Reformationstag Deutschland

Der Beginn von mehr Freiheit

Der 31. Oktober wird in Deutschland als Reformationstag gefeiert. Mit der Reformation endete auch die uneingeschränkte Macht der Autoritäten. Die Menschen entdeckten ihre Individualität und wurden mündiger gegenüber Staat und Kirche.
Lutherdenkmal in Worms

Was mit Luthers Kritik am damaligen Reliquien- und Ablasshandel der Kirche begann führte zur Gründung der evangelischen Kirche, der heute rund 600 Millionen Protestanten weltweit angehören. Luthers Wort von der «Freiheit des Christenmenschen» wurde auch als Aufruf zur Schaffung einer Gesellschaft freier und gleichgestellter Menschen verstanden.

Demokratie in Europa

Der elsässische Autor und Theologe Martin Graff sieht in Martin Luther den Wegbereiter des demokratischen Europas. Mit seiner Forderung, jeder Mensch dürfe und müsse das Wort Gottes lesen, habe der Reformator das Interpretationsmonopol gebrochen. Diese Forderung habe die Kraft eines Stimmzettels gehabt, auch wenn der Stimmzettel erst später aufgetaucht sei.

Beim demokratischen Urknall denke jeder zunächst an die Französische Revolution oder an den Schweizer Rütlischwur. Aber die Reformation vor fast 500 Jahren sei die Revolution vor der Revolution gewesen. Sie sei der Durchbruch gewesen, der die demokratischen Bewegungen erst ermöglicht habe, ohne dass das Wort Demokratie eine Rolle gespielt habe.

Mit seiner Übersetzung der Bibel legte Luther zudem den Grundstein für die Entstehung einer einheitlichen deutschen Sprache. Martin Luther galt in protestantisch geprägten Teilen des Landes als Volksheld.

Leben und Wirken

Geistige Heimat des jungen Luther war Erfurt, wo er 1505 die Magisterwürde an der Philosophischen Fakultät erlangte und anschliessend als Mönch ins Augustinerkloster eintrat. Die um 1300 erbaute Klosteranlage beherbergt heute die informative Dauerausstellung «Bibel – Kloster – Luther», in deren Rahmen auch Luthers damalige Zelle besichtigt werden kann. Die klostereigene historische Bibliothek der Reformation verfügt über mehr als 60‘000 Bücher. Das Augustinerkloster zu Erfurt ist ein einmaliges Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst und weltweit bekannt als bedeutende Lutherstätte.

Im Erfurter Dom wurde Luther 1507 zum Priester geweiht. Auch als er Erfurt 1511 verlassen hatte, kam er immer wieder in die Stadt und predigte hier vor einer begeisterten Menge, beispielsweise in der Michaeliskirche. Das Lutherdenkmal, eine überlebensgrosse, mit Informationen versehene Statue, befindet sich bereits seit 1889 neben der Kaufmannskirche im Zentrum Erfurts. Alljährlich am 10. November feiert Erfurt Luthers Geburtstag.

Luther als Wegweiser

Im Jahr 1518 kam Luther nach Heidelberg, wo er auf einer vom Papst veranlassten Disputation seine im Vorjahr veröffentlichten 95 Thesen sowie seine reformierte christliche Theologie vorstellte. Unter den Zuhörern befanden sich viele angehende Theologen, die später zu Reformatoren im südwestdeutschen Raum wurden.

Der Heidelberger Katechismus, geschrieben vom Heidelberger Universitätsprofessor Zacharias Ursinus, ist die am weitesten verbreitete Bekenntnisschrift der reformierten Kirche. Bis zur endgültigen Veröffentlichung des Heidelberger Katechismus war es jedoch ein weiter Weg von der Einführung der Reformation in der Kurpfalz unter Friedrich II, hin zur baldigen Unterdrückung dieser Initiative durch den Kaiser und schliesslich dem Augsburger Religionsfrieden, welcher Friedrichs Nachfolger Ottheinrich 1556 erneut die Chance bot, die Reformation im Heidelberger Raum einzuführen.

Verhör in Augsburg

Die Schlüsselereignisse der Reformation spielten sich in Augsburg ab: 1518 wurde Luther in den noch heute zu besichtigenden Fuggerhäusern im Auftrag des Papstes verhört und aufgefordert, seine Thesen zu widerrufen. Er weigerte sich und musste fliehen.

Seine Lehre verbreitete sich unaufhaltsam, und bereits 1524 wurde in der Augsburger Barfüsserkirche die erste evangelische Predigt gehalten. 1530 wurde im Fronhof das «Augsburger Bekenntnis» verlesen, Gründungsurkunde der Lutherischen Kirche und Basis des Glaubensbekenntnisses der Protestanten. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 schliesslich vereinbarte die Gleichstellung der Konfessionen und legte damit den Grundstein für die heutige Religionsfreiheit.

Sehenswert

Wer auf den Spuren des Reformators Martin Luther durch Deutschland tourt, sollte auch einen Abstecher nach Mainz unternehmen: Ohne den Buchdruck, den Johannes Gutenberg bereits Mitte des 15. Jahrhunderts in Mainz erfunden hatte, hätten die Schriften der Reformation kaum eine solch schnelle Verbreitung erfahren. Im Mainzer Gutenberg-Museum kann daher auch die Lutherbibel besichtigt werden.

Buch zum Thema:
Martin Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen

Webseiten:
Reformation auf Wikipedia
Ausgangslage vor der Reformation
Schweizer Geschichte: Reformation und Gegenreformation

Datum: 31.10.2011

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service