Hoffnung durch Traktate

«Was ist mit Leuten, die keine christlichen Freunde haben?»

Seit einem Jahr ist der reformierte Pfarrer Michael Freiburghaus Präsident der Schweizerischen Traktatmission STM. Er ist begeistert von der Möglichkeit, Menschen mit kurzen christlichen Schriften zu erreichen. Sein Motto: «Das Gesagte vergeht, das Geschriebene bleibt!»
Michael Freiburghaus

Livenet: Michael Freiburghaus, für einen Pfarrer, der Sonntag für Sonntag eine Predigt im gesprochenen Wort hält, klingt dieser Satz «das Gesagte vergeht» nicht gerade motivierend...
Michael Freiburghaus: Das ist richtig. Es ist aber eine Tatsache, dass etwas, das nur gesagt wird, weniger stark haften bleibt. Deshalb gebe ich nach dem Gottesdienst in meiner Kirche oft ein Traktat ab, welches meine Predigt nochmals in wenigen Worten zusammenfasst. Nach meiner Erfahrung ist dies eine gute Ergänzung zur Predigt, die von den Besuchern geschätzt wird. Ich habe auch schon mehrere dünne Bücher zu Predigten herausgegeben. Diese sind bewusst sehr dünn gehalten. Ich denke, dass kurze Texte viel eher die Chance haben, überhaupt beachtet zu werden. Die Menschen werden ja mit Neuigkeiten und Reizen überflutet. Da haben es dicke Bücher schwer, noch gelesen zu werden.

Ist es nicht ungewöhnlich, dass ein reformierter Pfarrer mit der Schweizerischen Traktatmission STM ein Werk präsidiert, das klar Farbe bekennt und evangelistisch ausgerichtet ist?
Eigentlich nicht. Bei der STM wechseln sich Landeskirchenpfarrer und Freikirchenpastoren regelmässig in diesem Amt ab. Ich finde, Traktate passen durchaus zu einem reformierten Pfarrer. Der Ursprung der Traktate liegt ja eigentlich in der Reformation vor 500 Jahren. Damals breitete sich der christliche Glaube vor allem auf zwei Arten aus: durch Kneipenschlager, also Volkslieder mit glaubensvermittelnden Texten, und durch Traktate; zum Teil wurden auch Cartoons eingesetzt, um die Inhalte der Bibel zu vermitteln. Mich fasziniert die Möglichkeit, wie man mit einer christlichen Schrift in Kürze das Wesentliche des Evangeliums auf den Punkt bringen kann. Wenn man wenige Buchstaben zur Verfügung hat, wird jeder einzelne umso kostbarer. Das reizt mich beim Verkündigen des Evangeliums.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt die STM bei den Traktaten?
Pro Jahr geben wir 24 Traktate heraus. Aufhänger können allgemein menschliche Fragen, Gesellschaftsphänomene oder kurze Lebensberichte sein. Wir nehmen auch aktuelle Themen auf. Zum Beispiel führen wir momentan ein Traktat, das die Flüchtlinge thematisiert. Auch Feiertage eignen sich immer super, um die Botschaft zu den Menschen zu bringen. Es gibt viele Wege, das Evangelium auf einfache Weise zu erklären. Ein Traktat muss sicher immer spitz und pointiert formuliert sein. Es soll ein Impuls für den Start einer Beziehung mit Jesus setzen: Es ist eine Einladung zum Glauben.

Wie viele Traktate gibt die STM denn jährlich heraus?
Im letzten Jahr waren es rund 500'000 Traktate. In diesem Jahr könnten es mehr sein, weil das Traktat über Johannes 3,16 im Zusammenhang mit der AKTION 3,16 (Livenet berichtete) sehr guten Anklang findet. Dieses Traktat mussten wir bereits mehrmals nachdrucken lassen. Es ist toll, wie in dieser AKTION 3,16 viele Gemeinden und Christen zusammenarbeiten. Das hat grossen Schwung gegeben.

In diesem Jahr läuft die AKTION 3,16 in der Schweiz, nächstes Jahr steht dann das Reformationsjubiläum im Zentrum. Sind bei der Traktatmission auch schon Projekte dazu geplant?
Wir werden die 500 Jahre Reformation auf jeden Fall auch als STM feiern. Für mich ist die Reformation deshalb zentral, weil es die Wiederentdeckung des Glaubens war. Die Reformatoren waren so mutig, weil sie sich nicht aufhalten liessen, die Bibel als Grundlage zu nehmen und das Wort weiter zu verbreiten. Dafür haben sie ihr Leben riskiert.

Ich wünsche mir für 2017 eine Art zweite Reformation, bei der das Evangelium wiederentdeckt wird. Jeder einzelne Christ spielt im Allgemeinen Priestertum eine Rolle. Gerade jetzt, wo Gott die vielen Flüchtlinge – oft auch Muslime – zu uns schickt, sind wir gefragt. Das ist eine Chance, unseren Glauben zu bekennen! Ich bin überzeugt, dass dabei zum Beispiel arabische Traktate eine wichtige Rolle spielen werden.

Sehen Sie noch andere Möglichkeiten ausser Traktaten, wie diese Menschen erreicht werden können?
Da gibt es zahlreiche. Ich denke, wir brauchen unterschiedliche Evangelisationsarten für unterschiedliche Menschen. Das Traktat ist nur ein Kanal von vielen. Ich sehe auch, dass gerade die Freundschaftsevangelisation einen hohen Stellenwert hat. Doch die Möglichkeiten der Freundschaftsevangelisation hören irgendwann auf. Nach zehn Freunden hast du die Kapazitätsgrenze erreicht. Viel mehr schaffst du einfach als einzelner Christ nicht. Aber mit Traktaten kannst du in kurzer Zeit viel mehr Leute erreichen. Man muss auch bedenken, dass es in unserem Land Menschen gibt, die keine christlichen Freunde haben. Was ist denn mit ihnen? Dank christlichen Schriften kann auch so eine Person die rettende Botschaft des Evangeliums erfahren! Übrigens können auch schüchterne Personen ein Traktat verteilen oder einen Postversand in einer Stadt oder einem Dorf finanzieren. So kann jeder evangelistisch aktiv sein.

Datum: 31.08.2016
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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