Es geht nicht darum, dass der Roman in irgendeiner Beziehung "total genial" ist, wie einer der Rezensenten im Klappentext des Schutzumschlags (des amerikanischen Originals) schwärmte.11 Dazu sind die Charaktere zu farblos dargestellt, wobei die allzu lange Aneinanderreihung von Hinweisen in der Handlung fast schon Langeweile aufkommen lässt, so dass der Leser auf den letzten Seiten am liebsten ausrufen möchte: "Genug, es reicht!" Das Ende des Romans ist ebenfalls eine grosse Enttäuschung: Während wir uns durch mehr als 500 Seiten kämpfen, suchen wir den entscheidenden Höhepunkt, auf den alle Anhaltspunkte angeblich hinzielen. Doch am Ende stellen wir lediglich fest, dass sich dieser Höhepunkt vor unseren Augen in Luft auflöst, noch ehe wir ihn erreichen. Die erwarteten Überreste der Hauptperson tauchen genauso wenig auf wie die Truhen voller "Sangreal-Dokumente", die angeblich die Bedeutung dieser Überreste nachweisen. Man hat den Eindruck, dass sich die Story des Autors totläuft, nachdem er die Irrungen und Wirrungen ihrer komplizierten Handlung ausgereizt hat: Er beschliesst, ihr noch schnell einige unvollendete Schlussszenen anzufügen und sich aus dem Staub zu machen. Wer will andererseits angesichts des Romanerfolgs Kritik üben? Für buchstäblich Millionen von Lesern ist Sakrileg eine fesselnde Lektüre. Doch eines ist überdeutlich: Dieser Roman hätte als einfacher, gut geschriebener Krimi nie einen solchen Erfolg gehabt, wenn Brown darin nicht seine unbegründeten Breitseiten gegen den christlichen Glauben abfeuern würde. Obwohl seine sensationsgierigen Behauptungen für die zentrale Handlung vielleicht nicht gebraucht werden, sind sie für das Publikum, das hinter vielen ungeklärten Vorgängen nur zu gern eine Verschwörung sieht, von entscheidender Bedeutung. Diesbezüglich könnten Sakrileg-Fans rasch antworten: "He! Seien Sie nicht so humorlos! Das ist doch nur frei erfunden!" Wenn aber Fiktion als Fakt an den Mann gebracht wird, geht es um mehr als um eine blosse Story, weil das Ganze grossen Schaden anrichten kann. Autor: Paul L. Maier Fussnote:
Quelle: Dan Browns Sakrileg, Hank Hanegraaff & Paul L. Maier, CLV , ISBN 3-89397-553-5
11: Der Bestsellerautor Nelson DeMille in der New York Times.
Datum: 06.03.2006
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit