Pfingsten – Achtung Hochspannung!

Der Anzeiger bringt es in vier Zeilen auf der Titelseite. Und unmittelbar nach der Schlagzeile, dass die Löhne trotz Stagnation letztes Jahr gestiegen sind, meldet die Tagesschau: Heiliger Geist gestern gestorben!
Tauben
Ulrike Löffler
Taube

Jetzt mal Hand aufs Herz: Sollten Sie dies lesen, würde Ihnen was fehlen? Käme die Meldung im Fernsehen, wäre Ihr Tag heute anders verlaufen?

Oder wäre der Tod des Heiligen Geistes in etwa so, wie wenn eine entfernte Grosstante stirbt, die man kaum gekannt hat? Aha – man nimmt es zur Kenntnis, denkt vielleicht „tragischer Fall“. Aber, wenn man ehrlich ist, fehlen tut einem nichts. Schliesslich hat man kaum gewusst, dass die Dame überhaupt gelebt hat. Also geht einem der Tod auch nicht so ans Herz. Und es ändert sich vor allem nichts am eigenen Leben.

Würden wir es in der Kirche merken, wenn der Heilige Geist gestorben wäre? Na ja, er kann ja nicht sterben – aber würden wir es merken, wenn er plötzlich weg wäre? Würden wir den Unterschied merken, oder würde der Gottesdienst so laufen, wie er eben immer läuft? Es ist ja alles wunderbar routiniert. Wofür brauchen wir den Heiligen Geist? Der Gottesdienstablauf ist doch festgelegt. Nun, Christ sein ist aber mehr als Routine und besteht auch nicht darin irgendwelche Regeln einzuhalten.

Woran würde ich es merken, wenn der Heilige Geist plötzlich nicht mehr da wäre? Ich möchte einige Erfahrungen schildern:

Ich würde die Bibel nicht mehr verstehen

Es ist auch heute, nach Jahren des Lesens und Studierens, nicht so, dass ich die Bibel komplett verstehe. Aber ich habe inzwischen die grossen Linien verstanden. Es geht mir so, wie Mark Twain einmal sagte: „Ich habe mehr Mühe, mit den Bibelstellen, die ich verstehe, als mit denen, die ich nicht verstehe.“ Also, ich verstehe heute genug, dass ich Antworten auf die Fragen finde, die jetzt in meinem Leben dran sind.

Faszinierend finde ich an der Bibel, dass ich Texte zum hundertsten Mal lesen kann und plötzlich erst geht mir die Bedeutung auf. Oder es erschliessen sich mir Zusammenhänge neu – es ist so, als würde ich sie zum ersten Mal lesen.

Gottes Geist spricht durch die Bibel zu uns und auch nur Er kann sie auslegen. Das macht den Unterschied aus, wenn man erfahren hat, dass die Bibel nicht einfach ein literarisches Meisterwerk ist, sondern Gottes Liebesbrief an Sie und mich. Wer gemerkt hat, dass Gott durch die Bibel zu einem redet, einen aufbaut, korrigiert, ermutigt, der möchte diese Erfahrung nicht mehr missen.

Jesus wäre ohne den Heiligen Geist einfach nur eine historische Figur

Buddha, Mohammed, Plato, Mozart sind alles interessante Persönlichkeiten, aber eben nur historische Gestalten. Dass ich Jesus als lebendige Person erlebe, sagt die Bibel, ist ein Werk des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist lässt mich erkennen: Jesus lebt! Ich kann mit ihm eine Beziehung haben.

Ich würde mein Ziel verfehlen

Ohne Heiligen Geist würde ich das Lebensziel, das Gott mir steckt, verfehlen. Und ich würde es nicht einmal merken – oder erst dann, wenn es zu spät ist.

Meinem Christsein würde die Leidenschaft fehlen

Ohne Heiligen Geist wäre Christsein langweilig, freudlos, unerfüllt und eintönig. An Pfingsten fegte ein Sturm durch den Raum, Feuer fiel vom Himmel und als die Jünger zusammen beteten, fing die Erde an zu beben.

In der Pfingstgeschichte heisst es: Sie gingen begeistert hinaus und erzählten den Menschen von Jesus. Da war frischer Wind. Diese Leute hatten Feuer gefangen und auch wir dürfen uns nicht mit weniger zufrieden geben.

Meinem Christsein würde die Power fehlen

Die Bibel vergleicht den Heiligen Geist mit Sturm, mit Kraft, mit Platzregen, mit Elementargewalten. Zwar könnte man den Heilige Geist eine Naturgewalt nennen – wie
Feuer und Sturm – aber im Unterschied dazu drängt Er sich niemanden auf. Er kommt nur, wenn wir ihn bitten. Jesus sagt: „Mein Vater wird jedem den Heiligen Geist geben, der ihn darum bittet“ (Lukasevangelium 11,13).

Aber wenn wir um den Heiligen Geist beten, dürfen wir eins nicht vergessen: Es geht nicht darum, dass wir den Heiligen Geist haben, sondern dass Er uns hat. Der Heilige Geist, die dritte Person Gottes, ist nicht etwas, das man in die Tasche stecken kann, sondern Er will unser Leben gestalten und in uns die Früchte des Geistes (Liebe, Frieden, Freude, Geduld, Güte und einiges mehr) wachsen lassen.

Autorin: Ulrike Löffler ist Pfarrerin in Oberwangen bei Bern.

Datum: 30.05.2004
Quelle: Livenet.ch

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