Bekehrung

Ein klassischer Fall

Nachzulesen in Lukas 19,1-20.

Nachdenklich sass er in der milden Abendsonne auf der Parkbank seines wunderschönen römischen Gartens. Er konnte selbst noch nicht fassen, was in den vergangenen Stunden geschehen war. Nein, er hatte an diesem Tag nicht im römischen Lotto gewonnen; reich war er ja ohnehin schon. Auch war ihm nicht die Frau seines Lebens über den Weg gelaufen. Dafür aber dieser Jesus! Und das hatte ihn mächtig umgekrempelt.

Auf der Hauptstrasse hatten sich an diesem Morgen die Menschen gedrängt. Jesus sollte heute durch Jericho kommen. Für ihn (!), den die Einheimischen so oder so nicht mochten und der zu seinem Unglück auch etwas klein geraten war, gab es kein Durchkommen. Aber er war ja schliesslich nicht dumm, dieser kleine Mann namens Zachäus. Am anderen Ende der Stadt stieg er auf einen Maulbeerbaum direkt an der Hauptstrasse. Hier hatte er sogar einen Sitz- oder Liegeplatz, und dazu den idealen Überblick.

Die Begegnung mit Jesus

Als Jesus kam, lief alles ganz anders, als Zachäus es geplant hatte! Ausgerechnet unter seinem Maulbeerbaum blieb Jesus stehen und sagte ihm, dass er heute bei ihm in seiner Villa einkehre. Nicht beim Bürgermeister und nicht beim Rabbiner wollte dieser Jesus seine Mittagsrast machen, sondern ausgerechnet bei ihm, dem Oberzöllner Zachäus.

Ganz aufgeregt war nun der sonst so coole Zachäus; aufgeregt, aber doch auch voller Freude. Nach dem festlichen Menü sass er alleine mit Jesus in der schattigen Laube des Gartens. Jesus hatte sich einfühlsam nach seinem Leben erkundigt. Irgendwann war es dann aus ihm herausgebrochen. All das Elend der vergangenen Jahre. All der Spott, den er seit frühester Jugend ertragen musste. Sein glanzvoller Aufstieg, aber auch die Vereinsamung, an der er zunehmend litt. Auch die krummen Dinge kamen zur Sprache, die Deals, die ihn reich gemacht hatten. Und das schlechte Gewissen. Er wusste, in seinem Leben musste etwas anders werden. Und in der Begegnung mit Jesus fasste er Mut dazu. Er hatte dann Nägel mit Köpfen gemacht. Er hatte Gott die Schuld seines Lebens bekannt und auch sofort beschlossen, wie er das Unrecht an anderen wieder gut machen wollte.

Eine klassische Bekehrung, wie sie von Lukas in seinem Evangelium berichtet wird. Die Lebenswende bei Zachäus zeigt uns biblische Grundlinien, zeigt, wie eine Bekehrung auch heute stattfinden kann.

Bekehrung und Sehnsucht

Alles begann mit der Sehnsucht. Zunächst war Zachäus einfach nur neugierig, diesen Jesus zu sehen. Bekehrung kann stattfinden, wo Menschen Sehnsucht haben, Jesus kennenzulernen.

In unserer säkularen Gesellschaft aber ist das Wissen um Jesus rapide auf dem absteigenden Ast. Wie will einer Sehnsucht nach Jesus haben, wenn er noch nie etwas von ihm gehört hat? Wollen wir Bekehrungen, müssen wir über Jesus informieren. Das kann durch Infoveranstaltungen, durch den Jesus-Film, im Religionsunterricht, in Weiterbildungskursen wie dem Alphalive-Kurs und durch persönliche Gespräche geschehen. So bekommen Menschen Sehnsucht, nicht nur nach dem Göttlichen, sondern nach Jesus.

Bekehrung und Schuld

Der skandinavische Theologe Hallesby macht in seinem Buch "Vom Gewissen" darauf aufmerksam, dass in früheren Zeiten Bekehrungen oft mit tiefer Erkenntnis der eigenen Schuld und Sünde verbunden waren. Heute bekehren sich die Menschen, weil sie mit der Bewältigung ihres Lebens nicht mehr zurechtkommen. Sie brauchen einen Lebensberater, aber keinen Retter und Heiland mehr, der sie von ihren Sünden erlöst. Bei Zachäus war das anders. Seine Bereitschaft, das zu Unrecht erworbene Gut zurückzugeben, zeigt, dass er von Schuld in seinem Leben wusste und Jesus hat diesen Punkt im Gespräch mit Zachäus nicht ausgeklammert. Wir müssen neu lernen, mit Menschen über ihre Sünden zu reden. Dazu braucht es Einfühlungsvermögen, aber auch die Bereitschaft, zur biblischen Wahrheit zu stehen.

Menschen in einer Lebenskrise sind eher bereit für eine Umkehr als die, bei denen alles glatt läuft. Lukas deutet es in der Geschichte von Zachäus an, indem er dessen kleinen Wuchs und seinen Beruf erwähnt und schreibt, dass er Unrecht begangen hatte, das er wiedergutmachen wollte. Zöllner waren unbeliebt im Volk. Hinter der harten Schale von Zachäus lauerte wohl manche Selbstwertkrise.

Bekehrung und Geldbeutel

Bekehrung findet nicht nur im Kopf statt, sondern hat nach aussen sichtbare Konsequenzen. Bei Zachäus zeigte sich das an der "Bekehrung" seines Geldbeutels. Er war bereit, seinen Besitz mit den Armen zu teilen. Das zeigt die Echtheit seiner Lebenswende.

Manche Bekehrungen verlaufen heute im Sand, weil wir zu wenig auf die Konsequenzen für das praktische Leben hinweisen. Wir sind heilfroh, wenn jemand ein Lippenbekenntnis zu Jesus spricht, und wagen es nicht, die "Kosten" des Christseins aufzuzeigen! In Gesprächen sollten wir mutig auf die praktischen Konsequenzen eines Lebens mit Jesus hinweisen.

Bekehrung und Fromme

Die Jesus-Fans waren es, die damals der Bekehrung des Zachäus im Wege standen. Sie murrten, als Jesus sich um Zachäus kümmerte.
Auch wir haben da zunächst vor unserer eigenen Tür zu wischen. Leider stehen auch wir jenen, denen die Bekehrung anderer am Herzen liegt, im Weg und hindern das auf Bekehrung ausgerichteten Wirken Gottes. Paulus hat sich bei seinem Evangelisieren demütig und mit viel Einsatz um die einzelnen Menschen bemüht. Beim Abschied in Ephesus konnte er sagen: "Denkt daran, dass ich nicht aufgehört habe, drei Jahre lang Tag und Nacht, einen jeden von euch unter Tränen zu ermahnen" (Apostelgeschichte 20, 31). Das ist Einsatz mit einem liebenden Herz! Dem Glauben Fernstehende empfinden das als weitaus wohltuender als ein paar flotte Sprüche.

Bekehrung und Gottes Macht

Zachäus bekehrte sich, weil Gott in seinem Leben wirkte. "Wir glauben, weil die Macht der Stärke Gottes bei uns wirksam wurde, mit der er in Christus gewirkt hat" (Epheser 1,19). Menschen bekehren sich, wenn sie Gottes Macht erleben.

Auch heute ist das so. Nicht Manipulation und Seelenmassage, sondern Gottes Kraft erleben zu können, das macht Menschen bereit, sich zu bekehren. Und das geht auch uns Bekehrte an. Anlässlich des Evangelisationskongresses 1990 in Stuttgart prägte der frühere Prälat Rolf Scheffbuch folgenden Satz: "Nur wer selbst sich nach neuem Bekehrtwerden durch Gott sehnt, kann dabei gebraucht werden, dass Gott auch bei anderen Menschen Bekehrung wirkt."

Bekehrung ist kein Relikt vergangener Tage, sondern auch heute brandaktuell!

Datum: 26.03.2002
Autor: Uli Limpf
Quelle: Chrischona Magazin

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