habe ich sehr häufig konkrete Impulse des Heiligen Geistes erlebt. Ich hatte ein klares Predigtkonzept und plötzlich, mittendrin, kamen mir Gedanken, dass ich dies und das sagen sollte. Das habe ich dann oft getan und hinterher kamen manchmal Leute auf mich zu und fragten mich: „Wer hat dir das erzählt? Das ist ja genau unsere Situation hier!“ – Ich sagte: „Entschuldigt bitte, aber mir hat keiner von euch etwas gesagt.“

Intuition vom Heiligen Geist?
Ja, das würde ich rückblickend auf jeden Fall so sagen. Das ist nicht immer Wissen, sondern ein sich verdichtender Eindruck – schwer zu beschreiben, wie man das wahrnimmt.

Gott redet also heute noch direkt?
Das tut Gott sicher! Und wie gesagt, ich erlebe zum Beispiel auch so etwas, was andere Leute „Vision“ nennen würden. Aber ich gehe sehr zurückhaltend damit um. Nichtsdestotrotz: Gott kann direkt reden. Auch heute noch. Bei dem einen mag er das mehr tun, bei dem anderen weniger. Ich bin hier nicht der Massstab.

Mich betrübt aber auch der Missbrauch mit diesem Reden Gottes, wo die Gabe Gottes wichtiger genommen wird als Gott selbst oder wenn Menschen sich als Propheten feiern lassen. Mich betrübt, wenn mit echten oder vermeintlichen Visionen manipuliert wird im Namen Gottes: Motto: „Der Herr hat mir gezeigt dass ...“ – und aller Widerspruch oder alles Hinterfragen unterdrückt oder belächelt wird. Mich betrübt auch, dass manches so genannte Wort vom Herrn – obwohl häufig ein guter Gedanke dahinter stecken mag – einfach der Seele des Propheten entsprungen ist.

Und mich betrübt genauso, dass andere Christen steif und fest behaupten, dass Gott heute nicht mehr in direkter Weise reden würde. Ich finde es geradezu beschämend, dass charismatische Glaubensgeschwister manchmal in Bausch und Bogen verurteilt werden. Aber so sind wir Menschen – immer auf der Suche nach dem Splitter im Auge des anderen, während wir den Balken im eigenen Auge nicht wahrnehmen. Dabei sollten wir alles annehmen, was Gott uns schenken möchte, nur in Demut damit umgehen! Und ganz wichtig ist mir insgesamt der folgende Aspekt: Gott spricht zu jedem von uns – die Frage ist nur: Hören wir auf ihn und tun wir, was er sagt?

Mehr über den Heiligen Geist und die Kraft Gottes erfahren: Das Pfingst-Dossier von Jesus.ch

Datum: 09.05.2008
Autor: Rainer Schacke
Quelle: Neues Leben

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