„Das Leben hat mich geschlagen!“
Gott hat Sie mit viel Leid konfrontiert. Ihre Zeilen kommen mir vor wie ein Stück aus der biblischen Geschichte Hiobs. Eine schreckliche Nachricht nach der anderen stürzte über ihn herein. Nun fragen Sie, wie Sie dieses schwere Leid bewältigen können.
1. Denken Sie an frühere Tage!
Ihr Bericht lässt ahnen, wie viel Kraft Sie nach dem Tod Ihrer Frau gebraucht haben. Im Rückblick kann ich daraus nur schliessen, dass Sie verschiedene Wege gefunden haben, um mit diesen seelischen Schmerzen umzugehen. Versuchen Sie sich zu erinnern, welche Gedanken, Begegnungen und Bibelworte Ihnen damals hilfreich waren. Wie haben Sie damals entspannt? Vielleicht war es Musikhören oder Sport?
2. Gott hilft Ihnen auch heute!
Nehmen Sie fachliche Hilfe bei Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt in Anspruch. Manchmal helfen schon leichte Medikamente, um die erste Phase solch schwerer Zeiten zu bestehen. Ich möchte Ihnen einige der Tipps weitergeben, die Angehörige von psychisch Kranken zusammengetragen haben:
- Körperliche Hilfen: Bewusste Entspannung z.B. durch Joggen, Schwimmen, Gymnastik, Spaziergänge, Gartenarbeit, aber auch durch Musikhören, gezieltes Atmen, Malen, Beobachten von Vorgängen in der Natur.
- Psychische und soziale Hilfen: Gespräche mit verständnisvollen Freunden und Verwandten, mit Menschen, die selbst von grossem Leid betroffen sind; Grübelgedanken auf bestimmte Wochentage oder Tageszeiten beschränken, statt ihnen ständig nachzugeben; Weiterarbeiten und in den gewohnten Verhältnissen verbleiben, auch wenn es manchmal sehr schwer fällt; bewusst Ja sagen zum Leid; sich selbst immer wieder bewusst etwas Gutes tun (Essen gehen, Konzertbesuch usw.); eigene Bedürfnisse gegenüber den erkrankten Familienangehörigen benennen (es sollte sich nicht das ganze Leben um den betroffenen Menschen drehen, er fordert ohnehin schon viel Kraft); Ehrlichkeit wagen, Nein sagen lernen, wenn es einem mal zuviel wird.
- Geistliche Hilfen: Unbedingt gute Seelsorge in Anspruch nehmen, Klagegebete formulieren und sie Gott auch sagen, die Bibel lesen und nach „Hoffnungsworten” Ausschau halten, immer wieder persönlich erlebte Verheissungen aus Gottes Wort in Erinnerung rufen, nicht aufhören, die Gemeinschaft in der Gemeinde zu suchen, in intensivem Kontakt mit Gott bleiben.
Auch wenn Sie nicht alles auf einmal tun können, sollten Sie dennoch mit dem einen oder anderen einfach anfangen. Und zum Schluss: Gott will Sie bei allem Zweifel nicht bestrafen, sondern er sucht – wie bei Hiob – nach einem Glauben, der nicht berechnet, der bei Gott bleibt, auch wenn die äusseren Umstände nur schwer zu ertragen sind.
Autor: Wilfried Veeser, Pfarrer und Psychotherapeut
Datum: 05.07.2006
Quelle: Neues Leben