Rückkehrer in Karamles

«Es ist unsere Aufgabe, als Christen hier zu leben»

Irak: Die Einwohner und Rückkehrer der vor einem halben Jahr befreiten assyrisch-christlichen Stadt Karamles beginnen mit dem Wiederaufbau. «Alles was ich tun kann, ist, auf Gott vertrauen», sagt Rückkehrer Pastor Thabe. Und Noeh (12) inspiziert die Schule, die durch den Islamischen Staat in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Noeh schaut auf Karamles

In Karamles, 30 Kilometer südlich der noch umkämpften Stadt Mossul, soll nach den Sommerferien die Schule wieder eröffnet werden. «Es gibt noch viel zu tun», sagt Noeh (12) bei einem Rundgang durch die Stadt. Die cremefarbigen Wände des Schulgebäudes, die noch stehen, sind von Rissen überzogen und das zwischen dem Beton und dem Schutt auf dem Fussboden hervorwachsende Unkraut ist hochgesprossen.

Sichtlich erfreut läuft er über den Spielplatz – zum ersten Mal seit er 2014 vor dem Islamischen Staat flüchtete.
Seither lebten er und seine Familie in Lagern für Binnenflüchtlinge in der Stadt Erbil, rund 70 Kilometer südöstlich der Heimat. Dort besuchte Noeh eine Schule für Flüchtlingskinder, die bald geschlossen werden soll.

Noch sind Bomben zu hören

In einer Ecke des Spielplatzes blickt er durch eine offene Tür in sein altes Klassenzimmer. Die Pulte und Stühle sind noch vorhanden und warten auf die Schüler. Noeh kann nur einen bereits gesicherten Teil des Areals begehen: «Der IS ist hier gewesen und könnte Bomben versteckt haben.»

Die Rückkehrer leben noch in Sorge. Wenn der Wind aus dem Westen kommt, trägt er die Geräusche der detonierenden Bomben aus Mosul mit sich.

Pastor Thabe, der chaldäische Priester, der mit seinen Leuten nach Erbil floh, ermutigt sie nun zurückzukehren und beim Wiederaufbau von Karamles mitzuhelfen.

Dank Glaube wieder da

Pastor Thabe räumt ein, dass manchmal Angst vorhanden ist. «Ja, natürlich; das ist normal. Aber die Lage war für Christen im Irak immer instabil. Alles, was ich tun kann, ist auf Gott zu vertrauen.»

Während die Rückkehrer ihre Häuser wieder aufbauen, fragen sie sich manchmal, ob der IS zurückkehrt. «Die Sicherheitslage bessert sich und das setzt sich fort, wenn wieder mehr Menschen in der Stadt wohnen.»

Vater Thabet hält weiter fest: «Es ist unsere Aufgabe, hier an diesem Ort als Christen zu leben, dem Ort, wo sich die Wurzel des Christentums befindet. Ohne Glauben habe ich keinen Grund, hierzubleiben. Aber ich habe Glauben, deshalb bin ich hier.»

Gegenseitiger Ansporn

Er hofft, dass die ersten Bewohner ihre Häuser bald wieder beziehen können, und freut sich, dass 250 Familien die Rückkehr zugesagt haben. «Die Kirche spornt die Leute an, aber die Leute spornen auch die Leiter der Kirche an, die Häuser wieder bewohnbar zu machen.»

Wer an seinem Haus arbeitet, kann im Rückkehrzentrum neben der Kirche übernachten. Es hat jetzt einen Generator, die erste Stromquelle der Stadt, die wie ihre Nachbarstadt Karakosch wieder gebaut wird.

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Datum: 30.06.2017
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Open Doors

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