Bewertung der Australopithecinen durch Lord Zuckerman und Charles Oxnard

Abbildung 16: Zwei gegensätzlich Ansichten von Zinjanthropus (A. robusms) durch Evolutionstheoretiker: Zinjanthropus, gezeichnet von Neave Parker für Dr. L.S.S. Leakey. Copyright, The Illustrated London New & Sketch, Ltd. 9/1/60 (oben) und Zinjanthropus, gezeichnet von Maurice Wilson für Dr. Kenneth P. Oakley. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Kenneth P, Oakley (unten).In den letzten Jahren jedoch, wurde diese Ansicht von Soily Lord Zuckerman,29-30 einem bekannten britischen Anatom, und von Dr. Charles Oxnard,31-34 Direktor der Graduate Studies und Professor für Anatomie an der Southern California Medical School, in Frage gestellt.

Über 15 Jahre lang untersuchte ein Forschungsteam unter Leitung von Lord Zuckerman die anatomischen Eigenschaften von Mensch, Affe, Menschenaffe und den australopithecinischen Fossilien. Praktisch alle verfügbaren wichtigen fossilen Fragmente von Australopithecus wurden mit anatomischen Proben von hunderten von Affen, Menschenaffen und Menschen verglichen.

Bezüglich der Behauptung von Le Gros Clark und anderen, Australopithecus sollte eher der Gattung der Hominidae (Familie des Menschen) zugeordnet werden als einer Gattung der anthropoiden Menschenaffen, erklärte Lord Zuckeruran:

„Ich für meinen Teil bleibe vollkommen unüberzeugt. Fast immer, wenn ich versucht habe, die anatomischen Behauptungen, auf denen der Status des Australopithecus basiert, zu untersuchen, endete ich mit einem Reinfall."35

Lord Zuckerman schlussfolgert, dass Australopithecus ein Affe war und in keiner Weise mit der Herkunft des Menschen in Verbindung gebracht werden kann.

Oxnards Forschung veranlasste ihn zu der Aussage:

„Obwohl die meisten Untersuchungen die Ähnlichkeit der Australopithecinen mit dem heutigen Menschen betonen und daher vermuten, dass diese Lebewesen zweibeinige Werkzeugmacher waren, von denen zumindest einer (Australopithecus africanus - ,Homo habilis', ,Homo africanus') ein. fast direkter Vorfahre des Menschen gewesen ist, veranlasst eine Reihe von vielfältigen statistischen Untersuchungen verschiedener Bruchstücke des hinteren Schädels zu anderen Schlussfolgerungen."36

Oxnard schloss aus seinen Ergebnissen, dass Australopithecus nicht auf menschliche Art aufrecht ging. Er stellt fest:

„Es stehen für die Australopithecinen keine vielfältigen Studien gewisser anatomischer Gebiete wie Schulter, Becken, Knöchel, Fuss, Ellbogen und Hand zur Verfügung. Das lässt vermuten, dass die allgemeine Ansicht, diese Fossilien seien dem heutigen Menschen ähnlich oder sie seien, wenn sie gelegentlich dem Menschen ein-mal nicht ähneln, den grossen afrikanischen Affen ähnlich, falsch sein könnte. Die meisten der fossilen Bruchstücke sind in der Tat eindeutig verschieden sowohl vom Menschen als auch von den lebenden, dem Menschen genetisch am nächsten verwandten Schimpansen und Gorillas. Soweit Ähnlichkeiten mit lebenden Formen bestehen, scheinen sie auf Orang-Utans zuzutreffen."37

"...Und schliesslich scheinen die voneinander ziemlich unabhängigen Informationen von den fossilen Funden der letzten Jahre absolut darauf hinzuweisen, dass diese Australopithecinen mit einem Alter von einer halben bis zwei Millionen Jahren und von Fundorten wie Olduvai und Sterkfontein stammend nicht den menschlichen Werdegang gingen."38

Oxnard schliesst daher, dass Australopithecus mit keinem heute lebenden Wesen, weder Mensch noch Affe, verwandt ist, sondern dass er eindeutig verschieden war. Sollten Oxnard und Zuckerman recht haben, so war Australopithecus sicherlich weder ein Vorfahre des Menschen noch eine Zwischenstufe zwischen Affe und Mensch.

Die Gehörknöchelchen des Australopithecus robustus

Eine besondere Bedeutung hatte die Entdeckung und Untersuchung eines Anibossknöchelchens eines Australopithecus robustus Exemplars (SK 848) von Rak und Clarke.39 Dieses Gehörknöchelchen war laut Rak und Clarke nicht nur grundlegend verschieden vom Amboss des heutigen Menschen, sondern die Verschiedenheit war eigentlich grösser als der Unterschied zwischen dem Amboss afrikanischer Affen und dem heutigen Menschen. Sie erklären, dass diese Tatsache von besonderem Interesse ist in Hinsicht auf die eindeutigen Vorteile, die Gehörknöchelchen für taxonomische und phylogenetische Studien haben.

Donald Johansons „Lucy"

Donald Johanson war früher assistierender Professor für Anthropologie an der Case Western Reserve University und Kustos für Physioanthropologie am Cleveland National History Museum und er ist einer dieser erst unbekannten Anthropologen, die über Nacht berühmt wurden, weil sie aussergewöhnliche und sensationelle Behauptungen über fossile Überreste angeblicher menschlicher Vorfahren veröffentlichten. Während er im Herbst 1973 in der Nähe von Hadar im Afar Dreieck. in Äthiopien mit einem Team unter gemeinsamer Leitung von ihm, Maurice Taieb, einem französischen Geologen und Alemayehu Asfaw von der Ethiopian Antiquities Administration (äthiopische Behörde für Altertümer) arbeitete, entdeckte Johanson das Kniegelenk eines kleinen Primaten, das er zunächst für das Kniegelenk eines Affen hielt. Nachdem er die Teile zusammengefügt hatte und den Winkel bemerkte, den das Gelenk zu bilden schien, erklärte er, dass es das Kniegelenk eines Hominiden war, d.h. einer Übergangsform zwischen Affe und Mensch. Er glaubte überdies aufgrund der Tierfossilien, die in dieser Gegend gefunden worden waren, dass sein fossiles Kniegelenk ca. 3 Millionen Jahre alt war. Daraufhin erklärt er Punktum, dass er einen drei Millionen Jahre alten, menschlichen Vorfahren entdeckt hätte.40

Nach Abschluss der Fossiljagdsaison unterbrach Johanson seine Rückreise in die Vereinigten Staaten in Nairobi, um Richard Leakey und Mary Leakey, Sohn und Witwe von Louis Leakey, sein fossiles Kniegelenk zu zeigen. Sie erklärten es beide für das Knie eines Hominiden. Nach seiner Rückkehr in die USA zeigte Johanson das Kniegelenk C. Owen Lovejoy, einem Professor für Anthropologie an der Kent State University und einer Autorität auf dem Gebiet der Fortbewegung. Eine kurze Untersuchung liess ihn zu dem Ergebnis kommen, dass es das Kniegelenk eines zweibeinigen Lebewesens war, ein ;,modernes Kniegelenk" 41

Während einer zweiten Saison in Hadar im Oktober 1974 entdeckte Asfaw einen Unterkiefer, von dem er annahm, er stamme von einem Pavian. Johanson erklärt jedoch; es sei der eines Hominiden. Zwei Tage später entdeckte Asfaw zwei weitere ähnliche Kiefer. Einer dieser Kiefer war ein komplett bezahntes Palatum (Oberkiefer). Johansons Verkündigung über diese Funde anlässlich einer Pressekonferenz am 25. Oktober 1974 in Addis Abeba beinhaltete die folgende Feststellung:

„Diese Exemplare weisen deutliche Züge auf, die als charakteristisch für die Gattung Homo anzusehen sind. Zusammen gesehen stellen sie die vollständigsten Überreste dieser Gattung aus sehr alter Zeit dar, die jemals in dieser Welt gefunden worden sind.

Alle bisherigen Theorien über die Herkunft des Zweiges, der zum heutigen Menschen führt, müssen nun vollkommen überarbeitet werden. Wir müssen viele Theorien verwerfen und die Möglichkeit überdenken, dass die Herkunft des Menschen auf eine Zeit vor über vier Millionen Jahre zurückgeht."42

Richard Leakey bediente sich einer ähnlich kühnen und phantasievollen Sprache, als er seine Entdeckung von Schädel 1470 beschrieb, wie wir später noch sehen werden. Im November desselben Jahres fand Johanson, während seiner Suche nach Fossilien einige Kilometer vom Camp entfernt zusammen mit dem Jungakademiker Tom Gray eine Versteinerung, die er rundweg als „ein Stück Arm eines Hominiden"43 bezeichnete. Schon bald entdeckten sie weitere Überreste, einschliesslich einer Wirbelsäule, Rippen und Schädel- und Beckenteile, die allesamt als hominid bezeichnet wurden. Nach einer dreiwöchigen Suche an dieser Stelle, war ca. 40% eines versteinerten Skelettes gefunden worden. Es war ein weibliches Skelett und Johanson nannte es „Lucy". Dieses Wesen war nur ungefähr einen Meter gross und hatte ein sehr kleines Gehirn von 380 cm3 bis 450 cm3 44. Johanson erklärte in Pressekonferenzen, dass seine „Lucy" ein 3,5 Millionen Jahre alter Hominide sei, der wie heutige Menschen aufrecht gegangen sei. Das brachte „Lucy" und ihrem Entdecker sofortigen Ruhm ein. Die National Geographic Society versprach Geldmittel und entsandte sofort einen Photographen zu Johansons Expedition. Aus verschiedenen Quellen floss Geld. Johansons Zukunft war gesichert.

In einem im September 1975 empfangenen und im März 1976 veröffentlichten Papier,45 ordneten Johanson und Taieb vorsichtig die Funde von Asfaw der Gattung Homo zu und erklärten, dass „Lucy" Ähnlichkeiten mit Australopithecus africanus aufweise, während andere Bruchstücke (ein rechter proximaler Femurknochen und ein Schläfenfragment) eher Ähnlichkeiten mit Australopithecus robustus zeigten.

Während der dritten Saison in Hadar im Herbst 1975, entdeckten Mitglieder von Johansons Team eine Gruppe von Fossilien, die Bruchstücke von mindestens dreizehn Individuen umfasste, darunter die von vier Heranwachsenden und neun Erwachsenen. Dieser Fund war beispiellos und eine Entdeckung so vieler versteinerter Primaten jeder Art in einem so kleinen Gebiet hatte es zuvor noch nicht gegeben. Wie Johanson es schon mit früheren Überresten von Primaten von Hadar getan hatte, erklärte er sie sofort als Überreste von Hominiden und schrieb sie sogar der Gattung Homo zu.46 Johanson taufte sie die „erste Familie". Der Gebrauch solcher Bezeichnungen wie „menschlich", „Lucy", die „erste Familie", „Kind" und ähnlicher anthropomorpher Begriffe unterstützte die Verbreitung der Behauptung, die den menschenähnlichen Status dieser Fossilien stark etablierte.

Zur Unterstützung seiner interpretierenden Studien der Hadar-Fossilien, gewann Johanson die Dienste von Tim White, der zu dieser Zeit im Anschluss an seine Promotion Student der Anthropologie an der University of Michigan war. White hatte sowohl mit Richard Leakey am Lake Turkana in Kenia als auch mit Mary Leakey in Laetoli in Tansania gearbeitet. Von Beginn ihrer Diskussion an plädierte Johanson auf zwei fossile Arten in Hadar, von denen eine in die Gattung Homo eingeordnet werden sollte, während White sich für eine einzige Art aussprach. White setzte seine Ansicht durch und in ihrer endgültigen Schlussfolgerung wurden die Hadar-Fossilien als sehr primitive Arten des Australopithecus dargestellt, denen sie den Namen Australopithecus afarensis47 gaben.

Laut Johansons und Whites Analyse, unterstützt durch Owen Lovejoys Beurteilung der Fortbewegung und der Unterstützung anderer Wissenschaftler, sollen „Lucy" und die anderen auf menschliche Art aufrecht gegangen sein, obwohl sie vom Hals aufwärts sehr affenähnlich waren .48 Sie wurden daher als Wesen mit kleinen, kräftigen menschenähnlichen Körpern mit Affenköpfen gezeichnet. Und dies war auch über Jahrzehnte hinweg mehr oder weniger die allgemein von evolutionistischen Anthropologen vertretene Ansicht über die Australopithecinen. Dieser Beschluss wurde zu einem feststehenden Teil der Lehrbücher und wurde in der wissenschaftlichen Literatur weit verbreitet wie auch in allen Arten der Massenmedien.

Johansons besonderes Anrecht auf Ruhm beruhte nicht nur auf der grossen Anzahl an Individuen, die seine Fossilien darstellten, und auf der Tatsache, dass eines davon ("Lucy") zu 40% vollständig war, sondern auch auf dem den Fossilien zugesprochenen Alter von dreieinhalb Millionen Jahren, die diese Fossilien zu den ältesten Kandidaten für die menschliche Ahnenschaft machte. Der von Johanson und White konstruierte Stammbaum beginnt daher mit A. afarensis als Ausgangspunkt. Von A. afarensis aus zweigt einmal die allmähliche Entwicklung zu A. africanus und A. robustus ab sowie auch die allmähliche Entwicklung zu Homo habilis, Homo erectus und Homo sapiens .

Literaturhinweise

29. S. Zuckerman J. Roy. Col. Surg. Edinburgh 11:87 (1966).
30. S. Zuckerman, Beyond the Ivory Tower, Taplinger Pub. Co., New York, 1970, S. 75-94.
31. C. E. Oxnard, Nature 258:389-395 (1975).
32. C. E. Oxnard, Homo 30:243 (1981).
33. C. E. Oxnard. and F. P. Lisowski, Am. J. Phys. Anthropol. 52:116 (1980).
34. See B. Wood, Nature 262:331(1976).
35. Zuckerman, Ref. 30, S. 77.
36. Oxnard, Ref. 31, S. 389.
37. C. E. Oxnard, University of Chicago Magazine, Winter 1974, S. 11-12.
38. C. E. Oxnard, Ref. 32, S. 242.
39. Y. Rak and R. J. Clarke, Nature 279:62 (1979).
40. D. Johanson and M. A. Edey, Lucy the Beginnings of Humankind, Simon and Schuster, New York, 1981, S. 155-156.
41. Johanson and Edey, Ref. 40, S. 163.
42. Anonymus Correspondent, Nature 253:232 (1975).
43. Johanson, Ref. 40, S. 16.
44. Johanson, Ref. 40, S. 271.
45. D. Johanson and M. Taieb, Nature 260:293 (1976).
46. Johanson, Ref. 40, S. 213, 223.
47. D. Johanson and T. D. White, Science 203:321(1979); 207:1104 (1980).
48. Johanson, Ref. 40, S. 352.

 

Weiter: Kritiken an der Auslegung der Hadar Fossilien von Johanson und White

Datum: 19.11.2007
Autor: Duane T. Gish
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit

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