Pfingsten nach 2000 Jahren – wozu?

Würden sich auf der Gotthard-Autobahn die Autos nicht stauen, hätte man einige Stunden mehr südliche Wärme geniessen können. Denn dafür gibt es Pfingsten – oder?
Pfingsten


Die südliche Wärme geniessen – oder hat Pfingsten noch einen anderen Sinn?

Pfingsten ist eines der langen Wochenenden im Frühjahr, schon wärmer als Ostern, aber oft verregnet. Und: Pfingsten ist eines der christlichen Hauptfeste. Auch wenn selbst viele Gläubige in Europa unsicher sind, welchen Sinn es hat. Eine emnid-Umfrage in Deutschland ergab, dass ein Viertel nichts dazu sagen kann. Fast ein Drittel verwechselt Pfingsten mit anderen Daten des Kirchenjahrs. Bloss 47 Prozent der Befragten wussten es: Zu Pfingsten, 50 Tage nach Ostern, wurde den Jüngern der Heilige Geist gesandt, damit sie das Evangelium verbreiten konnten (das griechische Wort pentekonta heisst 50).

Für wen ist der Heilige Geist?

Brauchen wir denn den Heiligen Geist? Oder ist er etwas für die ganz Frommen, die es besser machen wollen, die Christen vielleicht, welche in der Kirche Verantwortung tragen? Die Bibel stellt klar, dass die Anhänger von Jesus nicht weiter wussten, als er – 40 Tage nach der Auferstehung – in den Himmel aufgehoben worden war. Der Meister war weg. Sie sahen den Weg nicht. Sie wussten nicht, was sie anpacken sollten und wie. Aber: Jesus hatte ihnen klar gemacht, dass er sie nicht allein lassen würde.

Ein Tag, der Geschichte machte

Zehn Tage Warten – dann kam der Heilige Geist auf sie herab. Es war keine Inspiration, die sie sich selbst zuzogen, die sie durch Meditieren oder ähnliche Techniken erlangten. Sie hatten gebetet, das bestimmt. Aber der Heilige Geist kam unvermittelt vom Himmel herab und erfüllte sie (alle, nicht nur die Chefs). Sie sahen Feuerflämmchen auf den Köpfen – äussere Zeichen für das Geschenk Gottes, das sie innerlich verwandelte, ermutigte, zu einer neuartigen Gemeinschaft zusammenfügte und sie auf eine Bahn katapultierte, welche Geschichte machen sollte.

Weil die vom Geist erfüllten Jesus-Jünger von ihren Erlebnissen erzählten und Gott laut lobten, auch in Sprachen, die sie vorher nicht gekannt hatten, lief die Menge der Festpilger in Jerusalem bei ihrem Haus zusammen. Sie kamen aus allen Ländern am Mittelmeer, und jeder hörte seine eigene Sprache. Das Wunder schlug ein – alle lauschten sie Petrus, als er von der Auferstehung von Jesus sprach. Durch die Bekehrung von 3000 Menschen an diesem Tag (!) wurde aus der kleinen Gruppe in Jerusalem die erste christliche Gemeinde. Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche.

„Feuer und Flamme“ für Christus

Aber nicht nur das: Pfingsten ist bis heute auch das Fest des Weitersagens der Guten Nachricht, der Freude über Gottes Wundertaten. Von Pfingsten stammt die Redewendung „Feuer und Flamme sein“ für „begeistert sein“, wie der ZDF-Mann Peter Hahne in der ‚Bild am Sonntag’ bemerkt.

Wieviel ist von dieser Begeisterung heute spürbar? Was geben die Kirchen weiter? Am durchschnittlichen Wissensstand zu messen, nicht viel. Hahne zitiert den Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums, Hans Ottomeyer: „Mich fragen Studenten im fünften Semester: ‚Was ist denn das gewesen, ’ne Kirche? Was haben die Menschen da früher gemacht?“

Der einende „Pfingstgeist“

Unwissen ist eines, Verwirrung ein anderes. Beide nehmen zu, wenn die Kirchen in der Öffentlichkeit nicht deutlich machen, worum es geht. Zur Verwirrung um Pfingsten tragen auch Theologen und Medienleute bei, die das Fest umdeuten. Dabei wird in der Regel das Wunder, dass Menschen unterschiedlichster Sprache sich plötzlich verstehen, in den Vordergrund gestellt – und Pfingsten wird zum Fest der Integration, „der Pfingstgeist zum Symbol der Verständigung über Abgründe hinweg, der Freisetzung kreativer Energien“.

Im St. Galler Tagblatt wird auch ein Muslim zum Sinn des Festes zitiert. Hisham Maizar, Präsident des Dachverbandes Islamischer Gemeinden Ostschweiz, meint: «Der Pfingstgeist verändert und eint Menschen – er sollte im interreligiösen Gespräch auch die Grenzen zwischen Religionen überwinden helfen.»

Den Geist wirken lassen

Was der Muslim Maizar unter dem Pfingstgeist versteht, ist seine Sache. Die Verantwortlichen in den Kirchen sollten alles tun, um den ursprünglichen, christlichen Sinn von Pfingsten herauszustellen, wie er in der Apostelgeschichte dargelegt wird. Es geht nicht um ein spirituelles Kitten von religiösen Unterschieden.

Der Heilige Geist schafft Klarheit: Wie stehe ich als Mensch vor Gott da? Was hat Gott mit mir vor? Welchen Mächten in der Welt habe ich zu gehorchen? Was ist ein wirklich freies Leben? Mit wem kann ich Freundschaft wagen? Wie können wir offen und vertrauensvoll zusammen leben? Diese und viele weitere Fragen interessieren den Heiligen Geist. Er ist dazu da, sie zu klären – überall wo wir ihn wirken lassen. Denn er ist nicht bloss für Fromme da, sondern für alle.

Das Pfingst-Dossier von Jesus.ch

Datum: 27.05.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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