"Da Vinci Code": Knisternde Spannung und skandalträchtige Gerüchte

Maria Magdalena, gespielt von Monica Belushi im Film Die Passion Christi.
Da Vinci Code
Büste von Konstantin
Opus Dei
Rolf Pitsch
Leonardo da Vinci Abendmahl im Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grade, Mailand

Die Gotteslästerung steht auf Seite 342: "Christus und Maria Magdalena müssen ein Kind gehabt haben", offenbart der Symbol-Experte und Harvard-Professor Robert Langdon seiner hübschen Begleiterin Sophie Neveu. Und wenige Zeilen später ist von der "grössten Verschleierungsaktion in der Geschichte der Menschheit" die Rede.

Harter Tobak für manche Christen, die sich in ihrem Glauben herabgesetzt fühlen. Spannende Lektüre für die meisten der über 48 Millionen Buchkäufer weltweit, die inzwischen eine Ausgabe des Thrillers "Sakrileg" von Dan Brown erworben haben - darunter auch viele Christen.

Schnitzeljagd durch Religions- und Kunstgeschichte

Seit das unter dem Titel "The Da Vinci Code" erschien, haben selbst Leute, die sich sonst nicht für Religion oder Kunstgeschichte interessieren, im Lexikon Begriffe wie "Maria Magdalena", "Heiliger Gral" oder "Leonardo da Vinci" nachgeschlagen oder eine Reproduktion von da Vincis "Das letzte Abendmahl" angeschaut. Und es werden wohl noch mehr werden, wenn der mehr als 180 Millionen Franken teure Hollywood-Film "Der Da Vinci Code" mit Tom Hanks und Audrey Tautou am 18. Mai weltweit in die Kinos kommt.

Leser und Zuschauer müssen sich auf eine rasante Schnitzeljagd durch Religions- und Kunstgeschichte sowie die Wissenschaft von der Entschlüsselung gefasst machen. Dan Brown weiss, wie man Tempo macht und den Adrenalin-Spiegel seiner Leser hoch hält. Auch wenn er bisweilen über das Ziel hinausschiesst. Klare, präzise Sätze, kurze Kapitel, die ausgerechnet in der atemraubendsten Situation abbrechen, verblüffende Buchstabenrätsel und Verfolgungsjagden nach James-Bond-Manier - "Sakrileg" und seine drei weiteren Romane "Illuminati", "Meteor" und "Diabolus" sind geradezu prädestiniert für eine Verfilmung.

Sions-Bruderschaft und Opus Dei

Jahrhunderte lang, so liest man in "Sakrileg", habe die Kirche das Geheimwissen von Jesus und Maria Magdalena und ihren Nachkommen mit Feuer und Schwert auszurotten versucht und damit auch das weibliche Element im christlichen Glauben bekämpft. Trotz vieler Gewalttaten und Morde vergeblich. Denn die Nachkommen Jesu wurden von der aufklärerischen Geheimorganisation des "Ordens der Bruderschaft von Sion" geschützt, deren prominenter Grossmeister unter anderem Leonardo da Vinci gewesen sein soll.

Doch ausgerechnet jetzt bietet sich die Chance: Das Opus Dei ist der Sions-Bruderschaft dicht auf den Fersen. Im Pariser Louvre wird der letzte Hüter des Geheimwissens, Museumsdirektor Jacques Sauniere, vor dem berühmten Bild der "Mona Lisa" von einem brutalen Mitglied des Opus Dei ermordet. Doch vor seinem Tod gelingt es Sauniere, der der letzte Grossmeister der Sions-Bruderschaft ist, verschlüsselte Hinweise auf sein Wissen zu hinterlassen. Für den Entzifferungs-Spezialisten Robert Langdon beginnt ein spannendes Wettrennen gegen das Opus Dei und die Polizei.

Erfindung und Fakten

Die Kirche, ein finsterer Männerbund? Ein Kaiser Konstantin, der auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 im Handstreich Jesus zum jede Sexualität zurückweisenden Gott machte, die Bedeutung des Weiblichen im Christentum unterdrückte und alle anderen Evangelien kurzerhand verbot und verbrannte? Für viele Kirchenkritiker und Liebhaber von Verschwörungstheorien ein dankbarer Stoff. Dan Brown selber allerdings will davon nichts wissen: "Die Personen im Buch sind Erfindung", sagt er im Interview. Er habe "Sakrileg" geschrieben, um über bestimmte Aspekte der christlichen Geschichte neu nachzudenken. Dass dabei Fakten und literarische Erfindungen wild zusammen gewebt wurden, bestreitet er nicht. Das ist ja auch nichts Unehrenhaftes für einen Roman-Autor, der gar nicht für sich in Anspruch nimmt, historische Wahrheit und Wissenschaft zu transportieren.

Dabei ist die Geschichte über die Liebesbeziehung von Jesus und Maria Magdalena nicht neu: Die Wandlung Maria Magdalenas von der Hure zur ehrbaren Jesus-Geliebten ist schon häufig in der Literatur thematisiert worden. Ausgangspunkt sind fast vergessene Texte der frühchristlichen Sekte der Gnostiker aus dem 2. Jahrhundert.

Als "Philippus-Evangelium" bekannt geworden, berichten sie in koptischer Sprache, dass Jesus seine Gefährtin Maria Magdalena häufig auf den Mund geküsst habe. Mehr war nicht. Dennoch haben die BBC-Autoren Michael Baigent und Richard Leigh in ihrem Mitte der 80er Jahre erschienen dubiosen Buch "Der Heilige Gral und seine Erben" daraus eine angeblich wissenschaftliche These formuliert. Dass Brown ein wenig aus ihrem Buch hat einfliessen lassen, hat er in seinem Roman sogar ausdrücklich benannt. Dennoch versuchten Baignent und Leigh in den vergangenen Monaten, Brown vor Gericht des Plagiats zu überführen und Millionen-Summen einzustreichen. Allerdings vergeblich.

Opus Dei: Kampagne

Auf den Schlips getreten fühlt sich verständlicherweise das Opus Dei, dessen Vertreter in "Sakrileg" zu jedem Verbrechen bereit sind, um den traditionellen Glauben und die Macht der Kirche zu sichern. Auf eigens eingerichteten Internet-Seiten und in zahlreichen Büchern und Zeitschriften-Interviews sprechen Vertreter des 1928 gegründeten "Werk Gottes" von einer Kampagne gegen die Organisation. "Sakrileg" ziele zudem darauf ab, den Glauben an Jesus Christus zu zerstören und durchschnittliche Leser im kulturellen, geschichtlichen und theologischen Bereich in die Irre zu führen.

Der Weg zum Erfolg

Dass solche Proteste den Erfolg von Film und Buch dämpfen können, glaubt kaum jemand. Mehr Erfolg verspricht nach Meinung des Direktors der katholischen Büchereiarbeit "Borromäusvereins", Rolf Pitsch, unaufgeregte Aufklärung, die beim von "Sakrileg" geweckten Interesse an religionsgeschichtlichen Fragen ansetzt. Fest steht jedenfalls, dass Warnungen und Boykott-Aufrufe von hohen Vatikan-Vertretern und amerikanischen Bischöfen der Werbestrategie der Buchverlage und Filmproduzenten noch entgegen gekommen sind.

Bleibt die Frage, warum der pseudo-religiöse Bibel-Thriller weltweit so viele Leser findet. Die Mischung macht's: Umberto Eco hat in den 80er Jahren mit seinen Romanen "Der Name der Rose" und "Das Foucaultsche Pendel" die Blaupause dafür abgeliefert. Man nehme touristisch begehrte Schauplätze (das Louvre, die französischen und englischen Kathedralen), liefere Einblicke in den klassischen Bildungskanon (die "Mona Lisa" und das "Letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci) und mische das ganze mit knisternder Spannung, vermeintlich skandalträchtigen Gerüchten und der angeblichen Enthüllung gewaltsam zurückgehaltenen Geheimwissens (der Heilige Gral, das Opus Dei). Mit diesem Rezept hält "Sakrileg" die Illusion aufrecht, dass es in einer gänzlich von Wissenschaft und Technik entzauberten Welt immer noch letzte Geheimnisse gibt.

Autor: Christoph Arens

Hinweis: Informationen zum Werk von Dan Brown und der Kritik an seinen Büchern im Internet unter anderem unter: www.Dan-brown.de ; www.danbrown.com ; www.opusdei.org ; www.borro.de (Stichwort: Kirchenkrimis): www.life4seekers.co.uk (zu Maria Magdalena): www.jesusdecoded.com

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Datum: 07.05.2006
Quelle: Kipa

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