Lebensstile

Darf das Leben Spass machen?

Noch sehe ich ihn deutlich vor mir: Er, etwa dreissig Jahre alt, kommt am Sonntagmorgen in den Gottesdienst. Die Absätze sind mindestens zehn Zentimeter hoch. Die Haare reichen weiter als bis auf die Schultern hinab. Und das in unserer schönen, traditionsreichen Gemeinde! Er war zum Glauben an Christus gekommen. Aber sein Lebensstil unterschied sich deutlich von allen anderen Gemeindebesuchern. Die Frage stellt sich: Wie lebe ich richtig? Gibt es einen biblischen Lebensstil?

Was mich faszinierte: Der auffallende Mann wurde akzeptiert! Besonders die älteren Gemeindeglieder nahmen ihn liebevoll auf. Das war in einer Chrischona-Gemeinde! Solche Äusserlichkeiten fallen auf. Dieser Mann hat einen bestimmten Lebensstil. Ich persönlich habe eindeutig einen anderen.

Viele Lebensstile

Wenn ich von Lebensstil rede, meine ich die äussere Form des Lebens. Da zeigt sich, was einem wichtig ist. Das kann sich ganz verschieden äussern. Es gibt Menschen, die mögen es elegant. Möglichst mit Markenartikeln. Andere drücken ihr Lebensgefühl lieber mit vergammelten Kleidern aus. Wieder andere legen den Schwerpunkt auf Ökologie und fahren möglichst wenig mit dem Auto herum.

Für etliche Menschen sind Leistung und Erfolg wesentlich. Für andere ist das total unwichtig. Sie drücken ihren Lebensstil mit dem Herumhängen und dem Herumsitzen aus. Meist zeigt sich das auch in der Kleidung und in der Gestaltung des Haarschnitts. Es gibt Sparer, und es gibt Verbraucher. Es gibt Menschen, die lieben die Ordnung und das Gesetz. Andere versuchen, möglichst viel Freiheit zu leben.

Es gibt Christen, die mögen es traditionell, andere probieren neue Möglichkeiten aus. Einige drücken ihren Lebensstil mit Aktivitäten aus, andere versuchen es mit dem Betonen der Stille. Einige Gemeinden haben ein reiches Programm, bei anderen läuft weniger. Es gibt Gottesdienste mit Orgelbegleitung und Kapellen, in denen die Orgel gar nicht vorkommt. Alles eine Frage des Stils.

Wenn wir über Formen in der Gemeinde oder im Leben allgemein reden (oder streiten?), handelt es sich meist um die Frage des Stils. Eines ist sicher: Wir haben einen bestimmten Lebensstil. Woher kommt der eigentlich ? Was hat meinen Stil geprägt?

Lebensstil und Lebensziel

Der Lebensstil hängt eindeutig mit der Frage zusammen, was mir wichtig ist im Leben. Und diese hat sich aufgrund der Einflüsse im Elternhaus, im Umfeld und aufgrund eigener Beobachtungen mit der Zeit von selbst geklärt. Vielleicht ist das nicht bewusst geschehen. Wenn jemand den Eindruck hat, Wertschätzung und Achtung durch andere Menschen würden ihn glücklich machen, wird er einen Lebensstil wählen, der diesem Ziel dient. Das kann dann im praktischen Leben ganz unterschiedlich aussehen.

Wichtig scheint mir, dass der eigene Lebensstil erkannt wird: Wie lebe ich eigentlich? Was macht meinen Lebensstil aus? Dann kann nach den Zielen gefragt werden: Was motiviert mich eigentlich, gerade diesen Stil zu leben? Wenn ich zum Beispiel an einer bestimmten Gottesdienstform hänge, könnte ich einmal darüber nachdenken, warum ich gerade diese und keine andere Form mag. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob ich den richtigen und die anderen den falschen Lebensstil haben. Immerhin, mein Stil gibt mir Sicherheit..

Den Lebensstil ändern?

Christen fragen jetzt sofort: Gibt es denn einen biblischen Lebensstil? Gibt es sozusagen den "richtigen" Stil, den jeder Christ anzustreben hätte? Ich denke, es gibt keinen einheitlichen christlichen Lebensstil. Schliesslich hat Gott uns Menschen nicht als Kopien, sondern als Originale gemacht! Das darf sich äusserlich durchaus auch zeigen. Wer meint, der rechte Christ müsse so und so leben, der macht Gesetze. Und dem wehrt Paulus in seinen Briefen ziemlich deutlich. Aber das Neue Testamen spricht deutlich von "Nachfolge". Und die hat natürlich mit dem Lebensstil zu tun.

Also schadet es gar nichts, wenn wir den eigenen Lebensstil einmal auf Herz und Nieren prüfen. Ist es wirklich richtig, wie ich lebe? Ist es richtig, wenn ich so viele teure Dinge kaufe? Mir nie etwas Schönes leisten will oder kann? Soviel esse? So wenig esse? So viel Sport treibe? So gesetzlich lebe? Ohne gesunden Rahmen lebe? So oberfromm rede? Kaum je etwas über den Glauben sage? Es kann gar nicht darum gehen, das eine gegen das andere auszuspielen! Es geht vielmehr darum, dass jeder selber seinen Lebensstil hinterfragt. Es kann sein, dass er gut ist. Es kann aber auch sein, dass gewisse Dinge, Ansichten oder Verhaltensweisen geändert werden müssen.

Seinen Lebensstil wählen

Einen eigenen Lebensstil wählen, das kann man wirklich! Aber wie? Indem der eigene Lebensstil mit einem Freund zusammen untersucht und definiert wird. Und indem wir Gott regelmässig fragen, ob es allenfalls gewisse Dinge zu ändern gäbe. Das kann nur in stillen Zeiten und im offenen Gespräch mit Freunden geschehen. Der Heilige Geist schreit nämlich nicht. Er macht uns ganz sachte darauf aufmerksam, was zu ändern wäre. Dann braucht es nur noch eins, nämlich das Umsetzen des Erkannten. Das ist oft schwierig! Da könnte es hilfreich sein, wenn man sich mit einem Freund verbündet, der einen begleitet.

Lebensstil in der Gemeinde

Ich habe darauf hingewiesen, dass auch in der Gemeinde verschiedene Stile möglich sind: in der Gottesdienstgestaltung, bei der Musik, der Länge der Predigt, der Kleidung der Jugend oder was auch immer. Da schlage ich vor, dass wir einander nicht gleich aufgrund des Stils schubladisieren und dann gegeneinander kämpfen. Suchen wir gemeinsam einen Weg, wie jeder mit seinem Stil und seinen Vorstellungen leben kann! Das bedeutet jedoch auch, dass jeder bereit wird, von seinen Vorstellungen etwas abzurücken und auch andere Lebensarten zuzulassen und zu akzeptieren. In dieser Haltung würde geistliche Reife sichtbar.

Auswirkung des Lebensstils

Wer seinen Lebensstil immer wieder vor Gott prüft, wird sich laufend verändern. Das macht das Leben spannend! Will man dabei nicht unbedingt den eigenen Lebensstil allen anderen aufzwingen, wird ein weiteres Stück von der Liebe, die ein so wichtiges Markenzeichen von uns Christen ist, sichtbar werden.

Wer junge Menschen beeindruckt

Verschiedene Menschen, verschiedene Generationen, verschiedene Lebensstile. Welche Lebensstile aber machen jungen Christen Eindruck? An wem orientieren sie sich? Wer gilt heute noch als Vorbild? Teilnehmer der Chrischona-Jugendgruppe aus Felben-Pfyn und der landeskirchlichen Jugendgruppe ‰Fountain‰ aus Weinfelden, machten sich Gedanken dazu.

Beat Romann, angehender Primarlehrer: "Ich bin ein Original und versuche darum gar nicht erst, jemanden zu kopieren. Ich orientiere mich aber an einem guten Freund, der sechs Jahre älter ist und sich durch eine starke Religiosität und entsprechende Weisheit auszeichnet. Besonders während der Teenager-Unsicherheiten holte ich häufig seinen Rat ein."

Damaris Häberlin, angehende Augenoptikerin: "Meine Mutter ist für mich das grosse Vorbild! Mir imponiert besonders ihr Temperament. Es kann vorkommen, dass es sie 'verknallt'. Dafür ist nachher alles vorbei. Überhaupt ist ihre Vergebungsbereitschaft unendlich gross."

Simon Kleger, angehender Elektriker: "Es sind Charaktere, Grundzüge, die mich beeindrucken. Besonders schätze ich Leute, die nicht im Wind schwanken. Ich meine damit Personen, die ihre Meinung durchziehen und direkt zum Ausdruck bringen. Bei diesen weiss ich, woran ich bin."

Monika Hertig, kaufmännische Angestellte: "Mich beeindruckt Pfarrer Ernst Sieber. Er versteht es, das Wort Gottes verständlich unter das Volk zu bringen - selbst im Nationalrat. Und das, was er predigt, setzt er auch in konkrete Taten um."

Datum: 29.03.2002
Autor: Wilf Gasser /Christian Stricker
Quelle: Chrischona Magazin

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