Gottesnachweis per Experiment?

Gott existiert, sagt Frank Tipler.
Frank J. Tipler

Kann man die Existenz Gottes physikalisch ableiten? Frank J. Tipler befindet die Wunder der Bibel unter Anwendung physikalischer Gesetze für möglich und ist damit höchst umstritten. Für die aktuelle Debatte um die Wissenschaftlichkeit der Religion liefert Tipler herausfordernden Gesprächsstoff.

Wissenschaft und Religion stehen sich nicht entgegen, sondern sind vielmehr zwei Seiten einer Medaille, so die These des Physikers Frank Tipler. In seinem Sachbuch "Die Physik des Christentums" versucht er nachzuweisen, dass die Wunder des Neuen Testaments den physikalischen Gesetzmässigkeiten nicht widersprechen.

"Gott physikalisch herleitbar"

"Die Physik des Christentums", sein gut vierhundert Seiten starkes Buch, bestätigt: Für Tipler sind Aussagen der Physik und Aussagen des christlichen Glaubens zwei Seiten ein und derselben Medaille. Für den Professor der mathematischen Physik an der Tulane University in New Orleans die Existenz Gottes physikalisch herleitbar, laut Untertitel per Experiment.

"Die Kosmologische Singularität - die vollendete Unendlichkeit, der Ursprung von allem ausserhalb von Raum und Zeit - ist der jüdisch-christliche Gott." Auf diese Eingangsthese entfaltet der Autor sein Gottesbild. Um der Trinitätslehre (Gott Vater, Jesus und der Heilige Geist sind vereint in Gott) nahe zu kommen, postuliert Tipler aus Einsichten der Physik.

"Die Drei sind Eins“

Eben das behauptet auch die christliche Lehre im Blick auf den dreifaltigen Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist. In den Folgekapiteln widmet sich der Autor weiteren physikalisch-theologischen Analogien (Analogie bezeichnet in der Philosophie eine Form der Übereinstimmung von Gegenständen hinsichtlich gewisser Merkmale. Im Mittelalter spielte die Analogie eine grosse Rolle im Zusammenhang mit der Frage, wie sinnvoll über Gott geredet werden könne), insbesondere im Blick auf Wunder. Hier rangiert der Stern von Bethlehem neben jungfräulicher Geburt, Inkarnation und Auferstehung Jesu Christi.

Für Goethe waren Wunder noch "des Glaubens liebstes Kind", für Tipler sind sie "Manifestationen einer direkten Einwirkung Gottes auf die materielle Welt - nicht in einer Verletzung physikalischer Gesetzmässigkeit, sondern in Übereinstimmung mit ihr".

Glauben experimentell nicht überprüfbar

Man kann Tipler, der die letzten Tage der Menschheit kommen sieht, zugute halten, dass er sich in das verödete Steppenland begibt, in das sich Bewohner der Randstädte namens Naturwissenschaft und Theologie allzu selten wagen. Sein Ruf erschallt nicht ungehört in beiden Lagern, provoziert aber eher Widerspruch denn Applaus.

Wer Glauben, insbesondere den Akt des Vertrauens, als "experimentell überprüfbare Wissenschaft" versteht, geht an Gottes Absichten vorbei. Den Glauben, ist Vertrauen auf das, was uns Gott in der Bibel mitgeteilt hat. Hier können keine wissenschaftliche Experimente alles klar machen. Der Glaube nimmt vertrauend an, was ihm geboten wird; die Vernunft überprüft die Wahrnehmung und urteilt, ob der Glaube etwas für mich ist.

Von Seiten der Physik ist dem Autor vorzuhalten, dass er seine Interpretationen physikalischer Experimente und Ideen allzu fraglos und undifferenziert als allgemeingültige Theorien und Fakten ausgibt, so etwa die "von der Physik vorhergesagte Endzeit der Menschheit", bei der Gott persönlich eingreifen wird. Trotzdem, ein lesenswertes Buch.

Frank J. Tipler: Die Physik des Christentums
Ein naturwissenschaftliches Experiment
Piper Verlag, München/Zürich 2008, 429 Seiten, 22,90 Euro

Quelle: Deutschlandradio/Livenet

Datum: 15.04.2008

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