Kritiken an der Auslegung der Hadar Fossilien von Johanson und White

Lucy Reconstruktion - So könnte sie ausgesehen haben.Kapitel 14 des Buches Lucy, The Beginnings of Humankind (Lucy, die Anfänge der Menschheit) von Johanson und Edey trägt die Überschrift „Die Analyse ist abgeschlossen". Dieser Titel zeigt Johansons Zuversicht, dass seine Interpretation der Hadar Fossilien als Wesen, die vom Hals an aufwärts affenartig waren, jedoch völlig aufrecht nach Menschenart gingen, absolut richtig war und auch auf lange Zeit bestehen würde. Diese Zuversicht war jedoch etwas verfrüht, um es milde zu sagen. Erstens steht sie in direktem Widerspruch zu den Erkenntnissen Lord Zuckermans und Charles Oxnards in bezug auf den Status der Australopithecinen. Lord Zuckerman und Oxnard untersuchten Fossilien von Australopithecinen, die vermutlich 2 Millionen Jahre oder jünger waren als „Lucy" und die anderen Hadar - Fossilien von Johanson. Wenn überhaupt, so sollten die von Lord Zucker-man und Oxnard untersuchten Fossilien doch „fortgeschrittener" sein, menschenähnlicher als die von Johanson gefundenen Exemplare. Wenn Johansons Hadar-Wesen aufrecht gingen, dann müssen die von Lord Zuckerman und Oxnard studierten Lebewesen erst recht aufrecht gegangen sein. Wie wir schon zuvor erklärten, schlossen Lord Zuckerman und Oxnard, dass die von ihnen untersuchten Australopithecinen nicht auf Menschenart aufrecht gegangen waren.

Überdies wird zwar nicht geleugnet, dass die Hadar-Wesen eine gewisse Art der zweibeinigen Fortbewegung hatten, eine Reihe von Forschem stellte jedoch Johansons, Whites und Lovejoys Behauptung in Frage, dass diese Hadar-Wesen absolute Zweibeiner nach Menschenart waren. Bei unserem Versuch, diese Analysen der verschiedenen Forscher zu untersuchen und zu bewerten, stellten wir fest, dass „das da draussen ein Dschungel ist".

Zunächst einmal haben fast alle Forscher ihre Meinungen irgendwann einmal geändert und bis heute ist keine Übereinstimmung in Sicht. Richard Leakey war in dieser Hinsicht der offenste. In einem im März 1982 im New Scientist veröffentlichten Artikel wurde er wie folgt zitiert: „Ich kann kaum glauben, dass ich vor nur einem Jahr diese Aussagen gemacht habe."49 Obwohl wenig Zweifel daran besteht, dass die Australopithecinen Leakeys Meinung nach aufrecht gingen, wird er in diesem Artikel folgendermassen zitiert: „Die Paläontologen wissen nicht, ob Australopithecus aufrecht ging. "Niemand hat bisher einen mit dem Skelett verbundenen Schädel gefunden."` Erinnern wir uns, dass diese Aussage gemacht wurde nach allen, neueren, wichtigen Entdeckungen einschliesslich der von den Gruppen unter Leitung von Johanson, Mary Leakey und Richard Leakey. In seinem 1981 herausgegebenen Buch J he Making of Mankind"50 (Die Entstehung der Menschheit) stellte Leakey fest (S. 71), dass „wir nun sagen können, dass die Australopithecinen wirklich aufrecht gingen."

Wie schon zuvor in diesem Kapitel berichtet, glaubte Johanson zunächst, dass einige seiner Hadar-Exemplare Ähnlichkeiten mit Australopithecus robustus und Australopithecus africanus hatten und einige sicherlich der Gattung Homo angehörten. Später änderte er seine Meinung und ordnete sie nicht nur einer einzigen, neuen Art zu, dem Australopithecus afarensis, sondern erklärte zudem, dass seine Afarensis-Geschöpfe die primitivsten aller Australopithecinen gewesen waren und eigentlich die primitivsten aller bekannten Hominiden. Wenn diese Wesen wirklich so primitiv waren, wie kommt es, dass Johanson in seinen frühen Diskussionen mit White nach vielen Monaten des Studiums dieser Fossilien immer noch behauptete, dass einige von ihnen der Gattung Homo zugeordnet werden müssten, der fortschrittlichsten aller hominiden Gattungen?

Jack T. Stern und Randal] Susrnan, Anatome der State University of New York in Stony Brook, veröffentlichten eine detailierte Studie der hinteren Schädelskelette von Johansons Hadar-Wesen 51 In diesem Artikel vermuteten Stern und Susman, dass die grösseren Exemplare die Männchen und die kleineren die weiblichen Exemplare einer einzigen Art waren. In einem anderen, am 2. Juli 1983 veröffentlichten Artikel, der näher auf den Streit unter den Evolutionstheoretikern bezüglich des Status von „Lucy" und den anderen Radar-Wesen eingeht, und der ein Jahr nach Sterns und Susmans im American Journal of Physical Anthropology veröffentlichten Artikel, wird von Stern berichtet, dass er sei-' ne Meinung geändert hatte und nun behauptete, dass die Radar-Fossilien zwei Arten darstellten.52 In derselben Ausgabe des Science News wird berichtet, dass Yves Coppens, Direktor des Musee de l'Homme in Paris und einer der Co-Autoren von Johansons Artikel, in dem er die Hadar-Fossilien einer einzigen Art zuordnet, jetzt der Meinung ist, dass es sich, aufgrund der unter diesen Exemplaren gefundenen Backenzähne um zwei Arten gehandelt haben muss. Ebenfalls in diesem Artikel wird berichtet, dass Phillip Tobias von der University of Witwatersrand in Johannesburg, Südafrika, aufgrund vergleichender Studien der Hadar-Fossilien mit nahezu 100 neuen Exemplaren, die in den letzten Jahren in Sterkfontein, Südafrika, gefunden wurden - dem Ort, am dem Raymond Dart 1924 zuerst den Australopithecus africanus fand - erklärt, dass die Artbezeichnung afarensis fallen-gelassen werden sollte und Johansons Hadar-Exemplare in die Art A. africanus eingeordnet werden sollten. Dasselbe empfiehlt auch der Anthropologe der New York University Noel T. Boaz.

Wie bereits erwähnt, veröffentlichten Stern ,und Susrnan eine detailierte Untersuchung der hinteren Schädelskelette der Hadar-Fossilien.51-54 Obwohl diese Forscher aufgrund ihrer Studien davon ausgehen, dass die Hadar-Wesen geschickte Baumkletterer waren und daher entweder teilweise oder vollständige Baumbewohner waren, glauben sie doch, dass diese Wesen auch eine gewisse Art der zweibeinigen Fortbewegung besassen. Sie erklären also:

„Wir müssen betonen, dass wir in keiner Weise die Behauptung anzweifeln, dass die erdgebundene Zweibeinigkeit eine wesentlich bedeutungsvollere Komponente im Verhalten der A. afarensis war als in jedem anderen lebenden, nichtmenschlichen Primaten (S. 284)."

Stern und Susman zeigen viele affenähnliche Eigenschaften bei den Hadar-Fossilien auf. Bezüglich ihrer Hände, die lang und gebogen waren, schreiben sie:

„Eine Zusammenfassung der morphologischen und funktionellen Ähnlichkeiten der Hadar - Handfossilien führt unumstösslich zu dem Bild einer dem Hängen angepassten Hand, der bei einem kleinen Teil der Zwerg-Schimpansen und normalen Schimpansen zu findenden Hand überraschend ähnlich (S. 284)."

Hinsichtlich des Fusses, der lang, gebogen und sehr muskulös war, erklären sie:

„Die Zusammenfassung der Fuss- und Knöchelüberreste berichtet uns von einem Tier, das sowohl klettern als auch sich auf zwei Beinen fortbewegen konnte. ... Es gibt keine Belege, dass die langen, gebogenen und sehr muskulösen Hände und Füsse bei lebenden Primaten einen anderen Zweck erfüllen, als den der Anforderungen eines teilweisen oder vollständigen Baumlebens (S. 308) zu genügen."

Über das Schulterblatt ist zu lesen:

,Wir vermuten, dass die Gelenkpfanne. (Cavitas glenoidalis) bei A. afarensis sehr viel stärker in Richtung Schädel zeigte als es bei dem heutigen Menschen typisch ist. Dies lässt darauf schliessen, dass diese Eigenschaft eine Anpassung an den Gebrauch der oberen Extremitäten in erhobener Position war, wie es während des Kletterfis üblich ist (S. 284)."

Von dem Hüftbereich schreiben sie, nachdem sie aufzeigen, was „Lucys" Hüfte zeigt:

,,... die deutlich menschlichen Merkmale eines niedrigen, breiten Darmbeines, einer tiefen ischiadischen (Sitzbein) Spalte, einer vorstehenden Spina illiaca anterior inferior (vorderer unterer Darmbeinstachel) und einer ischialen Fläche (Tuber ischiadicum, Sitzbeinknochen), an der die zur Kniesehne führenden Muskeln ansetzen ..."

Im Weiteren beschreiben sie eine Reihe von affenähnlichen Eigenschaften (S. 284-290) und bezüglich der Möglichkeit eines schwachen oder fehlenden Ligamentum sacrotuberale (Kreuzbein-Sitzhöckerband) stellen sie fest: „Eine mögliche Erklärung ist, dass der aufrechte Gang dem des Schimpansen oder Klammeraffen ähnlich war..." Später erklären sie:

„Die Möglichkeit, dass das Ligamentum sacrotuberale des A. afarensis nicht so kräftig entwickelt war, wie es beim Menschen der Fall ist, lässt auf eine entweder weniger häufige oder andersartige Zweibeinigkeit schliessen, als es für den Menschen typisch ist (S. 290)."

Vom Sacrum (Kreuzbein) berichten Stern und Susman: „Das AL 288-1an Sacrum (Kreuzbein) unterscheidet sich von den heutigen, menschlichen Kreuzbeinen dadurch, dass dem ersten Segment die gutausgebildete Krümmung fehlt" (s. 291). Nachdem sie darauf hingewiesen haben, dass der vordere Teil der Darmbeinschaufel von „Lucy" (AL 288-1) nicht seitlich gestellt ist wie bei dem Menschen, sondern dass die Ausrichtung der Schaufel eher noch kranzförmiger ist als bei den Schimpansen, erklären sie in Bezug auf das Becken:

„Die Tatsache, dass der vordere Teil der Darrnbeinschaufel bei dem Menschen seitlich steht und bei Schimpansen nicht, ist offensichtlich. Die erwähnte Ähnlichkeit von AL 288-1 mit dem Schimpansen ist ebenfalls offensichtlich."

Hinsichtlich dieser Tatsache erklären sie später: „Es lässt uns vermuten, dass der Mechanismus des seitlichen Hüftgleichgewichtes während des aufrechten Gehens dem Mechanismus der Affen ähnlicher war als dem des Menschen" (S. 292).

Stern und Susman erscheint der Femur proximalis (obere Teil des Oberschenkelknochens) eines der grösseren Individuen eher menschenähnlich zu sein als einer der kleinen Individuen (AL 288-lap). Sie schliessen daraus:

„Der abschliessende Eindruck, den wir durch eine Studie des guterhaltenen grossen Femur proximalis (AL 333-3) gewonnen haben, ist der, dass er der heutigen Form sehr ähnlich ist. ... Andererseits lässt der Gelenkbereich des Femurkopfes bei AL 288-lap vermuten, dass die Hüftexkursion der kleineren Vertreter von A. afarensis eher Affen- als menschenähnlich war (S. 295)."

Später (S. 296) sagen sie:

„Der kleine Femur proximalis ist in seiner Gesamterscheinung weniger menschenähnlich und stammte wahrscheinlich von einem Individuum mit der Fähigkeit, die Hüfte auf Pongidenart abzuspreizen."

Bezüglich der distalen Tibia (unterer Teil des Schienbeins) der kleinen Arten erklären Stern und Susman:

„Preuschofts Analyse würde ergeben, dass AL 288-1, wie nicht-menschliche Primaten mit einem vorgelagerten Körperschwerpunkt, Schwierigkeiten hatte, seinen Kör-per aufrecht zu halten und sich auf zwei Beinen eher auf die Art der afrikanischen Affen und nicht auf Menschenart fortbewegte (S. 300)."

Der Stammbaum des Menschen nach Johanson und White

Sie schliessen daraus:

„Der Beweis der Tibia distalis von Hadar weist also darauf hin, dass die kleine Körperform sich vom heutigen Menschen durch ihre Art der Fortbewegung unterscheidet, während die grosse Körperform einen solchen Unterschied nicht bekundet (S. 301)."

Die Untersuchungen der Fibula (des Wadenbeins) führen zu der Feststellung:

„Wir können den morphologischen Status der Hadar-Fibula zusammenfassen, indem wir feststellen, dass sie von einer Population abstammt, deren durchschnittliche Strukturen sich von denen eines typischen Menschen unter-scheiden."

Nach der Erörterung einer Anzahl von Eigenschaften, die sie betrachtet hatten, erklärten sie:

„Jede dieser Eigenschaften ist von struktureller Ähnlichkeit mit denen der Pongiden. Die Gesamtanordnung der AL 288-tat distalen Fibula ist der eines Affen sehr viel ähnlicher als der eines Menschen (S. 305)."

Ihre Analyse des Kniegelenks ist besonders interessant, da Johanson, White und Lovejoy gerade die Struktur des Kniegelenkes als besonders bedeutungsvoll bezeichneten, um die vollkommen menschliche, zweibeinige Fortbewegungsart für „Lucy" und die anderen Hadar-Wesen nachzuvollziehen. Stern und Susman behaupten:

„Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Knie der kleinen Hadar-Hominiden mit anderen Australopithecinen eine auffallende Schrägstellung der Femuralschaftachse teilt in Relation zu der bicondylaren Auflagefläche (Gelenkkopf des Oberschenkelknochens), in allen anderen Bereichen jedoch fällt es nicht in die Reihe der heutigen Variation Mensch. (Tardieu, 1979) oder nur kaum (unsere Untersuchung). Da, neben dem Krümmungsgrad, das Knie des kleinen Hadar-Hominiden keine, bis zu einem gewissen Grad ausgeprägten, modernen Eigenschaften besitzt, und da viele dieser Eigenschaften nicht zur Spezifizierung der präzisen Natur des angewandten aufrechten Ganges genutzt werden kann, müssen wir mit Tardieu übereinstimmen, dass die Gesamtstruktur des Knies zu einem bemerkenswerten Grad mit der Fortbewegungsweise von Baumbewohnern kompatibel ist (S. 298)."

Ausserdem ist es möglich, dass der Krümmungsgrad des Kniegelenks von Lucy absolut keine menschliche Eigenschaft ist. Der Krümmungswinkel (Valguswinkel) ist das Mass der Abspreizung des Beines oberhalb des Knies nach aussen oder seitwärts (beim Menschen führt ein grösserer Valguswinkel als normal zu X-Beinen). Bei Schimpansen und Gorillas ist der Valguswinkel fast 0°. Die Ober- und Unterschenkel dieser Affen bilden daher eine gerade Linie und der Körperschwerpunkt liegt innerhalb der Beine. Beim Menschen beträgt der Valguswinkel ca. 9° und der Oberschenkel ist im Knie nach aussen oder seitwärts abgewinkelt. Dadurch stehen Unterschenkel und Füsse eher unter dem Körperschwerpunkt. „Lucy" und die südafrikanischen Australopithecinen hatten einen sehr grossen Winkel von ca. 15°.

Wie Sie sich sicher noch erinnern, war es genau dieser Winkel des Kniegelenkes, der Johanson veranlasste, sein 1973 gefundenes Kniegelenk augenblicklich als das eines Hominiden zu bezeichnen. Wie sowohl Stern und Susman (S. 298) und auch Cherfas54 erwähnten, vertritt Jack Prost von der University of Illinois im Chicago Circle die entgegengesetzte Ansicht. Er behauptet, dass der grosse, bei den Australopithecinen auftretende Valguswinkel eher die Tatsache unterstützt, dass sie geschickte Baumkletterer waren.55 Für diese Theorie spricht die Tatsache, dass unter den Affen und Menschenaffen die grössten Valguswinkel (gleich dem des Menschen) beim Orang-Utan und beim Klammeraffen zu finden sind, die beide extrem gute Baumkletterer sind. Auf S. 313 ihres Artikels erklären Stern und Susman ihre Gesamtschlussfolgerung folgendermassen:

,Wir entdeckten umfangreiches Beweismaterial, das dar-auf hinweist, dass bei dem A. afarensis das Baumleben eine grosse Rolle spielte und daher die morphologischen Anpassungen, die ein geschicktes Bewegen in den Bäumen erlauben, erhalten blieben. Diese Schlussfolgerung führt an sich jedoch nicht unausweichlich zur zweiten Ableitung, dass nämlich die Art des aufrechten Ganges, den sie am Boden praktizierten, sich von der des heutigen Menschen unterschied. Wir glauben jedoch, dass diese zweite Schlussfolgerung vernünftig ist, auch wenn der Beweis dafür weniger auffallend ist, wie der für das hohe Mass an Baumleben."

Auf derselben Seite hatten sie jedoch zuvor bezüglich der Art der Fortbewegung dieser Lebewesen behauptet:

„Und schliesslich, sollten die Schlussfolgerungen über die gering entwickelten Ligamenta sacroiliaca (Kreuzdarmbeinband) und sacrotuberale (Kreuzbein-Sitzhöckerband) bei den Hadar-Hominiden korrekt sein, dann ist eine mögliche Erklärung dafür die, dass der aufrechte Gang dem eines Schimpansen oder Klammeraffen glich, bei dem die grösste vertikale Kraft ein durchschnittlich kleinerer Teil des Körpergewichtes ist, als für den Menschen charakteristisch ist."

Während sie zurückhaltend die Behauptung aufstellen, „Lucy" und die anderen A. afarensis seien aufrecht gehende Lebewesen gewesen, wenn auch nicht unbedingt auf völlig menschliche Art, behaupten Stern und Susman, dass diese Wesen hochspezialisiert waren auf eine Fortbewegung auf Bäumen oder auf das Bäumeklettern. Von den vielen, von Stern und Susman beschriebenen affenähnlichen Eigenschaften dieser Kreaturen her und aus der Sicht der Schlussfolgerungen von Oxnard, Zuckeruran und ihren Mitarbeitern bezüglich der Fortbewegungsart der Australopithecinen ist anzunehmen, dass A. afarensis und andere Australopithecinen, eigentlich nicht spezialisierter waren im aufrechten Gehen als die Schimpansen und Gorillas, die gelegentlich aufrecht gehen.

Es ist sogar ein Fall bekannt, wo ein Affe den gewöhnlichen, aufrechten, zweibeinigen Gang adaptierte.56 Ein schwarzer Affe der Celebes (Cyanopithecus niger), der_ im Hong Kong Zoological and Botanical Gardens von den anderen Primaten getrennt gehalten wurde, kopierte die menschliche Bewegungsart schon in sehr jungen Jahren und ging später fast ständig aufrecht, deutlich unterschieden von dem gelegentlichen, aufrechten Gang der Altweltaffen.

Wir haben Stern und Susman ausführlichst zitiert, um zu betonen, dass auch jemand, der im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen von Lord Zuckerman und Oxnard, von einer gewissen Art der Zweibeinigkeit bei den Australopithecinen ausgeht, doch noch viele affenähnliche Eigenschaften in der hinteren Schädelanatomie dieser Primaten entdeckt. Zudem stehen die Schlussfolgerungen von Stern und Susman in scharfem Kontrast zu denen von Johanson und Owen Lovejoy, wobei von letzterem gesagt wird, dass er von A. afarensis von einer vollständigen Anpassung an eine zweibeinige Fortbewegungsweise in „grässlichen Details"57 berichtet.

Russen Tunte, Anthropologe an der University of Chicago, tendiert zu Johanson und seinen Befürwortern bezüglich der Art der Zweibeinigkeit von „Lucy" im Gegensatz zu Sterns und Susmans Ansichten, stimmt mit letzteren jedoch darin überein, dass „Lucy" ein Baumbewohner war.58

Durch Übereinstimmung unter den Experten und durch die Förderung durch die Massenmedien haben „Lucy" und ihre Genossen afarensis einen hochfliegenden Status im Familienstammbaum des Menschen erreicht. Es scheint jedoch, als glitten „Lucy" und Konsorten langsam aus dem Stammbaum heraus, und wir sagen jetzt schon vorher, dass sie das Schicksal zahlreicher anderer „Missing Links" (fehlende Verbindungen) teilen wird, die aus dem Stammbaum des Menschen gestrichen wurden und jetzt einfach „fehlen". Obwohl er sich sehr vorsichtig hinsichtlich des Status von Johansons Hadar-Exemplaren äussert, scheinen Oxnards Bemerkungen über diese Wesen doch sehr passend zu sein. Er sagt:

„Aber da bisher noch kein neuer Fund nicht sofort als menschlicher Vorfahre bejubelt worden ist und noch kein neuer Fund nicht als Zweibeiner bezeichnet worden ist, sollten wir es vorziehen, extrem umsichtig zu sein, bis die Fossilien allen möglichen, heutigen Methoden und Forschungen zur Verfügung standen."59

Literaturhinweise

49. J. Cherfas, New Scientist 93:695 (1982).
50. R. E. F. Leakey, The Making of Mankind, E. P. Dutten, New York, 1981.
51. J. T. Stern, Jr. and L. R. Susman, Am. J. Phy. Anthropol. 60:279 (1983).
52. W. Herbert,' Science News 124:8 (1983).
53. R. H. Tüftle, Science 220:833 (1983).
54. For a description of the analysis of Stern and Susman in layman's terms see J. Cherfas, New Scientist 97:172 (1983).
55. J. Prost, Am. J. Phys. Anthropol. 52:175 (1980).
56. Oxnard and Lisowski, Ref. 33, S. 116.
57. I. Andersen, New Scientist 98:373 (1983).
58. W. Herbert, Science News 122:116 (1982).
59. Oxnard, Ref. 32, S. 243.

 

Weiter: Richard Leakey und seine Lake Turkana Wesen

Datum: 19.11.2007
Autor: Duane T. Gish
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit

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