Sprichwörtlich

Viele Redensarten haben ihren Ursprung in der Bibel

«Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt», stammt natürlich nicht aus der Bibel, sondern aus Friedrich Schillers «Wilhelm Tell». Doch viele Gedanken und Formulierungen, die selbstverständlich in unseren Sprachschatz gehören, haben ihren Ursprung in der Bibel.
Auf ein Wort! Sprechen Sie genug

Wer Goethes «Faust« und Schillers «Tell» liest, könnte meinen, dass die beiden Dichterfürsten hauptsächlich bekannte Zitate aneinandergereiht haben. Natürlich ist es andersherum: Ihre einprägsamen Gedanken haben sich unabhängig von den Werken verbreitet und sind längst zum Allgemeingut geworden. Dasselbe Phänomen finden wir in der Bibel. Viele Formulierungen und Redewendungen stammen aus dem Buch der Bücher. Manchen merkt man dies noch an, bei anderen ist es eher überraschend.

Was für ein Tohuwabohu

Wer das sagt, meint: Was für eine Unordnung. Der seltsame Begriff darin stammt übrigens aus dem zweiten Vers der Bibel. Das Hebräische «v’ha’arez hajtah tohu vavohu» wird nämlich mit der bekannten Einleitung der Schöpfungsgeschichte übersetzt: «Die Erde aber war wüst und leer» (1. Mose, Kapitel 1, Vers 2). Aber das hebräische Original klingt so lautmalerisch schön, dass es bis heute als biblischer Begriff über so manchem Kinderzimmer steht.

Zur Salzsäule erstarren

Wer so erstarrt, der hat meist eine schockierende Begegnung gehabt oder eine extrem erschreckende Nachricht erhalten. Jedenfalls ist er schier erstarrt vor Schrecken, wie gelähmt und sprachlos. Diese Redewendung bezieht sich ursprünglich auf eine Person in der Bibel, die im wörtlichen Sinne zur Salzsäule erstarrt sein soll: Lots Frau. In 1. Mose, Kapitel 19, Vers 26 wird das beschrieben. Lot und seine Familie fliehen aus der schrecklichen Umgebung der Städte Sodom und Gomorrha, bevor Gott diese durch Feuer zerstört. Gottes Befehl ist klar: Fliehen sollen sie und nicht zurückschauen (Vers 17). Doch Lots Frau kann nicht widerstehen; sie dreht sich um und erstarrt zur Salzsäule.

Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein

Aussagen wie diese sind sehr spannend. Sie sind «biblisch», denn wir finden sie praktisch nur in der Bibel. Aber sie stammen aus dem Buch der Sprüche, in dem Salomo eigene Gedanken und Weisheiten anderer versammelte. Vielleicht war es also ein Spruch, der schon lange vor der Bibel verbreitet war. Die Aussage zu den selbstzerstörerischen Folgen von bösen Absichten steht übrigens in Sprüche, Kapitel 26, Vers 27

Jemandem die Leviten lesen

Wer das tut, der weist den anderen zurecht, ermahnt ihn, schimpft bzw. ruft ihn zur Ordnung. Die Redewendung stammt aus dem Mittelalter. Nach dem Alten Testament war der israelitische Stamm der Leviten (also der Nachfahren Levis) für den Tempeldienst verantwortlich und dafür, dass das Volk die Gesetze hielt. Diese standen unter anderem im 3. Buch Mose (lateinisch: Leviticus). Bischof Chrodegang von Metz wollte im achten Jahrhundert die Mönche in seinem Kloster nun sehr deutlich darauf hinweisen, dass sie die biblischen Vorschriften einhalten sollten. Also liess er ihnen die Gesetze vorlesen, gefolgt von Mahnungen und Strafpredigten. Diese Übung ist längst nicht mehr üblich, die Redewendung hat sich dagegen bis heute gehalten.

Einen Sündenbock suchen

Der Sündenbock ist sprichwörtlich jemand, der für etwas verantwortlich gemacht wird, wofür er keine Schuld hat. Die Redensart geht auf eine biblische Anweisung zum Versöhnungstag zurück. Da wurde einem Ziegenbock symbolisch die Sünde des ganzen Volkes auferlegt, bevor er «in die Wüste geschickt» wurde (übrigens noch eine Redewendung aus der Bibel!). Diese symbolische Handlung der Bibel in 3. Mose, Kapitel 16, Vers 1-10 trieb im Mittelalter seltsame Blüten. Wenn bei einem Prozess der Schuldige entweder nicht bekannt war oder nicht verurteilt werden sollte, wurden stattdessen Tiere angeklagt: Schweine wegen Kindstötung bzw. Heuschrecken, Mäuse, Wölfe oder eben Sündenböcke wegen aller möglichen Vergehen. Diese Prozesse fanden übrigens bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts statt.

Von Pontius zu Pilatus gehen

Die Redewendung beschreibt jemanden, der von einem zum anderen geht, ohne dabei etwas zu erreichen. Was sich auf manchem Amt als alltäglich zeigt, hat seinen Ursprung in der Zeit vor der Kreuzigung von Jesus. Er wird als Hochverräter angeklagt, doch Pontius Pilatus sieht zunächst keinen Grund, ihn zu verurteilen. Der judäische Statthalter empfindet sich nicht als zuständig und schickt Jesus zum Landesfürsten Herodes, der ihn allerdings wieder zu ihm zurückschickt (Lukas, Kapitel 23, Vers 1-12).

Noch viele andere Gedanken haben ihren Ursprung in der Bibel. Das reicht von A bis Z von «Auf Herz und Nieren prüfen» (Psalm 7, Vers 10) bis zum grünen Zweig, auf den man nicht kommt (Hiob, Kapitel 15, Vers 32).

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Datum: 07.08.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet, Deutsche Bibelgesellschaft

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