Gebot - Verbot oder Angebot?

Moritz Leuenberger

Vor rund zwei Jahren wollten einige Schweizer und Schweizerinnen das Verkehrsproblem mit einer Verkehrshalbierungsinitiative lösen. Der Verkehrsminister musste dazu Stellung nehmen. Ich erspare Ihnen Details und gebe kein politisches Statement ab. Hellhörig machte mich aber, dass Bundesrat Leuenberger die Initiative als untauglich bezeichnete, weil damit die Freiheit zu stark eingeschränkt werde und - wie er es ausdrückte - wir nicht zurückkehren sollten zu einem "Gottesstaat mit seinen Geboten und Verboten". In einer Tageszeitung war dazu zu lesen:

Leuenberger ist überzeugt: Ohne Fahrverbote und andere Zwangsmassnahmen ist das Ziel des Volksbegehrens nicht zu erreichen. Also: "Zurück zum Gottesstaat mit seinen Geboten und Verboten? Das kann nicht sein", so der Verkehrminister.

Warum um alles in der Welt erinnert man sich beim Thema Gott zwangsläufig an Gebote und Verbote? Und was könnten wir denn tun, dass wir, die von diesem Gott so sehr geliebten Menschen, uns wieder auf seine Angebote besinnen würden? Ich kann Ihnen nicht schnelle, einfache und erst noch richtige Antworten geben. Aber ich zitiere einige Angebote und ermutige Sie zum Mit- und Nachdenken:

Zum negativ besetzten Thema Gottesstaat:

"Er wird allen helfen, die ihm mit Ehrfurcht begegnen, seine Macht und Hoheit wird wieder in unserem Lande wohnen. Dann verbünden sich Güte und Treue, dann küssen einander Gerechtigkeit und Frieden." (Psalm 85, Sätze 10-12)

Wie wäre es, wenn
- auf unseren Straßen Güte und Treue zusammenkämen
- in unserer Geschäftswelt das Recht vom Himmel herabblicken und die Treue aus unseren Banktresoren hervorsprießen würde
- auf unseren Pausenplätzen, in unseren Ehen und Familien sich Friede und Gerechtigkeit sich küssen
- jung und alt, links und rechts sich mit Güte begegnen
Wünschenswert, oder?

Zum negativ besetzten Begriff Gebote:

"Das Gesetz des Herrn ist vollkommen, es macht glücklich und froh. Auf seine Gebote kann man sich verlassen. Sie machen auch den klug, der bisher gedankenlos in den Tag hineinlebte. Die Ordnungen des Herrn sind zuverlässig, sie erfreuen das Herz. Die Befehle des Herrn sind klar; Einsicht gewinnt, wer auf sie achtet. Die Ehrfurcht vor dem Herrn ist gut, nie wird sie aufhören. Die Gebote, die der Herr gegeben hat, sind richtig, vollkommen und gerecht. Sie lassen sich nicht mit Gold aufwiegen, sie sind süßer als der beste Honig." (Psalm 19, Sätze 8-11)

Es wird vom Gesetz des Herrn berichtet, nicht von unseren Normen und Regeln und schon gar nicht von kirchlichen Auslegungen. Es wäre doch sehr entspannend, zu leben mit:
- erquickten Seelen (ausschließlich positiven, lebensbejahenden Mitmenschen)
- Unverständigen, die plötzlich voll Weisheit sind
- freudigen Herzen, leuchtenden Augen (keinen griesgrämigen Nörgler)
Wünschenswert, oder?

Ein persönliches Angebot:

"Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Frieden geben. Nehmt meine Herrschaft an und lebt darin! Lernt von mir! Ich komme nicht mit Gewalt und Überheblichkeit. Bei mir findet ihr, was euerm Leben Sinn und Ruhe gibt. Ich meine es gut mit euch und bürde euch keine unerträgliche Last auf." (Matthäus 11, Sätze 28-30)
Das ist doch ein Angebot, das zu prüfen sich lohnt.
Also: Herr Leuenberger hat wohl einen etwas unglücklichen Vergleich angestellt. Aber ich bin ihm deswegen nicht böse. Ich kann ihn sogar verstehen…

Johannes Zollinger, CH-Wädenswil
Selbstständiger Treuhänder
Mitglied des Stadtrates (Exekutive)
Präsident der Schulpflege
Vorstand IVCG Gruppe Zürich

Datum: 29.04.2002
Autor: Johannes Zollinger
Quelle: Reflexionen

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