Forum gibt Orientierungshilfe

Umgang mit Homosexualität: Von Jesus lernen

Mit einem Forum zum Thema Homosexualität in Kassel hat der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden) in Deutschland versucht, Gemeinden in ihrer Urteilsbildung zu helfen. Das Thema wird innerhalb der Freikirche seit Jahren kontrovers diskutiert.
Horst Afflerbach
Olaf Kormannshaus
Hartmut Riemenschneider

Die beiden Referenten, der Leiter der Biblisch-Theologischen Akademie im Forum Wiedenest (früher: Missionshaus Bibelschule Wiedenest), Horst Afflerbach, und der Leiter des Instituts für Seelsorge und Psychologie der Freikirche, Olaf Kormannshaus, gaben Impulse zur Weiterbeschäftigung mit dem Thema aus Sicht der Bibel und der Humanwissenschaften.

Die Bibel sagt nichts über homosexuelle Orientierung von Menschen

Afflerbach ging auf alle relevanten Bibeltexte zum Thema ein und erklärte sie in ihrem zeitgeschichtlichen und heilsgeschichtlichen Zusammenhang. Die Bibel ist für ihn das geschriebene Wort Gottes, dem er sich verpflichtet wisse. Nach seinen Worten werden im Alten und Neuen Testament ausschliesslich homosexuelle Akte beschrieben, die als Sünde und mit dem Willen Gottes als unvereinbar gewertet werden. Doch über die homosexuelle Orientierung von Menschen sage die Bibel nichts. Afflerbach: «Der biblische Befund führt in die Spannung von vorbehaltloser Annahme homosexueller Menschen und Ablehnung homosexueller Praxis.» Was das für die Gemeindepraxis bedeute, müssten die Gemeinden in intensiven Beratungsprozessen für sich selbst entscheiden.

Gegen selektive Bibelstellen-Theologie

Afflerbach wandte sich dabei gegen eine selektive Bibelstellen-Theologie. Wenn man etwa darauf hinweise, dass gleichgeschlechtlicher Sexualverkehr vor Gott ein Gräuel sei, dürfe man nicht ausser Acht lassen, dass das Wort Gräuel 117 Mal im Alten Testament vorkomme und sich auch auf Götzendienst, Kinderopfer, Zauberei, Wahrsagerei, Toten- und Geisterbeschwörung, Ehebruch, Inzest etc. beziehe. Auch der Verzehr von Hasen- und Schweinefleisch, das Tragen von Männerkleidung bei Frauen und die Wiederheirat geschiedener Frauen seien verboten gewesen. «Es gibt viele Dinge in der Bibel, die heute für Christen nicht mehr relevant sind, weil sie durch Christus erfüllt worden sind», so Afflerbach.

Spannung zwischen Gottes Heiligkeit und Erbarmen nicht auflösbar

Gemeinden, die aufgrund ihres Leitbildes von Ehe Homosexuelle ablehnten, müssen das so kommunizieren, dass diese nicht diskriminiert werden. Und Gemeinden, die trotz ihres Leitbildes von Ehe Homosexuelle aufnehmen wollten, müssten erklären, wie sie zwei unterschiedliche ethische Modelle biblisch begründen wollten. Man könne die Spannung von Gottes Heiligkeit und Erbarmen nicht auflösen. Sünder anzunehmen und Sünde abzulehnen, bleibe die Herausforderung für alle Christen, wie Jesus selbst gezeigt hat.

Keine neuen Erkenntnisse über die Entstehung von Homosexualität

In den letzten zehn Jahren habe es keine neuen Erkenntnisse gegeben, wie Homosexualität entstehe, erläuterte der Leiter des Instituts für Seelsorge und Psychologie des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinen, Olaf Kormannshaus: «Wir wissen nichts.» Doch die Gesellschaft habe zuvor bereits einen tiefgreifenden Wandel vollzogen. Homosexuelle Beziehungen gehörten heute zur Normalität in Deutschland. Doch erst 1994 wurde der sogenannte «Schwulenparagraf» 175, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte, aus dem Gesetz gestrichen. Zuvor wurde Homosexualität als Krankheit oder neurotische Störung betrachtet. Er frage sich, so Kormannshaus, ob es möglich sei, in einer christlichen Gemeinde sowohl diejenigen in Seelsorge und Gebet zu begleiten, die unter ihrer Homosexualität leiden und sie verändern wollen, als auch andere zu ermutigen, ihre Homosexualität anzunehmen und ebenfalls seelsorgerlich zu begleiten.

Ehrenamtliche Mitarbeit Homosexueller ist möglich

Der bisherige Präsident der Freikirche, Hartmut Riemenschneider, erinnerte daran, dass das Präsidium im Frühjahr 2013 einen offenen Brief zur Homosexualität veröffentlicht hat. Darin sprach sich das Leitungsgremium für die ehrenamtliche Mitarbeit Homosexueller in der Gemeinde aus. Eine hauptamtliche Mitarbeit oder Ordination sei für praktizierende Homosexuelle aber nicht möglich.

Zum Thema:
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Datum: 19.05.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea

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