Wie sehr sind wir in Gott erfüllt?

«Oft sehen wir Gottes Licht durch Tränen am hellsten»

Ist uns zutiefst bewusst, dass Gott alles ist, was wir brauchen? Sein Licht sehen wir oft durch Tränen am hellsten und erleben darin seine Herrlichkeit. Das hat Samuel Müller selbst erlebt. Im CDK-Magazin «amPuls» berichtet er eindrücklich davon.
Weinende Frau (Bigstock: 31163891)
Samuel Müller

«Wann hat dir jemand das letzte Mal gesagt: 'Jesus ist über alles hinweg befriedigend und erfüllend!', weil du einen teuren Luxuswagen fährst? Nie, oder? Eher sagen wir: 'Hat Jesus dich damit gesegnet?' – 'Ja! Wow, dann will ich Jesus auch!' Somit erheben wir das Geschenk über den Schenkenden. Das ist Götzendienst. Das ist nicht das Evangelium. Wann aber ist Jesus wirklich verherrlicht? Es ist beispielsweise dann, wenn dein Auto einen schrecklichen Aufprall hat und dein kleines Mädchen durch die Windschutzscheibe fliegt und halbtot auf der Strasse landet und du in diesem tiefstmöglichen Schmerz sagst: 'Gott ist genug. Er ist gut. Er wird für uns sorgen. Er ist unsere Erfüllung. Er wird uns durchtragen. Er ist unser Schatz.'

'Wen habe ich im Himmel ausser dir? Und auch auf der Erde habe ich nach nichts Verlangen, wenn ich nur dich bei mir weiss! Wenn auch meine Kräfte schwinden und mein Körper mehr und mehr verfällt, so gibt doch Gott meiner Seele Halt. (Mein kleines Mädchen mag gehen, aber…) Er ist alles, was ich brauche – und das für immer!' (Psalm 73, Verse 25-26).»

Wie wird Gott verherrlicht?

Mit diesen dramatischen Worten beschreibt der US-amerikanische Pastor John Piper, wie Gott eigentlich verherrlicht wird! Als Gott, nicht als Geber von Autos oder Sicherheit oder Gesundheit! Sein Leitsatz heisst: «Gott ist am meisten in dir verherrlicht, wenn du am meisten von ihm erfüllt bist!», auch inmitten von Not.

Als wir unser erstes Kind erwarteten, hat das kleine Herz in der zwölften Woche zu schlagen aufgehört. Ich war zur Untersuchung mitgegangen, denn meine Frau wollte unbedingt, dass ich das kleine Leben «höre», und dann traf uns der Bescheid völlig unerwartet. Mit grosser Trauer verliessen wir die Praxis. Wir haben geweint, geschwiegen und konnten nicht verstehen. Wir hatten uns so gefreut, und jetzt fühlten wir uns überfallen und ohnmächtig.

Doch dann haben wir Gott Lieder gesungen und haben uns seine Grösse vergegenwärtigt. Wir haben uns bewusst zugesprochen, dass Gott der ist, der gibt und nimmt und alles Leben souverän in seinen Händen hält.

Glaube im Prüfstand

Es sind die unbequemen Momente, die unseren Glauben an Gott auf den Prüfstand stellen. Das Aushalten, wenn das Leben unerwartete Wendungen nimmt. Das Dranbleiben, auch wenn Gott fern scheint. Das Festhalten an seinen Verheissungen, wenn die Finsternis der Nacht noch über den Tag herrscht. Hier mag der breite Weg verlockend sein, aber der schmale Weg führt zum Leben. Vielleicht ist er steinig, doch Gott hat seinen Engeln befohlen, dass wir unseren Fuss an keinen Stein stossen werden (Psalm 91, Vers 12).

Gottes Licht im Chaos

Aus dem Chaos ganz zu Beginn sprach Gott eine Wunderwelt hervor. Seine Herrlichkeit wurde sichtbar. Denn am Anfang stand das Licht! Und Gottes Licht ist ein zweites Mal gekommen, als sichtbares Bild des unsichtbaren Gottes. Jesus Christus ist das Licht der Welt, um unsere Finsternis zu erleuchten.

Auch wenn es uns schwerfällt, sehen wir Gottes Licht durch Tränen oft am hellsten. Vieles muss wegbrechen, damit Gott den Platz bekommt, der ihm zusteht. Seine Herrlichkeit kommt nicht ohne Preis.

Ruhe im Sturm

Als Familie hatten wir in den vergangenen drei Jahren mehrere schwere Zeiten und Krisenmomente zu durchschreiten. Die Diagnose eines Hirntumors, eine unerwartete Schwangerschaft während einer starken medikamentösen Behandlung, Psychose mit Klinikaufenthalt und einiges mehr. Jede Nachricht kam überraschend. Und im Moment waren wir hilflos, vielleicht sogar geschockt und meistens voller Sorgen.

Als ich kurz vor einem Predigteinsatz den Anruf meines Bruders bekam, wusste ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Er hatte die Woche zuvor über starke Kopfschmerzen geklagt und nun war er bereits auf dem Weg ins Unispital. Noch 30 Minuten, dann würde der Gottesdienst starten. Ich ging hinter die Bühne und tauschte mich mit einem Musiker kurz aus. Sofort betete er für unsere Situation. Gottes Friede, der uns auch inmitten grösster Stürme versprochen ist, erfüllte mich tief. Wie Jesus seinen Jüngern in den hohen Wellen auf dem Boot zurief, dass sie keine Angst haben müssten und sich nicht fürchten sollten, so verspürte ich diese Worte Gottes auch in meinem Herzen (Markus 6).

In derselben Nacht fuhr ich nach Hause. Am nächsten Morgen war fast die ganze Familie versammelt. Was wollte man sagen? Stattdessen begannen wir Lieder zu singen! Wir sangen mit voller Kraft und bestimmt auch mit grosser Verzweiflung. Wir besangen Gottes Treue und Güte. Dann beteten wir und sangen wieder. Wir standen vor einem Berg. Und in diesem Moment durften wir zu dem kommen, der die Berge schmelzen lässt wie Wachs (Psalm 97, Vers 5). In diesen Momenten darf man eintauchen in eine Herrlichkeit, die uns vielleicht noch nie zuvor bekannt war. Denn im Schmerz und in der Not kommen wir Gott ungekannt nahe.

«Weil Jesus Sieger ist»

In der Bibel lesen wir, dass der Vorhang im Tempel, welcher das Allerheiligste vom Rest trennte, zerrissen ist, als Jesus am Kreuz für uns starb. Deshalb dürfen wir nun Gottes Herrlichkeit erleben. Es braucht keine Opfer und keine guten Werke mehr. Gott selber hat seine Herrlichkeit für uns geöffnet. «Weil Jesus Sieger ist!» – Ich höre diese Worte noch immer, die meine betagte Grossmutter mit klarer Stimme gebetet hat, als wir einmal um meinen Bruder standen. Sie hat nur das gesagt. Danach schwieg sie wieder! Vielleicht wurde mein Bruder in diesem Moment geheilt. Ich weiss es nicht. Aber am Abend vor der Biopsie, dem letzten Check, konnten die Ärzte nichts mehr finden. Wir waren überwältigt. Einfach nur dankbar.

Gott hat sich verherrlicht. Es ist Gnade, wenn wir so etwas  erleben dürfen. Und ich bin überzeugt, dass uns Gott seine Gnade immer wieder neu schenkt.

Notsituationen sind wertvoll

Wie erfüllt sind wir in Gott? Sind wir zufrieden, weil wir ihn haben? Wissen wir zutiefst, dass er alles ist, was wir brauchen? Oft wird uns dies erst in einer Notsituation wirklich bewusst. Hier erleben wir seine Herrlichkeit. Darum sind solche Momente wertvoll und eröffnen uns eine Glaubensdimension, die wir ohne Schmerz nie kennengelernt hätten.

Ich möchte vom Leid verschont bleiben. Aber wenn es einmal dunkel wird, ist auf Jesus Verlass.

Zum Thema:
«Sterne leuchten nachts»: Auch in schlechten Zeiten an Gott festhalten
Johannes Hartl: Voll Glauben – trotz Zweifeln, Krisen und Kritik 
Bedenkenswert: Vom Sinn der Krise

Datum: 19.12.2016
Autor: Samuel Müller
Quelle: CDK-Magazin «Ampuls»

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service