Der Zahn eines Schweines, der Kiefer eines Affen, die Rippe eines Delphins und der Schädel eines Esels

affenähnlicher Mensch oder menschenähnlicher Affe: NebraskamenschEs muss daran erinnert werden, dass ungefähr zur selben Zeit versucht wurde, zwei weitere berühmte „Fossilmenschen" entstehen zu lassen, wobei sich herausstellte, dass der eine aufgrund eines Schweinezahns entstand und der andere aufgrund des Kiefers eines heutigen Affen. 1922 wurde im Westen Nebraskas ein Zahn entdeckt, der, laut Henry Fairfield Osborn, einem der berühmtesten Paläontologen dieser Zeit, und einigen anderen Kapazitäten, Eigenschaften eines Schimpansen, dem Pithecanthropus, und des Menschen zusammen in sich vereinte.

Osbom und seine Kollegen konnten sich jedoch nicht recht entscheiden, ob sie das ursprüngliche Individuum nun als einen affenähnlichen Menschen oder einen menschenähnlichen Affen bezeichnen sollten. Er bekam den Namen Hesperopithecus haroldcookii und wurde als Nebraska-Mensch berühmt. Die Illustration des möglichen Aussehens dieses Wesens und seiner Zeitgenossen wurde in der Illustrated London News109 veröffentlicht. In dieser Illustration erscheint Hesperopithecus als bemerkenswert ähnlich dem heutigen Menschen, wenn auch etwas gröber in seiner Erscheinung. Nach weiteren Funden und Untersuchungen erklärte man 1927, dass Hesperopithecus weder ein menschenähnlicher Affe noch ein affenähnlicher Mensch, sondern eine ausgestorbene Pekariart, also ein Schwein gewesen sei! 110 Ich glaube, dies ist so ein Fall, wo ein Wissenschaftler aus einem Schwein einen Menschen machte und das Schwein einen Affen aus dem Wissenschaftler machte!

1912 verkündeten Arthur Smith Woodward, Direktor des National History Museum of London, und Charles Dawson, Dokter der Medizin und Amateurpaläontologe, die Entdeckung eines Unterkiefers und eines Schädelteiles. Dawson entdeckte diese Funde in einer Kiesgrube in der Nähe von Piltdown in England. Der Kieferknochen schien affenartig zu sein ausgenommen die Zähne, die eine eher für Menschen typische Abnutzung aufwiesen als für Affen. Der Schädel machte andererseits einen sehr menschlichen Eindruck.

Diese zwei Arten wurden miteinander kombiniert und als Ednthropus dawsoni bezeichnet, als „Morgenröte-Mensch". Bekannt wurde er unter der Bezeichnung Piltdown-Mensch. Sein Alter wurde auf ca. 500 000 Jahre geschätzt. Obwohl einige wenige Experten, wie z.B. Boule und Henry Fairfield Osbom, sich gegen eine Verbindung dieses affenähnlichen Kiefers mit einem menschenähnlichen Schädel aussprachen, erkannten die weltweit grössten Kapazitäten den Piltdown-Menschen übereinstimmend als authentisches Zwischenglied in der Entwicklungsreihe des Menschen an.

Ungefähr um 1950 stand eine Methode zur relativen Altersbestimmung fossiler Knochen zur Verfügung. Diese Methode hängt von der Menge des von den Knochen vom Boden absorbierten Fluorides ab. Als die Piltdown-Knochen diesem Test unterzogen wurden, entdeckte man, dass der Kieferknochen praktisch kein Fluorid enthielt und somit überhaupt kein Fossil war. Er konnte nicht sehr viel älter sein als das eine Jahr, in dem man ihn entdeckt hatte. Der Schädel enthielt jedoch eine bedeutende Menge Fluorid, wurde den-noch eher nur auf einige tausend Jahre geschätzt als auf 500 000 Jahre.

Mit dieser verfügbaren Information wurden die Knochen einer gründlichen und kritischen Untersuchung unterzogen. Man entdeckte dabei, dass die Knochen mit Eisensalzen behandelt worden waren, um sie alt erscheinen zu lassen. Auf den Zähnen entdeckte man Kratzspuren, die auf ein Zurechtfeilen hinwiesen. Der Piltdown-Mensch war ein einziger Betrug! Der Kiefer eines heutigen Affen und der Schädel eines Menschen wurden so um operiert, dass sie letztlich einem Affenmenschen glichen und mit dieser Fälschung hatte man erfolgreich die grössten Kapazitäten der Welt auf diesem Gebiet an der Nase herumgeführt.

In seinem Artikel 111 über die Piltdown-Fälschung deckt Stephen Jay Gould offen die Neigung der Experten auf, genau das zu finden, wonach sie suchen, auch wenn es eigentlich nicht existiert, und nicht das zu finden, was existiert, wenn sie eigentlich nicht danach suchen. Gould erklärt:

„Piltdown-Champions ... modellierten die, Fakten` ... eine weitere Illustration, dass uns Informationen immer über die stark durchsickernde Kultur, über Hoffnung und Erwartung erreichen. In der ,reinen' Beschreibung der Piltdown Überreste ist ein ständiges Thema zu finden, über das wir von seinen wichtigsten Unterstützern erfahren, nämlich dass der Schädel, obgleich bemerkenswert den rezenten Menschenschädeln ähnlich, doch eine Reihe von absolut affenähnlichen Charakteristika enthält! ... Grafton Elliot Smith ... schloss daher: Wir müssen diesen Fund als das primitivste und affenartigste menschliche Gehirn betrachten, das bisher entdeckt wurde; ein Schädel dazu, wie durchaus hätte erwartet werden können, der in ein und demselben Individuum mit einem Unterkiefer verbunden ist, der eindeutig den zoologische Rang seines ursprünglichen Besitzers aufzeigt`.... Sir Arthur Keith schrieb in seinem letzten grösseren Werk (1948): "Die Stirn war die eines Orang-Utans ohne supraorbitalem Torus (Überaugenwulst); die Form seines Stirnknochens weist in vielen Punkten Ähnlichkeiten mit dem eines Orang-Utans auf Borneo und Sumatra auf.'

... Die sorgfältige Untersuchung des Kiefers brachte für solch einen affenartigen Kiefer auch einige bemerkenswert menschliche Eigenschaften zutage (über die gefälschte Zahnabnutzung hinaus). Sir Arthur Keith betonte wiederholt, dass die Bezahnung eher menschentypisch als affentypisch war."

In einem Kommentar zu dieser Neigung, sich in seiner wissenschaftlichen Meinung durch vorgefasste Vorstellungen leiten zu lassen, bemerkt die Anthropologin Jaquetta Hawkes:

„Akzeptiert man diese Tatsache als unvermeidlich und nicht unbedingt schädlich, so ist es doch ein Schock, fest-zustellen, wie häufig vorgefasste Vorstellungen die Forschungen über den menschlichen Ursprung beeinflusst haben. Es gibt natürlich nichts Besseres als eine Fälschung, um diese Schwachheit unter den Kapazitäten blosszustellen. Schaut man beispielsweise zurück auf die mutigen Behauptungen und subtilen anatomischen Unterscheidungen, die einige unserer bekanntesten Kapazitäten in Bezug auf den modernen Menschenschädel und Affenkiefer veröffentlicht haben, die zusammen den ,Piltdown-Menschen` darstellten, so ruft das entweder Freude oder Schmerz hervor, je nach den Gefühlen, die man für die entsprechenden Wissenschaftler hegt." 112

Haben sich die Dinge heute sehr verändert? Zwei jüngst bekannt gewordene Beispiele scheinen anzudeuten, dass sich die Neigungen der Kapazitäten nicht sehr geändert haben. In einem Artikel im Science News war Tim Whites Anschuldigung zu lesen, dass Noel Boaz eine Delphinrippe fälschlich als die Clavicula (Schlüsselbein) eines Hominoiden ausgegeben hatte.113 White macht einen Scherz und erklärt, man sollte dieses Wesen vielleicht Flipperpithecus nennen! Boaz hatte erklärt, dass der Fund der Calvicula eines Zwergschimpansen gleiche und hatte vermutet, dass die Krümmung des Knochens sogar auf einen gewohnheitsmässigen, aufrechten Gang hinweise. White behauptet, dass Boaz die Fakten falsch ausgewertet habe. Alan Walker wird in diesem Artikel eben-falls zitiert, da er festgestellt hatte, dass es eine lange Tradition an falschen Auslegungen verschiedener Knochen als hominoide Claviculae gäbe; in der Vergangenheit, so führt Walker an, hätten geschickte Anthropologen den Femurknochen eines Alligators und den Zeh eines drei zehigen Pferdes irrtümlich als Schlüsselbeine bezeichnet!

In einer UPI-Presseverlautbarung, die am 14. Mai 1984114 veröffentlicht wurde, war zu lesen, dass ein Schädelfragment, das von Experten ein Jahr zuvor als das älteste menschliche, jemals in Europa gefundene Fossil bezeichnet worden war, sich wohl doch als ein Eselsknochen herausgestellt hatte! Das Fossil war in Andalusien, Spanien, entdeckt worden und man hatte sofort ein dreitägiges Symposium einberufen, so dass die Teilnehmer den Fund untersuchen und erörtern konnten. Er erhielt den Namen „Orte-Mensch" nach der, in der Nähe seines Fundortes gelegenen südspanischen Stadt. Als französische Experten bekannt gaben, dass der „Orce-Mensch" höchstwahrscheinlich das Schädelfragment eines vier Monate alten Esels war, verschickten verlegene, spanische Kapazitäten 500 Briefe, in denen die Einladungen zu diesem Symposium wieder abgesagt wurden.

1912 war es ein Affenkiefer, 1922 ein Schweinezahn, in den 80-er Jahren eine Delphinrippe und ein Eselsschädel - das Drehbuch ist immer gleich, nur die Schauspieler und Eigentümer änderten sich. Vielleicht hatte Lord Zuckerman recht, als er erklärte, dass es sehr zweifelhaft sei, ob in der Suche nach fossilen Vorfahren des Menschen wirklich Wissenschaft mit im Spiel sei. " 115

Nach diesen Lektionen sollten wir jetzt auf unsere Betrachtung des Peking-Menschen zurückkommen. Wir wer-den zuerst die Beurteilung der fossilen Überreste durch einen Evolutionisten untersuchen, danach die eines Kreationisten. Um die evolutionistische Sichtweise zu verdeutlichen, wer-den wir uns der Veröffentlichung Fossil Men, eine englische Übersetzung von Les Hommes Fossiles von Marcellin Boule und H. M. Vallois, bedienen, die wir auch zuvor schon einmal angesprochen hatten.'04 Boule und Vallois widmen einen umfangreichen Teil (S. I30-146 der englischen Übersetzung) Sinanthropus, oder dem Peking-Menschen.

Sinathropus SchädelDer erste mit Sinanthropus in Verbindung gebrachte Fund wurde 1921 entdeckt, als man zwei Backenzähne aus einem Einschluss von Knochenresten in der Nähe der Stadt Choukoutien bergen konnte. Ein dritter Backenzahn wurde 1927 gefunden und an Dr. Davidson Black weitergeleitet. Wie später zu erfahren war, wurde die Figur Sinanthropus pekinensis auf diesem Zahn aufgebaut. 1928 entdeckte der für die Ausgrabungen verantwortliche chinesische Paläontologe Dr. W. C. Pei einige Schädelfragmente, zwei Teile eines Unterkiefers und zahlreiche Zähne, die Black in einer Veröffentlichung direkt beschrieb. 1929 grub Pei eine sehr gut erhaltene Schädeldecke aus, die der des Pithecanthropus ähnelte. Seit dieser Zeit wurde die Fundstelle unter Aufsicht des Geological Survey of China systematisch untersucht. Schliesslich wurde die zu Beginn des Abschnittes beschriebene Fossilsammlung zusammengetragen. Es wird behauptet, dass einmal eine grosse Höhle an der Steilwand der Kalksteinklippen existiert haben müsse, da die „Höhlenfüllung" auf einer Strecke von 90 Metern zu finden ist und eine Mächtigkeit von ca. 50 m besitzt. Es heisst, das Dach der Höhle sei eingestürzt und habe die alte Höhlenfüllung unter sich begraben. Die Fragmente des Sinanthropus sind auf vielen verschiedenen Niveaus der Füllung zu finden. Die fossile Fauna (es wurden Knochen von fast 100 verschiedenen Tieren gefunden) in dieser Ablagerung verändert sich von oben nach unten nicht.

Die Sinanthropus-Überreste, die auf den verschiedenen Niveaus gefunden wurden, besassen immer die gleichen Eigenschaften. Falls diese Fossilien wirklich - wie behauptet - in einer echten Höhlenfüllung gefunden worden sind, so hiesse dies, dass sich Sinanthropus und die Tiere der Region während der Ablagerungszeit dieser 50 m-Füllung nicht verändert hätten.

Alle Schädel sind beschädigt und es fehlen ihnen die Unterkiefer. Nach der Entdeckung der zuvor beschriebenen Schädel wurde von drei weiteren Schädeln berichtet, die 1936 unter der Verantwortlichkeit von Dr. Franz Weidenreich, einem amerikanischen Paläontologen deutscher Herkunft, entdeckt wurden.

Schädel III, eigentlich der zuerst gefundene, ist: von Boule und Vallois (Boule hatte Peking und Choukoutien besucht und die Originale untersucht) recht detailliert beschrieben worden. Black schrieb diesen Schädel einem Jugendlichen zu, Weidenreich einem acht oder neun Jahre alten Individuum. Von oben und von der Seite betrachtet, stellen Boule und Vallois eine verblüffende Ähnlichkeit mit Pithecanthropus fest und erklären, dass Schädel II von seinem Gesamtumriss her eine noch grössere Ähnlichkeit mit Pithecanthropus auf-weist. Sie schliessen daraus: „In seiner Gesamtheit ist der Sinanthropus-Schädel noch immer sehr affenähnlich" (S. 136). Etwas später berichten sie, dass die drei Schädel von Fundort L (1936 entdeckt) die gleichen Eigenschaften auf-weisen wie die eben erwähnten Schädel, jedoch in ausgeprägterer Form.

Das Hirnvolumen der Schädel wurde, wenn auch zugegebenermassen nur annähernd, für die frühen Funde auf ca. 900 cm3 und für die beiden 1936 entdeckten Funde auf bis zu 1200 cm3 geschätzt. Boule und Vallois weisen darauf hin, dass diese Werte zwischen denen der Menschenaffen und des Menschen liegen.

Die Merkmale der von Boule und Vallois beschriebenen Unterkiefer sind alle affenähnlich, abgesehen vom eher menschenartigen, parabolischen Zahnbogen. Auch die von diesen Kapazitäten beschriebenen Merkmale der Zähne sind alle affenähnlich, ausgenommen das Fehlen eines Diastemas (Zahnlücke) zwischen Eck- und Schneidezähnen, wie es bei einigen Affenarten üblich ist, (jedoch nicht bei allen). Hinzu kommt, dass - obwohl die oberen Eckzähne „ausserordentlich gross" waren und, wie für Affen typisch, beträchtlich über die Bissfläche der anderen Zähne hinausragten und sie sogar als „kleine Hauer" beschrieben wurden - die unteren Eckzähne eher grossen Schneidezähnen glichen. Somit waren die strukturellen Merkmale des Kiefers und der Zähne, abgesehen von einigen Ausnahmen, äffisch, aber die Existenz dieser wenigen Ausnahmen veranlassten Boule und Vallois zu der Behauptung, dass Unterkiefer und Zähne des Sinanthropus auf einen grossen Primaten hinweisen, der näher mit dem Menschen verwandt ist als jeder andere bekannte Menschenaffe.

Nachdem eine Reihe von Messungen des Sinanthropus mit denen des Pithecanthropus verglichen worden waren, erklären Boule und Vallois die Unterschiede für geringer als die innerhalb einer einzigen Art (namentlich des Neandertalers). Daher bestehen sie letztlich darauf, dass diese beiden Kreaturen innerhalb einer einzigen Gattung zusammengefasst werden sollten, wobei sie jedoch bereit sind, die Artunterschiede gelten zu lassen. Da die Priorität dem Namen Pithecanthropus zukam, wollten sie dem Choukoutien-Wesen den Namen Pithecanthropus pekinensis verleihen. Da wir schon früher festgestellt haben, dass diese Kapazitäten Pithecanthropus allein aufgrund des Schädels und der Zähne als Individuen, wenn nicht identisch, so doch nahe verwandt mit den Anthropoiden bezeichnet hatten, ist doch fraglich, ob Boule und Vallois mit der engen Verbindung von Sinanthropus und Pithecanthropus ersteren abwerten wollten zu einer Kreatur, wenn nicht identisch, so doch nahe verwandt mit den Anthropoiden, oder ob sie Pithecanthropus aufwerten wollten. Heute haben die meisten Evolutionstheoretiker Pithecanthropus aufgewertet und beide in einer einzigen Art zusammengefasst als Homo erectus.

In ihrer Erörterung der Verbindung von Sinanthropus mit Pithecanthropus (S. 141) werfen Boule und Vallois Black Mangel an Objektivität und verdrehte Tatsachen vor. Im Einzelnen sagen sie:

„Black, der sich dazu berechtigt sah, den Begriff Sinanthropus als Bezeichnung für einen Zahn zu prägen, war natürlich darauf bedacht, seine Schöpfung zu legitimieren, als er die Schädelkappe beschreiben sollte. Er erkannte zwar die grosse Ähnlichkeit mit dem Java-Gegenstück an, betonte jedoch besonders die Unterschiede und belegte sie durch Zahlen. Wenn wir nun seine Messreihen betrachten, wird offenbar, dass die Unterschiede zwischen Pithecanthropus auf der einen und den verschiedenen Fragmenten von Sinanthropus auf der anderen Seite, ohne überhaupt Gattungswert zu haben, geringer sind als Variationen, die innerhalb einer natürlichen spezifischen Gruppe des Homo neanderthalensis zu beobachten sind."

Mit anderen Worten sah Black sich gezwungen, nachdem er aufgrund eines einzigen Zahnes seinen Kopf riskiert hatte (siehe „Nebraska-Mensch") und um diesen Zahn herum die Kategorie Sinanthropus errichtet hatte, die Tatsachen seinem Schema anzupassen. Wie weit können wir daher irgendeiner Beschreibung oder irgendeinem Modell von Sinanthropus aus Dr. Blacks Feder vertrauen?

Am Ende des Kapitels, das Boule und Vallois der Diskussion des Sinanthropus gewidmet hatten, erscheint ein Abschnitt mit der Überschrift „A New Discussion of the Facts" (Eine neue Erörterung der Fakten). Er basiert hauptsächlich auf einem von Weidenreich erstellten Modell des Sinanthropus, das dieser wiederum vermutlich auf der Basis der 1936 entdeckten Funde konzipiert hatte. Dieses Modell steht in so krassem Widerspruch zu den früheren Beschreibungen des Sinanthropus und einem von Boule einmal entworfenen Modell des Pithecanthropus, dass die Vermutung naheliegt, dass Vallois diesen Abschnitt nach Boules Tod verfasste (die 1952-Ausgabe über Objektivität und vorgefasste Meinungen, die Black motivierten). Dieser Bericht von Boule und Vallois in diesem Abschnitt unterscheidet sich wieder-um so deutlich von früheren Beschreibungen des Sinanthropus, die Boule einmal veröffentlicht hatte, dass auch hier die Vermutung naheliegt, dass Vallois diesen Abschnitt nach Boules Tod geschrieben hat (die 1952-Ausgabe von Les Hommes Fossiles wurde nach Boules Tod 1942 herausgegeben und war eine, von Vallois revidierte Ausgabe des zuvor nur von Boule verfassten Buches). Es besteht tatsächlich kein Zweifel daran, dass dieser Abschnitt von Vallois stammt, da er sich auf ein Schädelmodell des Sinanthropus von Weiden-reich bezieht und es beschreibt. Weidenreich veröffentlichte seine Beschreibungen116 des Sinanthropus-Schädels erst 1943, also einem Jahr nach Boules Tod.

Davidson Black starb 1934. Seine Stelle nahm Franz Weidenreich ein. Dr. Pei war weiterhin für die Ausgrabungen verantwortlich und war dazu verpflichtet, Weidenreich sämtliche Funde zur Beurteilung zu unterbreiten. Den Berichten zufolge fand er 1936 Fragmente von drei Schädeln. Auf diesen drei Schädeln (Boule und Vallois bezeichnen sie als die des Fundortes L) basiert vermutlich Weidenreichs Modell.

In dem Abschnitt „A New Discussion of the Facts" wer-den keine weiteren neuen Daten angegeben, sondern der Leser wird aufgefordert, drei Fotografien mit verschiedenen Ansichten dreier Schädel oder Schädelmodelle von Weiden-reich zu untersuchen: den Schädel eines Gorillaweibchens,

 

Weidenreichs Modell seines weiblichen Sinanthropus und den Schädel eines Nordchinesen. Der Leser wird dann ermutigt, selbst festzustellen, dass Sinanthropus eine Position zwischen dem anthropoiden Affen und dem Menschen ein-nimmt. Akzeptiert man Weidenreichs Sinanthropus-Modell als ein wahres Portrait des richtigen Sinanthropus, dann kann man die oben zitierte Ermutigung kaum ablehnen. Einige liessen sich aufgrund dieses Modells sogar zu der Behauptung verleiten, Sinanthropus sollte nicht als Fast-Mensch betrachtet werden, sondern als richtiger Mensch.

Es sollte betont werden, dass auf diesen Fotografien die Schädel des Gorillas und des Menschen verglichen werden mit einem, von Weidenreich entworfenen Modell des Sinanthropus-Schädels. Wenn ein vollständiges Schädelskelett zur Verfügung steht, ist der Fund absolut vertrauenswürdig, besonders wenn dieser während der Ausgrabung nicht beschädigt und akkurat rekonstruiert wurde. Die Überreste eines Schädels sind jedoch fast immer bruchstückhaft. In diesen Fällen versucht der, Paläontologe den Schädel aufgrund der Fragmente zu rekonstruieren, indem er mit Füllmaterial fehlende Teile auffüllt oder neu modelliert. Die Rekonstruktion ist mehr oder weniger verlässlich, je nach-dem wie bruchstückhaft das Fossil und wie gross die Objektivität des Paläontologen war. Modelle sind Abgüsse der Rekonstruktionen oder werden nach den Angaben des Forschers, wie der Schädel seiner Meinung nach aussehen sollte, neu modelliert.

Heute existieren keine Schädel oder Fragmente von Sinanthropus mehr (ausgenommen zwei Zähne und einige Fragmente, die in den letzten beiden Jahrzehnten gefunden wurden), und auch keine Rekonstruktionen mehr mit tat-sächlichem fossilen Material. Uns stehen nur noch die von Weidenreich entworfenen Modelle zur Verfügung. Wie verlässlich sind diese Modelle? Sind sie exakte Abgüsse der Originale oder spiegeln sie Weidenreichs Vorstellung wieder, wie diese Schädel ausgesehen haben könnten? Warum weicht dieses Modell so weit von früheren Beschreibungen ab? Ich betrachte diese Modelle von Weidenreich als absolut unzulässige Beweise in Bezug auf taxonomische Ähnlichkeiten des Sinanthropus. Würde dieser Fall jemals vor einem Gericht behandelt, gäbe es nicht den geringsten Zweifel dar-an, dass solch ein Gerücht als unzulässiger Beweis betrachtet würde.

Und schliesslich erörtern Boule und Vallois ein äusserst seltsames Merkmal der Sinanthropus-Überreste. In ihren eigenen Worten (S. 145):

"Welche Erklärung haben wir für das fast völlige Fehlen langer Knochen und für die Art der Auswahl zum Schädel gehörender Knochenteile, unter denen die Unterkiefer überwiegen? Weidenreich nahm an, dass diese ausgewählten Teile nicht auf natürlichem Weg in die Höhle gelangten, sondern dass Jäger, die besonders junge Individuen jagten, vorzugsweise Köpfe und Schädelteile von ihnen als Beute und Trophäen mit in die Höhle brachten. An sich ist diese Erklärung durchaus plausibel. Aber das Problem dabei ist, wer waren die Jäger? (Hervorhebung vom Autor hinzugefügt.)"

Alle Autoritäten auf diesem Gebiet stimmen darin .überein, dass jedes Sinanthropus-Individuum von Jägern getötet und gegessen worden ist. Alle Schädel waren in der Nähe der Schädelbasis eingeschlagen worden, so dass die Gehirne ohne weiteres entnommen und gegessen worden sein konnten. Ausser diesen Schädelfragmenten hat man praktisch nichts von diesen Kreaturen gefunden und das trotz der Tatsache, dass Fragmente von ungefähr vierzig anderen Individuen gefunden worden waren. Die Frage bleibt also unbeantwortet: Wer waren die Jäger?

Weidenreich vermutet - wie auch fast alle anderen Evolutionisten - dass Sinanthropus selbst der Jäger gewesen sein muss! Er war sowohl Jäger als auch Gejagter! Diese Hypothese ist dringend notwendig, um den Status des Sinanthropus als evolutionistischer Vorfahre des Menschen zu erhalten.

Boule und Vallois sprechen bezüglich der Glaubwürdigkeit dieser Theorie doch sehr ernst Zweifel aus. Sie sagen (S. 145):

„Hinsichtlich dieser Hypothese bevorzugen andere Autoren die folgende Variante, die ihnen eher mit unserem der-zeitigen Wissensstand in Übereinstimmung zu sein scheint: Der Jäger war ein richtiger Mensch, dessen Steinwerkzeuge gefunden wurden und dessen Beute Sinanthropus war."

Etwas später erklären sie:

"Wir sollten uns daher fragen, ob es nicht verwegen ist, Sinanthropus als Monarchen von Choukoutien zu betrachten, wenn er in den Ablagerungen lediglich in Gestalt einer Jagdbeute erscheint und auf gleicher Stufe mit den ihn begleitenden Tieren."

Es gibt also einen guten Beweis, „der eher in Übereinstimmung mit unserem derzeitigen Wissensstand zu sein scheint", dafür, dass die Sinanthropus-Wesen von richtigen Menschen gejagt wurden. Sollte dem wirklich so sein, dann kann Sinanthropus niemals der entwicklungsgeschichtliche Vorfahre des Menschen gewesen sein, sondern er muss ein grosses affen- oder menschenaffenähnliches Wesen gewesen sein.

Betrachten wir nun die Beurteilung des Sinanthropus durch einen Kreationisten, nämlich durch den römisch-katholischen Priester Pfarrer Patrick O'Connell. Die Beurteilung eines Priesters mit Beurteilungen solch ausgezeichneter Evolutionspaläontologen zu messen, scheint dem Streit Davids und Goliaths gleichzukommen. Aber vielleicht hat auch im vorliegenden Fall David eine Schwachstelle bei Goliath gefunden.

O'Connell war während der gesamten Ausgrabungszeit in Choukoutien in China, auch während der japanischen Besetzung und noch einige Jahre danach. Obwohl er niemals vor Ort war, hatte O'Connell den Vorteil, die in China auf chinesisch und in anderen Sprächen veröffentlichten Berichte einsehen zu können. Er kam zu der Überzeugung, dass der Öffentlichkeit Fakten vorenthalten worden waren und dass in Choukoutien kein „Missing Link" gefunden worden war. Er veröffentlichte seine Schlussfolgerungen in seinem Buch Science of Today and the Problems of Genesis (Die heutige Wissenschaft und die Probleme mit dem 1. Buch Mose). 117

O'Connell war der Ansicht, dass das Verschwinden der Sinanthropus-Fossilien eher Absicht als Unfall war. Die Japaner griffen bei den Arbeiten in Choukoutien nicht ein und Weidenreich und Pei führten ihre Ausgrabungen fort, bis Weidenreich 1940 China verliess. O'Connell glaubt, dass Pei diese Fossilien zerstört haben könnte, bevor die chinesische Regierung nach Peking zurückkehrte, um zu vertuschen, dass die Modelle nicht den Fossilien entsprachen.

In einem 1954 in der Pekinger Zeitschrift China Reconstructs erschienenen Artikel erklärte Dr. Pei, dass die Funde von Choukoutien nun ausgestellt würden. Diese Ausstellung umfasste Abgüsse oder Modelle einiger Sinanthropus-Schädel (von Black und Weidenreich), fossile Überreste verschiedener Tiere und eine Auswahl an Steinwerkzeugen. Es war also das ganze, mit Sinanthropus in Verbindung gebrachte Material zu sehen, nur die fossilen Überreste von Sinanthropus fehlten.

Die fast allgemein anerkannte Version des Untergangs von Choukoutien ist die folgende: Die Fossilien von Sinanthropus wurden in einer Höhlenfüllung einer riesigen Höhle gefunden, deren Dach eingebrochen war. Die menschlichen Fossilien, die am gleichen Ort auf einem höheren Niveau gefunden worden waren, stammten angeblich aus einer oberen Höhle. Es scheint jedoch wenig Belege dafür zu geben, dass jemals eine dieser Höhlen existiert hat. Wie schon zuvor bemerkt, musste die untere Höhle als riesig dargestellt wer-den, da die „Höhlenfüllung" auf einer Länge von mindestens 90 Metern zu finden war. Die „obere Höhle". müsste mindestens ebenso gross oder grösser gewesen sein, da die Trümmer auf einer noch grösseren Fläche verteilt waren. Weidenreich hat niemals behauptet, dass auf dem oberen Niveau eine Höhle existiert haben soll, sondern nannte es immer „die sogenannte obere Höhle".

Nach O'Connells Rekonstruktion der Geschehnisse von Choukoutien, wurde dort in früher Zeit grossflächig Kalk-stein abgebaut. Dass dort Kalkbrennöfen errichtet und betrieben wurden, ist aus der Tatsache ersichtlich, dass in den Trümmern in beiden Schichten Tausende von Quarzsteinen gefunden wurden, die von weither dorthin gebracht worden sein müssen (in Choukoutien ist kein Quarz zu finden). Die Steine zeigten auf einer Seite eine Russschicht. Auf beiden Ebenen waren enorme Aschehaufen zu finden.

Der Steinbruch wurde auf zwei Ebenen auf einer Breite von 180 Metern und einer Tiefe von 45 Metern in den Berg hinein betrieben. Der Kalksteinhügel wurde unterhöhlt und brach ein und begrub alles auf beiden Ebenen unter Tausenden von Tonnen Steinen. Und eben in diesem Haufen verschütteter Asche und Trümmer sind die Schädel des Sinanthropus gefunden worden.

Die von weither gebrachten und zu einem Gebäude auf-geschichteten Steine neben einem Kalkstein-Steinbruch und abnorme' Aschehaufen weisen laut O'Connell nur auf eine einzige Tatsache hin: Es wurde Kalkbrennerei betrieben. Ausserdem musste eine Kalkproduktion in dieser Grössenordnung automatisch einen Hausbau von beträchtlichem Ausmass nach sich ziehen.

Ob O'Connell nun recht hat mit einer Kalkbrennerei in Choukoutien oder nicht, es gibt bisher keine andere Erklärung für die ausgedehnte Steinbearbeitung, die dort zu finden ist. H. Breuil, eine Kapazität auf dem Gebiet der Altsteinzeit, wurde nach Choukoutien eingeladen. In seinem im März 1932 erschienenen Artikel in der Zeitschrift L'Anthropologie lesen wir, dass auf dem unteren Niveau in einem Abschnitt von 132 m2 und 12 m Tiefe 2 000 grob geformte Steine auf dem Grund eines Asche- und Trümmerhaufens gefunden wurden, in dem auch Sinanthropus-Schädel und Knochen von ca. 100 verschiedenen Tieren enthalten waren.

Laut Breuil waren die gefundenen Werkzeuge keinesfalls primitiv. Die Grabstichel, Schaber und anderen Werkzeuge, die teilweise gut gearbeitet waren, besassen viele Eigenschaften, die in Frankreich erst in der jüngeren Altsteinzeit gefunden worden sind.118 Dieser Beweis kann daher schwerlich als Argument für das hohe Alter des Sinanthropus angeführt werden.

O'Connell erklärt, dass der Tatsache, dass fossile Überreste von zehn menschlichen Wesen des modernen Typs auf dem oberen Niveau der gleichen Fundstelle der Sinanthropus-Schädel gefunden worden waren, viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Einige Bücher erwähnen diese Tatsache erst gar nicht, so z.B. Romer in seinem Buch Man and the Vertebrates (Mensch und Wirbeltiere). Andere erwähnen es lediglich am Rande unter dem Abschnitt Sinanthropus. O'Connells Ansicht zufolge starben diese Individuen durch einen Erdrutsch, da die Kalksteinfelsen während des Abbaus unterhöhlt worden waren und eben dieser Erdrutsch verschüttete auch die Schädel des Sinanthropus. Die Knochen, die auf dem oberen Niveau gefunden worden sind, stellen die übliche Auswahl dar, die man von solchen Überresten erwartet.

Eine Untersuchung eines Lageplans des Fundortes der Sinanthropus-Schädel (s. 132 aus Fossil Men [Fossile Menschen]) scheint O'Connells Vermutungen zu unterstützen. Die Anordnung der Überreste, besonders derer, die im "vertikalen Ausläufer der Haupthöhle" gefunden wurden, scheint nicht dem zu entsprechen, was man für eine Höhlenfüllung erwarten würde.

O'Connell erklärt, dass sich einige frühe Beschreibungen des Sinanthropus von gewissen Forschern doch sehr deutlich von späteren Beschreibungen und Modellen von Black und Weidenreich unterschieden. Er zitiert Teilhard de Chardin (L'Anthropologie, 1931): „Sinanthropus gleicht eindeutig sehr den Menschenaffen."

Es scheint ein gewisser Fortschritt in den beiden Beschreibungen des Sinanthropus von Black und der dritten, auf den 1936 gefundenen Schädeln basierenden Beschreibung von Weidenreich zu liegen, wobei Sinanthropus mehr und mehr menschenartig wird. Vielleicht ist dies ja die einzige Evolution, die in dieser Angelegenheit stattgefunden hat!

O'Connell schliesst daraus, dass die Sinanthropus-Funde eigentlich entweder Schädel von grossen Makaken (grosse Affen) oder aber von grossen Pavianen waren, die von den Arbeitern in diesem alten Steinbruch geschlachtet und gegessen worden waren. Es scheint bedeutende Belege dafür zu geben, dass unter dem Gestein und den Trümmern in Choukoutien eine Kalkbrennerei verschüttet worden ist. Ob diese Kreaturen, deren Schädel entdeckt worden sind, nun Makaken waren oder Paviane (oder Gibbons, wie Dubois es für Pithecanthropus behauptet), sie waren auf jeden- Fall affenähnlich. Schliesslich gelangten auch Boule und andere zu der Ansicht, dass Sinanthropus von einem richtigen Menschen geschlachtet und gegessen worden ist.

O'Connell nennt die Darstellung des Sinanthropus als einen Fast-Menschen reinen Betrug. Wir sind der Ansicht, dass letztlich die Kombination von Vorurteilen, vorgefassten Meinungen und ein Ehrgeiz nach Ruhm für die Erhebung einer affenähnlichen Kreatur auf den Status eines affenähnlichen Menschen verantwortlich ist. Genau diese Kombination, die den Peking-Menschen entstehen liess, liess den Nebraska-Menschen aus einem Schweinezahn entstehen, den Piltdown-Menschen aus einem heutigen Affenkiefer und Leakeys Ostafrika-Menschen aus einem Australopithecinen.

Literarturhinweise

109. lllustrated London News, June 24, 1922.
110. W. K. Gregory, Science 66:579 (1927).
111. S. J. Gould, Nat. Hist. 88(3):96 (1979).
112. J. Hawkes, Nature 204:952 (1964).
113. W. Herbert, ScienceNews 123:246 (1983).
114. Moline (Illinois) Daily Dispatch, May 14, 1984.
115. Zuckerman, Ref. 30, S. 64.
116. F. Weidenreich, Paleont. Sinica, New Ser. D. 10:1 (1943).
117. P. O3Connell, Science of Today and the Problems of - Genesis, Book 1, Christian Book Club of America, Hawthome, CA 1969.
118. Boule, Ref. 104, footnote an S. 145.

 

Weiter: Homo erectus aus Afrika

Datum: 02.11.2007
Autor: Duane T. Gish
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit

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