Hemmungsloser Griff zum Leben

aerzte

Die Entmenschlichung unserer Gesellschaft wächst verschleiert. Abtreibung? Gut für Mütter, die kein Kind wollen. Retorten-Befruchtung? Gut für unfruchtbare Paare. Stammzellenforschung? Gut für Menschen mit schweren Krankheiten. Euthanasie? Gut für unheilbar Kranke. Es gibt nur eine Möglichkeit, sich gegen diese Flutwelle zu stemmen: mit Sicherheit darauf zu beharren, dass jeder Mensch absolut einzigartig und wertvoll ist. Worauf stützt sich diese Überzeugung? Auf die biblische Offenbarung, nach der jeder Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist (1. Mose 1,27).

Wäre der Mensch nicht nach dem Bild Gottes geschaffen, hätten die darwinistisch denkenden Humanisten Recht. Dann wäre eine Ethik logisch, die es als gut erachtet, unvollkommenes, einschränkendes, unproduktives, krankes und schwaches Leben zu vernichten. Im Grunde kann dann jede Person ausgemerzt werden, wenn es die sozialen und wirtschaftlichen Umstände nahe legen.

Wann beginnt ein Menschenleben? Seit der genetischen Erforschung des menschlichen Erbguts ist die Antwort gegeben: Vom Moment der Befruchtung an. Warum? Weil nichts Neues mehr hinzukommt. Alle Anlagen der Person sind da. Es entsteht nicht irgendein Mensch, sondern ein ganz bestimmter. Auf kleinstem Raum sind seine Merkmale gespeichert: die Farbe seiner Augen und Haare, die Körpergrösse mit 20, die ganze Information der Persönlichkeit.

Vom Zeitpunkt der Befruchtung an setzt eine stürmische Entwicklung ein. Was in den ersten Tagen wie ein kleiner Ball aussieht, formt sich zum Menschen. Die Lebenskraft ist unbändig. Fast explosionsartig vermehren sich die Zellen. Nicht irgendwie, sondern nach Plan. Die in den Zellkernen sitzenden Hox-Gene sind die Baumeister. Sie kommandieren, welche Stammzellen zu Fusszellen werden, welche zu Herz- oder zu Augenzellen. Und das nicht nur wo und wie, sondern auch noch wann!

Schon am 21. Tag nach der Befruchtung beginnt das Herz des neuen Menschen zu schlagen, nach sieben Wochen funktionieren seine Organe. Diese Entwicklung dauert fort bis ins hohe Alter und endet erst mit dem Tod. So klein er auch sein mag – der Embryo kennt nur ein Ziel: Er will leben. Eine Abtreibung ist nicht das «Wegmachen eines befruchteten Eis» oder «Zellklumpens». Sie ist das gewaltsam provozierte Ende eines wachsenden Menschen. Jeder von uns war mal ein Embryo.

Der Griff zum Leben erfolgt längst nicht mehr nur bei der Abtreibung. Die Entmenschlichung verläuft auch auf therapeutischer Ebene. Aus der Intimität des Mutterleibs geholt, wird der menschliche Embryo zur «Manipuliermasse der Wissenschaftler» («Facts»). Viele Pioniere der Retortenbefruchtung arbeiten heute in der Stammzellenforschung. «Überzählige» Embryonen wandern in die Experimentierlabors. Dort werden die ins Leben gezwungenen Embryonen zerschnipselt, gemixt und stückweise verkauft.

Abtreibung bringt Freiheit ... Freiheit, die dem ungeborenen Menschen das Leben kostet. IVF schafft Leben ... die «überzähligen» Embryonen werden zur Handelsware und Experimentiermasse. Stammzellenforschung ist notwendig ... So «nötig», dass die Ehrfurcht vor dem Leben unter die Räder des menschlichen «Gutseins» gerät. – Heiligt der Zweck die Mittel, wissen wir wirklich noch, was gut ist?

Unerwartet deutlich waren die Pfingstbotschaften der katholischen wie der evangelischen Kirche Deutschlands. Kardinal Karl Lehmann warnte vor der menschlichen Selbstüberschätzung: «Gerade heute sind wir in Gefahr, dass wir uns zu Herren der Welt und des Lebens aufspreizen und uns dabei übernehmen.» Er mahnte, gegenüber dem ungeborenen, ohnmächtigen Kind eine Art «kreatürliche Demut» zu bewahren.

Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner verurteilte öffentlich Manipulationen am Anfang und am Ende des menschlichen Lebens. Lebensverhinderung vor der Zeugung und Lebensbeseitigung nach der Zeugung hätten dazu geführt, dass «man kaum noch Hemmungen hat, Menschen als Embryonen künstlich zu produzieren, um sie dann als Ersatzteillager für beschädigte Existenzen zu gebrauchen – das heisst: zu missbrauchen». Die Menschen seien damit «bei einer Art von Kannibalismus angelangt».

Manfred Kock, Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland, sprach sich ebenfalls gegen Sterbehilfe und Embryonenforschung aus: «Der christliche Glaube sperrt sich gegen den Missbrauch menschlichen Lebens als Biomasse.»

Die Menschenwürde und das Recht auf Leben hochhalten, damit die Menschen auch als das behandelt werden, was sie sind – nämlich geschaffen nach dem Bild Gottes – diese Kraft müssen Christen aus Gottes Wort schöpfen und leben. Tun sie es nicht, werden sie in der grössten moralischen Prüfung zu Beginn des 3. Jahrtausends durchfallen. Die «humanen» – für die Schwächsten aber tödlichen – Argumente, werden sich durchsetzen, und zwar mit schwer wiegenden Folgen für die kommenden Generationen.

Unsere Generation ist jenen Christen dankbar, die den Kampf gegen die Sklaverei nicht scheuten oder sich dem Nazitum unter Preisgabe ihres Lebens widersetzten. Unsere Nachkommen werden auch einmal zurückblicken und darauf achten, welchen Standpunkt wir in den entscheidenden Fragen rund um die Würde des Menschenlebens eingenommen haben. Sie werden sich fragen: Wie ist man zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit dem Menschen umgegangen? Je nachdem werden sie unsere Zeit als human oder destruktiv interpretieren und – sie werden auch ein Urteil über Christus und die Bibel fällen. Werden sie einst feststellen, dass die Christen zu Beginn des 3. Jahrtausends als «Salz der Erde» wirkten, indem sie sich für den Schutz des Lebens in jeder Form einsetzten?

Die Heilige Schrift ist in allen Teilen wahr. Dieses Fundament, die einzige Hoffnung, darf nicht durch die historisch-kritische Theologie abgesetzt oder in ihrer Bedeutung gemindert werden. Wer sie als Ganzes ernst nimmt, dem bietet sie die Wahrheit der Errettung an und auch die Basis, auf der das tägliche Leben bestritten werden kann und eine gesunde Ethik vermittelt wird.

Christus als Erlöser zu verstehen, heisst gleichzeitig, ihn als Herrn über mein Leben anzuerkennen. Dann ist Christus mit dabei im Gespräch mit den Arbeitskollegen und beim Mitdenken mit der Regierung. Als Staatsbürger gilt es, die Gesetze zu kennen. Sollten sie den biblischen Begriffen von Gerechtigkeit und Menschlichkeit widersprechen, sollte man Schritte unternehmen, sie zu ändern. In der Arbeitswelt kann das Zu-Christus-gehören bedeuten, dass eine Hebamme keine Anstellung mehr findet, weil sie bei Abtreibungen nicht mitmacht, genauso für einen Arzt.

Francis Schaeffer schrieb: «Letztlich ist die Welle des Humanismus mit ihrer zunehmenden Unmenschlichkeit nicht nur ein kulturelles Übel, sondern ein geistliches Problem, das nur Christus allein heilen kann.» Er hat Recht. Vor allem anderen gilt es, den Menschen zu helfen, die Wahrheit des christlichen Glaubens zu erkennen, damit sie Christus als ihren Erlöser annehmen. Gleichzeitig gilt es, sich gegen die Unmenschlichkeit in jeder Form zu erheben.

Das Magazin «factum» engagiert sich seit 20 Jahren für die Unantastbarkeit des Lebens. Sei es im Bereich der Abtreibung, der In-vitro-Befruchtung, der Stammzellenforschung oder der Euthanasie. Im Schöpfungsbericht (1. Mose 1,27) steht: «Gott schuf den Menschen nach seinem Bild.» Das Leben ist heilig, weil es von Gott gewollt ist. Es ist geschaffen, geistgewirkt.

Ehrfurcht vor dem Schöpfer schützt das menschliche Miteinander. Menschlicher Not darf nicht auf Kosten schwächerer Glieder begegnet werden. Die Starken sollen die Schwachen tragen. Was zerbrechlich ist, soll beschützt werden. Abtreibung bedeutet den Tod eines neuen Menschen. Zu dieser Todesmentalität sagen wir «Nein». Wir brauchen eine neue Kultur des Lebens in der Verantwortung vor Gott und dem Nächsten. Diesen Weg verfolgt in der Schweiz die Initiative «Für Mutter und Kind».

Datum: 26.04.2002
Autor: Rolf Höneisen
Quelle: factum Magazin

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