Arabische Christen

Die Hoffnung stirbt zuletzt

2012 hat sich die Lage der Christen im arabischen Raum dramatisch verändert. Fast überall hat der hoffnungsvolle demokratische Aufbruch eine politislamische Schlagseite bekommen. Doch vielleicht gehen viele Kirchen gestärkt aus dieser Prüfung hervor.
Der arabische Frühling hat seine Ziele verfehlt: Protest auf dem Kairorer Tahrir-Platz

Dazu kommt, dass gleich drei grosse orientalische Kirchen ihre langjährigen Oberhirten verloren haben. Als erster starb in Ägypten im März Schenudah III., Patriarch der koptischen Christen. Wegen der politischen Wirren erhielt er erst nach acht Monaten einen Nachfolger: Tawadros II. Er sieht sich mit einer noch nie dagewesenen Bedrohung der ägyptischen Christenheit durch die Muslimbrüder konfrontiert.

Der Patriarch von Syriens othodoxen Christen, Ignatios IV., verstarb Anfang Dezember als Flüchtling in Libanon. Die wachsende Bedrohung seiner Gläubigen durch islamistische Aufständische gegen das Regime von Damaskus hat dem 92jährigen das Herz gebrochen. Er erhielt wenigstens auf der Stelle einen Nachfolger: Johannes X. Yazigi, bisher als Diasporabischof in Paris auch für die Schweiz zuständig.

Kranker christenfreundlicher Präsident

In Bagdad ist das geistliche Oberhaupt der noch immer stärksten christlichen Gemeinschaft, der Chaldäer, vor Weihnachten zurückgetreten: Der Patriarch von Babylon, Emmanuel III. Delly, nahm seinen 85. Geburtstag zum Anlass für diesen Schritt. Er hatte die Kirche ostaramäischer Tradition seit 2003 durch die schweren Zeiten von Terror und Vertreibung nach dem Sturz Saddam Husseins geleitet. Sein Nachfolger soll am 28. Januar gewählt werden. Es ist ziemlich offen, wer Emmanuels schweres Erbe antreten wird. Der kritische Gesundheitszustand des christenfreundlichen irakischen Präsidenten Jalal Talabani, eines Kurden, tut ein übriges, um die letzten im Irak gebliebenen Christen noch mehr zu verunsichern.

Tunesiens Nahda-Partei

In Tunesien regiert mit der Nahda-Partei ein Ableger der Muslimbruderschaft. Die sozialen Verhältnisse rutschen immer tiefer ins Arge, die Volkswut tobt sich an Juden und Christen aus: Katholische Priester werden ermordet, orthodoxe Kirchen gesprengt. Ungeschoren sind bisher nur die wenigen Reformierten davongekommen.

Ägyptens 12 Millionen Kopten

Hat in Tunesien nur ein kleiner Rest von Christen zu leiden, so sind es in Ägpten immerhin zwölf Millionen, die dort der inzwischen totalitären Herrschaft der Muslimbrüder ausgeliefert sind. Die neue Verfassung mit islamischen Recht degradiert vollends Kopten und andere Konfessionen zu Bürgern zweiter Klasse mit eng begrenzter Kultfreiheit. Dabei hatte die Kairoer Revolution von 2011 gleiche Bürgerrechte für alle und volle Religionsfreiheit versprochen …

Die einzige, aber grosse Hoffnung liegt in Gottes weiser und mächtiger Vorsehung. Immer ist seine Kirche aus solchen Prüfungen und Verfolgungen gestärkt hervorgegangen. Vielleicht sind wir nun gefordert, die lang hinausgeschobene geistige Auseinandersetzung mit dem Islam endlich anzupacken!

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Datum: 22.12.2012
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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