Homo erectus aus Afrika

SchädelWie wir schon im Abschnitt über die Australopithecinen erwähnten, hatte Louis Leakey berichtet, dass er in Schicht II der Olduvai- Schlucht Fossilien von Australopithecus, Homo Habilis und einigen anderen, später Homo erectus zugeschriebenen Wesen entdeckt habe.70, 79, 80 Zu den H. erectus- Fossilien gehörte ein grösserer Teil einer Schädeldecke 70 (OH 9) und ein Teil eines Femurs (der Schaft) und ein Hüftknochen119 (OH 28). 1975 entdeckte Richard Leakeys Team einen relativ vollständigen Hirnschädel und Teile der Maxillae (Oberkieferbeine)und des Gesichtsskeletts einer Kreatur, die H. erectus zugeordnet wurde.120, 121 Diese Fossilfunde, als KNM-ER 3733 bezeichnet, wurden in der oberen Schicht der Koobi Fora Formation gefunden und wird von Leakey auf mindestens 1,5 Millionen Jahre geschätzt und soll den H. erectus- Fund aus China sehr gleichen. 121

Anfangend mit einer ersten Entdeckung im Jahre 1973 entdeckte Leakeys Team viele Fragmente von, dem Schädel und dem hinteren Schädelskelett einer Kreatur, genannt KNM-ER 1808, in der oberen Schicht der Koobi Fora Formation 65, 122, 123 Dieses Wesen sollte ca. 1,6 Millionen Jahre alt sein ± 0,1 Millionen Jahre, und es stellte für einige Zeit das vollständigste, bekannte fossile Homo erectus- Skelett dar. Dieser Fossilfund wies pathologische Veränderungen auf, die mit einer chronischen, exzessiven Einnahme von Vitamin A (Hypervitaminosis A) übereinstimmen.

Kamoya Kimeu machte im August 1984 am Westufer des Lake Turkana eine sehr aufregende Entdeckung. Er arbeitete zusammen mit einem Team unter Leitung von Richard Leakey und Alan Walker, als er zunächst ein kleines Stück Schädel fand, das etwas ausserhalb des Lagers aus dem Boden ragte. Nach einem Monat Graben und Sieben trat ein fast vollständiges Skelett eines männlichen Individuums zutage, das ungefähr im Alter von 12 Jahren gestorben sein muss. Das Skelett ist abgesehen vom linken Arm, dem rechten Unterarm und den meisten Fussknochen komplett (bisher wurden also weder Hand- noch Fussknochen entdeckt).

Leider haben wir zum jetzigen Zeitpunkt nur einige Informationen aus kurzen Artikeln in bekannten wissenschaftlichen Zeitschriften 124-127 und einen Zeitungsartikel von Boyce Rensberger.128 Den Berichten zufolge haben Leakey und Walker die fossilen Funde Homo erectus zugeordnet und auf ein Alter von ca. 1,5 Millionen Jahre geschätzt.

Obwohl Walker und Leakey das Fossil als Homo erectus gestempelt haben, gibt es doch einige Hinweise darauf, dass dieses Individuum vielleicht eher ein Neanderthaler war oder zumindest eng mit dem Neanderthaler verwandt war. Das hintere Schädelskelett sieht in der Tat so menschlich aus, dass Walker gesagt haben soll, er habe seine Zweifel, ob ein durchschnittlicher Pathologe einen Unterschied zwischen diesem Fossilschädel und dem eines modernen Menschen feststellen könnte.t28 Überdies war dieses Individuum mit seinen ca. 12 Jahren bereits 1,7 m gross und die Evolutionisten schätzen, dass es ausgewachsen mindestens über 1,8 m gross geworden wäre. „Lucy" wird auf eine Grösse von weniger als 1,2 m geschätzt, während Homo Habilis zwischen 1,2 m und 1,5 m geschätzt wird. Das Hirnvolumen des neuen Fundes wurde bisher noch nicht genau bestimmt, aber Walker schätzte es auf 700-800 cm3.

Abgesehen von der wagen Schätzung des Hirnvolumens (das nach einer richtigen Vermessung angehoben werden könnte), scheinen alle wichtigen Aspekte des fossilen Skelettes innerhalb der variablen Grenzen der Gattung Homo sapiens zu liegen. Es mag darauf hinauslaufen, dass der Hauptgrund für die Zuordnung dieses Fossiles zur Gattung Homo erectus das auf 1,5 Millionen Jahre geschätzte Alter gewesen ist. Es wäre in der Tat ein harter Schlag für die Evolutionstheorie, wenn Anthropologen gezwungen wären, zuzugeben, dass ein hominides Fossil von schätzungsweise 1,5 Millionen Jahren eigentlich der Gattung Homo sapiens angehörte. Das würde den Menschen älter machen oder so alt werden lassen, wie seine sogenannten affenähnlichen Vorfahren.

Aber die Lektion von Richard Leakey und seinem Schädel 1470 in Erinnerung, sollte. unsere Beurteilung der Entdeckung von Walker und Leakey von einer gesunden Mischung aus Optimismus und Skepsis geprägt sein. Wir erwarten begierig die formelle Veröffentlichung der Analysen dieses aufregenden Fundes in einer wissenschaftlichen Zeitschrift und hoffen, dass zu gegebener Zeit auch die fehlenden Teile des Skelettes entdeckt werden, so dass die Analysen vervollständigt werden können.

Die von Thome und Macumber129 beschriebene Entdeckung ist ganz anderer Natur als die gerade beschriebene von Walker und Leakey. Walker und Leakey behaupten, ein Fossil eines jungen Homo erectus gefunden zu haben, das ein Mindestalter von 1,5 Millionen Jahren hat. Wie wir jedoch erfuhren, ist dieses Fossil von seinem hinteren Schädelskelett her im Wesentlichen identisch mit dem eines Menschen und sein Schädel ist so menschenähnlich, dass dieses Fossil sehr einem Neanderthaler gleicht. Thorne und Macumber berichten von der Entdeckung der Überreste von über dreissig Individuen aus der Kow Swamp Region im nördlichen Victoria, Australien, die in ihrer Schädelmorphologie einige Eigenschaften des Homo erectus aufweisen. Diese Funde sind jedoch nur ca. 10 000 Jahre alt! Der moderne Typ des Homo sapiens ist den Berichten zufolge in Australien vor mindestens 25 000 Jahre zuerst aufgetreten, also 15 000 Jahre früher. Der Neanderthaler oder Homo sapiens trat in Europa vermutlich vor mindestens 100 000 Jahren auf, also ungefähr 90 000 Jahre vor der Existenz dieser Kow Swamp Individuen.

Thome und Macumber berichten, dass die Schädel eine Reihe archaischer Merkmale aufzeigen, die für den frühen Sapiens (mit dem „frühen Sapiens" meinen sie vermutlich den Neanderthaler) typisch sind einschliesslich des Hirnvolumens, der Stärke der Schädelknochen, die Gesichtsform, die Unterkiefer und bis zu einem geringeren Grad die Hinterhauptregion.

Sie berichten jedoch, dass vor allem die Stirnknochen archaisch wirken und fast unverändert die javanische pithecanthropine Form beibehalten haben. Da in. diesem Artikel das hintere Schädelskelett nicht erwähnt wird, ist anzunehmen, dass es insgesamt modern aussah.

Denken wir an die gebotene Vorsicht aufgrund der bisher noch beschränkt vorhandenen Informationen über die fossilen Skelette von Walker und Leakey. Es scheint jedoch, dass die von Walker und Leakey in Kenia entdeckten Fossilien sich als ähnlich, wenn nicht sogar identisch, mit den Kow Swamp Individuen herausstellen, von denen viele aus intakten Gräbern geborgen worden waren. Sollte sich dies wirklich bestätigen, hätten wir von diesen Individuen Fossilien von angeblich 1,5 Millionen Jahren, einige von nur 10 000 Jahren oder weniger, die sich damit mindestens 90000 Jahre mit Homo sapiens überlappen. Daher besteht milde gesagt eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass diese Individuen nichts anderes als Rassenvarianten des Homo Sapiens waren.

Wie wir schon in einem früheren Abschnitt über Australopithecus berichteten, erstellte Louis Leakey eine gemeinsame Zeitspanne für Homo erectus, Australopithecus und einer Kreatur, die er als Homo Habilis bezeichnete, von denen alle Überreste in Schicht II der Olduvai- Schlucht gefunden worden waren. Richard Leakey entdeckte Überreste von Australopithecus, Homo habilis und Homo erectus in den geologischen Formationen in der Nähe des Lake Turkana, die alle ca. 1,5 Millionen Jahre alt sein sollen und somit Zeitgenossen gewesen sein müssen. Ausserdem fand Louis Leakey, wie ebenfalls zuvor beschrieben, die Überreste einer runden Steinbehausung, eine heute noch von Menschen in Afrika errichteten Konstruktion, in der unteren Schicht I und somit älter als Schicht II. Wir wiederholen noch einmal die Fragen, die wir schon früher gestellt haben: Wenn die Australopithecus genannten Fossilien und Homo erectus zusammenlebten, wie kann dann einer der Vorfahre des anderen gewesen sein? Und wenn Produkte des modernen Menschen in geologischen Formationen gefunden werden, die älter sind als die, in denen diese Fossilien gefunden wurden, wie können die beiden dann Vorfahren des Menschen gewesen sein?

Jetzt können wir noch weitere Fragen stellen: Wenn die Kreatur, deren fossile Überreste Walker und Leakey in Kenia gefunden haben, gleich denen ist, die in Kow Swamp begraben und entdeckt worden sind, und die mindestens 90 000 Jahre nach dem ersten Erscheinen von Homo sapiens auftreten, wie können diese Kreaturen Vorfahren in der Entwicklung des Menschen gewesen sein?

Da die Beweise bisher in den meisten Fällen sehr bruchstückhaft sind und veröffentlichte Berichte in einigen Fällen stark von vorgefassten Vorstellungen beeinflusst sind, sind wir der Ansicht, dass einige der Gattung Homo erectus zugeordneten Funde, wie z.B. der Java- Mensch und der Peking- Mensch, eindeutig zur Familie der Affen gehören und keinerlei Verbindung zum Menschen haben. In anderen Fällen (einige von ihnen haben wir hier nicht beschrieben) wurden Funde Homo erectus zugeordnet, die unter anderen Umständen dem Neanderthaler zugeordnet worden wären, wenn die entscheidenden Kapazitäten nicht der Meinung gewesen wären, dass das Fossil zu alt war, um ein Neanderthaler zu sein. In diesen Fällen, wie z.B. bei den jüngeren Funden von Walker und Leakey in der Nähe des Lake Turkana, ist es sehr gut möglich, dass diese Kreaturen völlig menschlich waren, also Homo sapiens.

Der Neandertaler

Neanderthaler SkulpturDer Neandertaler wurde zuerst vor einem Jahrhundert in einer Höhle im Neandertal bei Düsseldorf, Deutschland gefunden. Er wurde ursprünglich als Homo neanderthalensis klassifiziert und als ein halbaufrechtes, grobes, vormenschliches Wesen dargestellt. Diese falsche Darstellung des Neandertalers beruhte höchstwahrscheinlich auf der Neigung evolutionistisch gesinnter Paläoanthropologen und der Tatsache, dass das dieser Beurteilung zugrundeliegende Individuum von Arthritis verkrüppelt war. Überdies ist bekannt, dass diese Menschen schwer an Rachitis litten, die durch einen Mangel an Vitamin D hervorgerufen wird. Daraus resultierte eine Knochenerweichung und eine daraus folgende Missbildung. Heute ist bekannt, dass der Neandertaler ein vollkommen aufrecht gehendes Individuum war, das in vielen Details nicht vom heutigen Menschen zu unterscheiden war.130, 131

Seine Hirnkapazität überstieg sogar die des heutigen Menschen. Es wird sogar gesagt, dass er, nach einer Rasur, einem Bad und in einem Anzug eine unserer Strassen hinuntergehend, nicht mehr Aufmerksamkeit erregen würde, als jeder andere normale Mensch auch. Heute wird er als Homo sapiens klassifiziert, also als vollkommen menschlich. Es wird angenommen, dass die Neandertaler von ca. 100 000 Jahren plötzlich in Europa auftauchten. Keiner hat auch nur die geringste Ahnung, wo sie herkamen. Und genau so plötzlich verschwanden sie vor ca. 35 000 Jahren auch wieder und wurden - so wird behauptet - sofort durch den CroMagnon- Menschen ersetzt, der im wesentlichen nicht vom heutigen Europäer zu unterscheiden ist. Und auch hier kann keiner etwas über ihre Herkunft sagen.

Andere fossile Überreste, die zweifellos Varietäten oder Rassen von Homo sapiens sind, umfassen die Fossilien von Swanscombe, Steinheim und Fontechevade:131,132 Der Swanscombe- Mensch wurde auf fast 250 000 Jahre geschätzt.17 Die in diesem Kapitel angeführten Daten sind die von Evolutionsgeologen als die am genauesten bewerteten Daten. Heute wird angenommen, dass das Pleistozän (in das die meisten, für Hominiden gehaltenen Fossilien eingeordnet wurden) vor ca. 1.800.000 Jahren begann. Früher hatte man angenommen, dass die Länge des Pleistozäns nur einen Bruchteil davon betrug (Sir Arthur Keith schätzte diese Periode auf ungefähr 200 000 Jahre), aber die Verlängerung des Pleistozäns stellte den Evolutionstheoretikern die Zeit zur Verfügung, die ihrer Meinung nach für die Entwicklungsgeschichte des Menschen aus seinem affenähnlichen Vorfahren zu veranschlagen ist.

Wird ein Fossil gefunden, dass aus dem frühen Pleistozän stammen soll, wird es auf ein ungefähres Alter von 1,8 Millionen Jahren und weniger geschätzt. Ihm würde natürlich ein wesentlich jüngeres Alter zugesprochen, hätte man es in Formationen gefunden, die dem späten Pleistozän zugerechnet werden. Aufgrund der vermuteten Zeiträume der verschiedenen Eiszeiten und zwischeneiszeitlichen Perioden, die während des Pleistozäns stattgefunden haben sollen, geht man innerhalb des Pleistozäns von verschiedenen Zeitspannen aus. Die dazu verwandten Methoden sowie einige der sich aus diesem System ergebenden Probleme wurden von Pilbeam 133 beschrieben und sind auch in vielen Standardwerken der Anthropologie zu lesen.

Literaturhinweise

17. R. B. Eckhardt, Sci. Amer., 226(1):94 (1972).
65. R. E. F. Leakey, Nature 248:653 (1974).
70. L. S. B. Leakey, Nature 189:649 (1961).
79. M. D. Leakey, Olduvai Gorge, Vol. 3, Cambridge University Press, Cambridge, 1971, S. 272.
80. A. J. Kelso, Physical Anthropology, Ist ed., J.B. Lippincott Co., New York, 1970, S. 221.
119. M. H. Day, Nature 232:383 (1971).
120. R. E. F. Leakey and A. Walker, Nature 261:572 (1976).
121: Leakey and Walker, Ref. 120, S. 574.
122. M. D. Leakey and R. E. F. Leakey, Koobi Fora Research Project, Vol. 1, Clarendon, Oxford, 1978.
123. A. Walker, M. R. Zimmeruran, and R. E. E Leakey, Nature 296:248 (1982).
124. C. Joyce, New Scientist 104:8 (1984).
125. S. Gilben, Science Digest 93:28 (1985).
126. B. Bower, Science News 126:260 (1984).
127. R. Lewin, Science 226:529 (1984).
128. B. Rensberger, The Washington Post, Oct, 19,1984, S. Al .
129. A. G. Thorne and P. G. Macumber, Nature 238:316 (1972).
130. F. Ivanhoe, Nature 227:577 (1970).
131. E. Trinkaus and W. W. Howells, Sei. Amer 241(6):118 (1979).
132. M. H. Day, Cuide to Fossil Man, 3rd ed., The U. of Chicago Press, Chicago, 1977.
133. Pilbeam, Ref. 24, S. 115-125.

 

Weiter: Evolutionstheoretiker vermuten die Entwicklung von Affen und Menschenaffen aus dem Menschen

 

Datum: 02.11.2007
Autor: Duane T. Gish
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit

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