Wie positive Veränderung im Leben gelingt

Raus aus meiner Haut

Endlich raus aus unserer Haut, alte Gewohnheiten ablegen, ein besseres Leben führen! Kennen Sie diese Sehnsucht auch? Doch wer sich wirklich verändern will, scheint oft mit Windmühlen zu kämpfen. Bereits nach wenigen Tagen holen uns alte Charakterzüge und Verhaltensweisen ein. Ist wirkliche Veränderung überhaupt möglich? Der Psychotherapeut und Autor Tim Sanford ist überzeugt: „Wenn ein Mensch Gottes Kraft erlebt, wird auch tief greifende Veränderung möglich.“ Viele Menschen wünschen sich Veränderung für Ihr Leben – Sie auch?
Raus aus meiner Haut
Veränderung

Timothy Sanford: Ja und nein. Ehrlich gesagt bin ich von Natur aus eher ein Gewohnheitstier. Ich würde am liebsten 20 Jahre lang in meiner bequemen Lieblingsjeans herumlaufen – warum eine neue Hose kaufen? Ich liebe die Routine und mag es nicht so sehr, wenn die Dinge um mich herum sich verändern – es sei denn, es muss wirklich sein. Das gilt auch für meine Persönlichkeit: Ich bin mit ganz zufrieden, aber da wo ich Gewohnheiten oder Einstellungen an mir entdecke, die nicht gut sind, möchte ich mich ändern.

Funktioniert das denn bei Ihnen?
Sagen wir es so: Es geht vorwärts. Nur ein Beispiel: Vor Jahren spürte ich, dass ich grosse Probleme hatte, anderen Menschen zu vertrauen. Und so etwas belastet die Beziehungen innerhalb einer Familie ungemein. Darum setzte ich mich damit auseinander, warum das so ist. Zum Glück ist es immer besser geworden. Aber ich muss bis heute daran arbeiten, ein gesundes Mass an Abhängigkeit und Vertrauen zuzulassen.

Verborgene Motive erkennen

Sie wollen lernen, anderen mehr zu vertrauen. Ein anderer möchte vielleicht seine Essgewohnheiten verändern oder sich mehr Zeit für seine Familie nehmen. Und dann versucht man es einmal, zweimal oder zehnmal – und gibt oft genug frustriert auf. Warum fällt es uns so schwer, alte Pfade zu verlassen?

Dafür gibt es zahlreiche Gründe, von denen ich hier nur einige nennen kann: Ein Teil unserer Persönlichkeit liebt einfach das Vertraute und bewegt sich nur ungern. Und weil Veränderung immer auch Loslassen von Altbekanntem bedeutet, bekommen wir Angst. Das sollte man nicht unterschätzen.

Zweitens tragen wir oft falsche tief sitzende Überzeugungen mit uns herum. Oder wir leiden sogar an einem Trauma, das uns nicht bewusst ist, und das uns gerade in dem Bereich gefangen hält, in dem wir uns eigentlich verändern wollen. Und nicht zuletzt: Viele Menschen sagen zwar, dass sie sich verändern wollen, machen sich aber nicht wirklich die Mühe, dieses Ziel auch zu erreichen.

Träumen wir nicht alle davon, uns ohne grosse Anstrengung zu verändern? Was halten Sie denn von Rezepten, die uns ein neues Leben quasi über Nacht versprechen?
Solche Patentrezepte sind sehr problematisch. Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ich liebe Bergsteigen. Nun könnte ich ein Buch darüber lesen, wie man das Matterhorn erklimmt. Vor mir liegt eine detaillierte Routenbeschreibung. Und der Autor hat vielleicht wirklich Ahnung! Aber bringt mich das schon auf den Berg? Einen Berg zu erklimmen ist weitaus schwieriger als ein Buch über Bergsteigen zu lesen. Genauso ist es mit solchen 1-2-3-Erfolgsrezepten.

Woher rührt unser Wunsch nach Veränderung?
Neben dem bequemen Teil unserer Persönlichkeit gibt es noch einen anderen, der ständig danach strebt, Dinge zu verbessern. Sei es in unserem Umfeld oder an uns selbst. Tief in unserer Seele scheinen wir zu ahnen, dass uns etwas fehlt oder dass etwas nicht ganz in Ordnung ist. Auch wenn viele dieses Etwas nicht genau benennen können. Wir sehnen uns eigentlich nach Vollkommenheit.

Hinzu kommt, dass ein gewisses Mass an Veränderung einfach nötig ist, weil wir in einer dynamischen Welt leben. Ständig verändert sich die Gesellschaft, unsere Arbeitswelt oder das politische Klima. Was zur Folge hat, dass wir uns bis zu einem bestimmten Grad sogar verändern müssen, wenn wir überleben wollen.

Ist Veränderung grundsätzlich etwas Positives?
Nicht immer. Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass Veränderung gerade in unseren westlichen Kultur zu einer Art Sucht geworden ist. Sich zu verändern ist „in“ und mancher will es um jeden Preis – selbst wenn Ehe, Familie, Freunde oder die persönliche Integrität darunter leiden müssen.

Generell kommt es darauf an, aus welchem Grund ein Mensch sich verändern will. Nehmen wir eine Person, die ständig ihre Haarfarbe wechselt. Positiv könnte es sich dabei um einen Menschen handeln, der gerne öfters Neues ausprobiert, einfach weil er etwas expressiver als andere ist. Daran ist noch nichts ungesund.

Aber das Verhalten könnte auch andere Gründe haben. Es könnte sein, dass dieser Mensch sich nicht angenommen fühlt und dauernd darauf aus ist, von anderen jene Annahme zu erfahren, die ihm vielleicht von klein auf verweigert wurde. Dann verweist ein simpler Vorgang wie seine Haare zu färben auf einmal auf ein viel tiefer sitzendes Problem.

Ich glaube, dass viele Menschen gar nicht wissen, wonach sie sich tief im Inneren sehnen. Und so stolpern sie von einer Veränderung zur nächsten. Gefährlich wird es immer dann, wenn jemand versucht, seine tiefen Sehnsüchte durch ein Verändern von Äusserlichkeiten zu stillen. Das funktioniert nie. Es ist, als würde man ein Pflaster über eine Krebsgeschwulst kleben. Damit löst man nicht das Problem. Im Gegenteil: Es ist gefährlich, weil wir uns der Illusion hingeben, die Wunde sei verheilt, obwohl sie es nicht ist.

Leben unter neuen Vorzeichen

Nun sagt der christliche Glaube, dass durch Jesus Christus ein völlig erneuertes, verändertes Leben möglich ist. Ist das wirklich so einfach?
Das muss man erklären. Die Bibel sagt uns, dass wir Menschen aus Gottes Sicht „geistlich tot“ sind. Damit meint sie, dass wir - obwohl wir körperlich durchaus lebendig sind - nicht wirklich „leben“, weil wir Gott als die Quelle des Lebens nicht kennen. Tote können sich in der Regel nun mal schwer verändern.

Wenn nun ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus kommt, passieren mehrere Dinge. Zum einen leben wir dann nicht länger mit Gott im Unreinen, wir kämpfen nicht mehr gegen ihn und seinen guten Willen für uns (siehe Römer 5,1–11). Wo einst Krieg war, herrscht nun Frieden. In Christus hat Gott uns vergeben und wenn er uns eine „neue Schöpfung“ nennt, dann sieht er uns ohne einen Hauch von Schuld (2. Korinther 5,17). Das allein macht schon einen riesengrossen Unterschied im Leben eines Menschen aus.

Das Zweite: Durch den Heiligen Geist kommt wahres Leben in uns hinein, echte Lebendigkeit, womit die Möglichkeit tiefer Veränderung überhaupt erst greifbar wird. Und auch die Kraft zu echter Veränderung steht uns jetzt zur Verfügung, weil Gott in uns lebt und an uns arbeitet.

Diese Wahrheiten zu verstehen - mehr noch: sie regelrecht ins Herz sacken zu lassen -, ist sehr wichtig. Gott sagt uns: „Du bist frei zu leben. Du bist vom Schöpfer des Universums geliebt und gewollt. Durch dich fliesst nun mein Leben, das dir ermöglicht, von den Wunden der Vergangenheit, ja sogar von traumatischen Erfahrungen, geheilt zu werden. Es gibt die Hoffnung, dass das Leben wirklich besser werden kann.“ All das sind Bestandteile der „Guten Nachricht“, des Evangeliums.

Warum liegt Gott denn soviel daran, dass wir uns verändern?
Gott betrachtet das schlicht mit den Augen eines liebenden Vaters: Die Art und Weise, wie wir von Natur aus leben und denken, verletzt uns und oft auch andere. Und weil er der mitfühlende himmlische Vater ist, möchte er nicht, dass wir uns und einander wehtun. Darum lenkt er unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf bestimmte Bereiche und sagt uns: „Hör auf, dir und anderen weh zu tun! Lerne es, die Dinge anders zu machen. Und lass mich dir dabei helfen. Sieh her und mach es so wie ich!“ Gott braucht unsere Veränderung nicht. Aber ihm geht es um uns. Er möchte, dass wir uns verändern, damit es uns und denen um uns herum besser geht.

Von innen nach aussen

Warum aber sieht man dann bei manchen Christen nur so wenig von diesem neuen Leben?
Weil sie oft nicht wirklich verstanden haben, was dieses Leben in Christus und aus seiner Kraft heraus bedeutet. Vielleicht haben sie einige Predigten darüber gehört, aber sie haben es nicht wirklich verinnerlicht.

Und auch einen weiteren zentralen Punkt dürfen wir nicht vergessen: Gerade weil der Mensch Gottes Ebenbild ist, hat er einen freien Willen. Gott wird uns also niemals zwingen, uns zu verändern. Er bietet uns die Kraft dazu an, aber es liegt an uns, ob wir mit ihm zusammenarbeiten. Und das tut eben nicht jeder.

Wie muss man sich das vorstellen, wenn der Heilige Geist einen Menschen sozusagen von innen nach aussen verändert?
Zum einen geschieht das, indem ein Mensch, in dem der Heilige Geist wohnt, immer mehr von der Wahrheit begreift. Schon Jesus sagte, dass die Wahrheit uns frei machen wird (Johannes 8,32). Wahrheit schafft Klarheit, lässt uns zielgerichtet sein und sensibilisiert unser Wahrnehmungsvermögen. Dazu beschenkt uns der Heilige Geist mit dem Mut, der nötig ist, ins Unbekannte aufzubrechen. Um auf mein Matterhorn-Beispiel zurückzukommen: Er wählt die Route, sorgt für die Ausrüstung und den Proviant und erklärt uns, wo die Gefahren lauern. Und dann führt er uns den Berg hinauf – ermutigt uns dabei, beschützt uns, instruiert uns und passt auf uns auf. Seine Gegenwart kann uns den Mut geben, einen Berg zu erklimmen, an den wir uns allein gar nicht erst herangetraut hätten.

Und was ist unsere Aufgabe dabei?
König David betete einmal: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz“ (Psalm 139,23+24). Ein Fehler, den wir gerne machen, ist zu glauben, dass es allein unsere Aufgabe ist zu entdecken, was verändert werden muss. Aber das schaffen wir gar nicht. Es ist Gott, der unsere Herzen wirklich erforscht und der uns besser kennt, als wir selbst. Es ist der Heilige Geist, der uns „in alle Wahrheit leitet“ (Johannes 16,13). Unsere Aufgabe dabei ist, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Zuerst müssen wir Gott das Einverständnis geben, uns zu erforschen. Diesen Schritt sollte man niemals unterschätzen, er ist äusserst wichtig.

Zweitens müssen wir das Ergebnis akzeptieren – was auch immer Gott uns zeigt. Das bedeutet, dass wir ihn reden lassen müssen. Das kann beim Lesen der Bibel passieren oder während wir ihn anbeten oder zum Beispiel während wir im Wald spazieren gehen. In dieser Phase passiert es schnell, dass man ungeduldig wird oder Angst bekommt, Gottes Reden zu verpassen. Aber wir dürfen uns entspannen! Psalm 37 ruft uns dazu auf, still vor Gott zu werden und geduldig auf ihn zu warten (Psalm 37,7).

Wenn Gott dann seinen Finger auf einen Bereich gelegt hat, sollten wir beginnen, dort zu handeln. Das bedeutet, ihm gehorsam zu sein. Und auch während dieses Prozesses dürfen wir geduldig sein.

Denken Sie daran: Wann immer Veränderung von uns selbst ausgeht, gibt es keine Garantie dafür, dass wir erfolgreich sein werden. Veränderung aber, die Gott bewirkt, wird immer erfolgreich sein. Darum schreibt Paulus in der Bibel: „Ich bin ganz sicher: Gott wird das gute Werk, das er bei euch angefangen hat, auch vollenden bis zu dem Tag, an dem Christus wiederkommt“ (Philipper 1,6).

Veränderung ist also ein lebenslanger Prozess?
Eine solche Aussage hat sicher zwei Seiten und sollte nicht als billige Entschuldigung gebraucht werden. Aber es passiert schnell, dass man sich zu sehr auf das Ziel fixiert statt auf den Weg dorthin. Das vermittelt uns unsere Kultur. Wir haben Fastfood und kabellose Internetanschlüsse. Und wollen sofort perfekte Ergebnisse sehen. Wahre Perfektion gibt es erst im Himmel.

Darum erinnere ich die Menschen gerne wieder daran, dass das Leben eine Reise ist. Veränderung braucht Zeit und wie bei einem guten Wein kann man die Reifung nicht beschleunigen. Geniessen und erleben Sie jeden Schritt mit Gott, jede Biegung auf dem Weg, jede Blume am Wegesrand und auch jeden Sturm! Dann wird positive Veränderung immer mehr möglich.

Interview: Sabine Müller

6 Schritte zur Veränderung

Von Timothy Sanford

Tief greifende Veränderung ist möglich, wenn wir uns von Gott die Bereiche aufzeigen lassen, in denen wir Veränderung benötigen. Danach sind folgende Schritte hilfreich:

Benennen Sie die Verhaltensweise/das Problem, die/das es zu verändern gilt. Klären Sie, warum sie es verändern möchten?

Welche fälschliche Überzeugung treibt Sie an? Falsche Verhaltensweisen werden von falschen inneren Überzeugungen angetrieben. An diesem Punkt kann eine begleitende Seelsorge sehr hilfreich sein.

Was ist die Wahrheit? Nachdem Sie Ihre falschen Überzeugungen benennen können, müssen Sie sich fragen, wie die richtige Überzeugung lautet. Danach müssen Sie die Lüge systematisch durch die Wahrheit ersetzen. Denn „die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8,32). Ich persönlich erarbeite mit einem „Wahrheits-Satz“. Von diesem Punkt aus geht es an das tägliche Umsetzen. Nehmen Sie die Wahrheit und denken Sie immer wieder über sie nach bis sie zur Ihrer inneren Überzeugung wird. Wenn Sie dies mehrere Male wiederholen, trainiert Ihr Gehirn sozusagen eine neue Gewohnheit – Sie lernen, neu zu denken (Römer 12,2). Aber das braucht Zeit. Um eine jahrelang eingefahrene Gedankenlüge durch die Wahrheit zu ersetzen, braucht es ein paar Monate, manchmal sogar Jahre. Aber wenn sich die neue Denkweise verwurzelt hat, wirkt sie sich auch auf unser Verhalten aus. Wir verändern uns.

Ersetzen Sie die negative Verhaltensweise durch eine positive. Ich selbst litt viele Jahre unter Klaustrophobie, der Angst vor zu engen, geschlossenen Räumen. Also setzte mich mit jenen inneren Blockaden auseinander, die mir das Gefühl gaben, gefangen zu sein. Und ich arbeitete an meinem äusseren Verhalten, indem ich mit Carving, dem Höhlenforschen, begann.
Haben Sie Geduld. Denken Sie daran, dass Sie nicht mehr länger der Richter Ihrer selbst sind. Erinnern Sie sich immer wieder an Gottes stetige und unverbrüchliche Liebe zu Ihnen (siehe Römer 8,38+39).

Erinnern Sie sich daran, dass Sie sich auf einer Reise befinden. Seien Sie auf eine gute Art und Weise „dickköpfig“ und geben Sie nicht auf. Sprinten Sie nicht einfach drauf los, denn eine lange Reise braucht ein ausgeglichenes Tempo.

Zur Person:
Timothy Sanford (47) ist Psychotherapeut und Seelsorger mit eigener Praxis. Neben seiner beratenden Tätigkeit schreibt er regelmässig für NEUES LEBEN sowie für diverse Magazine in den USA zu psychologischen und theologischen Themen.
In seiner Freizeit erklimmt der Missionarssohn, der den Grossteil seiner Kindheit in Südamerika verbracht hat, leidenschaftlich gern die Rocky Mountains, trainiert auf seinem Mountainbike oder widmet sich seinem neuesten Hobby, dem Höhlenforschen. Timothy Sanford ist seit über 20 Jahren mit Rebecca verheiratet. Die beiden haben zwei erwachsene Töchter und leben in Colorado Springs.

Datum: 08.11.2005
Quelle: Neues Leben

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