Ein neuer Tag beginnt

Jahr der Stille: Wie starten Sie in den Tag?

So frisch wie die Natur jeden Morgen zu neuem Leben erwacht, beginnen nicht alle Menschen ihren Tag. Zum Jahr der Stille verraten einige bekannte Christen, wie sie mit Gott in einen neuen Tag starten.
Claudio Minder, Ex-Mister Schweiz, CEO Joya-Schuhe
Ladina Spiess, Moderatorin.
Wilhelm Zurbrügg, Zimmermann, Bergbauer, Initiant des Projektes Bergbibel
Sabine Aschmann, reformierte Pfarrerin in Thayngen
Christa Gasser, Paar- und Sexualtherapeutin, Leiterin der Vineyard Bern
Andreas «Boppi» Boppart, Eventprediger und Leiter von Campus Generation Ministry
Yvette Estermann, SVP-Nationalrätin
Etienne Josi, Hauptleiter des Jugendgottesdienstes «Ekklesia» in Frutigen
Markus Hottiger, Gründer und Geschäftsführer von Adonia

Orangensaft und Bibel

Claudio Minders Wecker klingelt standartgemäss um 6.15 Uhr. Dann braucht der Ex-Mister Schweiz und CEO von Joya-Schuhe als erstes eine Dusche: «Erst dann bin ich völlig wach und aufnahmefähig.» Das will der erfolgreiche Jungunternehmer sein. Deshalb gehört zu seinem Morgenritual auch eine Zeit, die er bewusst mit Gott verbringt. Nach seinem allmorgendlich frisch gepressten Orangensaft - «Kaffee trinke ich tagsüber genug» - liest Minder zu Hause in St. Gallen in der Bibel anhand des Andachtsheftes «Orientierung». Er spricht mit Gott im Gebet über den bevorstehenden Tag. «Wenn ich Gott alle meine Aktivitäten gewidmet habe, bin ich bereit für den Tag und verlasse das Haus mit der Gewissheit, dass der Himmel über mir offen ist.»

Er sei kein sehr stiller Mensch, bei ihm müsse ständig etwas laufen, erzählt Minder. Aber die Zeit der Stille am Morgen brauche er, damit er nachher Vollgas geben könne. «Lieber gehe ich ohne Frühstück aus dem Haus, als meinen Tag nicht Gott hingelegt zu haben.»  
 

Gewissheit: Gott ist da

Ladina Spiess' Tag beginnt in Ottikon, während die meisten noch schlafen. Die Moderatorin steht oft bereits um halb 3 Uhr auf. Eine Dreiviertelstunde später steht sie im Studio. «Wenn ich aufstehe, überlege ich erst mal gar nichts. Ich mache jeden Morgen die genau gleichen Schritte. Das ist meine Strategie, um zu dieser Zeit überhaupt aufstehen zu können», erklärt sie. Wenn sie dann im Auto sitzt - «ich darf das zwar fast nicht sagen, aber ich höre dann noch kein Radio» -, hat sie etwas Zeit, um über den bevorstehenden Tag nachzudenken. «Da entwickelt sich dann oft eine Art Zwiegespräch mit Gott. Wir halten eine kurze Terminplanung ab.» Bibellesen liegt bei Ladina Spiess am Morgen nicht drin. «Das schaffe ich einfach nicht. Aber ich habe nicht das Gefühl, dadurch ohne Gott in den Tag zu starten. Die Gewissheit, dass Gott bei mir ist, begleitet mich rund um die Uhr. Es ist ein Fundament, das gelegt ist, unabhängig davon, ob ich die 'Bibellese-Pflicht' am Morgen erfülle.» Sie habe schon einige Rituale ausprobiert, aber: «Sie entsprachen mir einfach nicht.» Sie sei mehr der spontane Typ. «Manchmal lese ich in der Bibel, wenn ich nach Hause komme. Mir ist wichtig, die Beziehung zu Gott zu pflegen. Gemeinschaft mit ihm ist für mich aber nicht an eine bestimmte Zeit gebunden.»  
 

Losung in der Nacht

Wilhelm Zurbrüggs neuer Tag beginnt bereits in der Nacht. «Ich erwache meist mitten in der Nacht», sagt der Bergbauer und Initiant des Projektes «Bergbibel». Dann ärgert er sich nicht, sondern schaut auf seine Digitaluhr. «Die Zeit, die sie zeigt, bedeutet für mich eine Seitenzahl im Neuen Testament», erklärt der Frutiger. Diese schlägt er spätestens am Morgen nach. «Ich erhalte so von Gott fast täglich eine Losung geschenkt, die jeweils konkret in meine Situation spricht.» Diese Art, mit Gott zu kommunizieren, helfe ihm stark, den Alltag zu meistern. Ihm sei aber bewusst: «Das war nicht meine Idee, das hat Gott wachsen lassen.» Diese Bibelstelle oder ein Wort aus einem Andachtsbuch teilt der vierfache Familienvater am Frühstückstisch mit seiner Familie. «Danach beginnen wir den Tag mit einem gemeinsamen Gebet, bevor jedes an seine Arbeit geht.»  
 

Stille zu zweit

Kein Problem mit dem Aufstehen hat Sabine Aschmann. Ihr Wecker klingelt bereits um 5.45 Uhr, aber meist erwacht sie schon vorher. «Langes Ausschlafen kennt mein Körper nicht», sagt die Pfarrerin der reformierten Kirche Thayngen. Während sie noch am Dösen ist, fülle ein Lied, eine Bibelstelle oder ein Gebet ihre Gedanken. «So erwache ich mit Gott.» Aschmann wohnt zusammen mit einer anderen Pfarrerin. Sie gestalten den Tagesbeginn gemeinsam. «Wir starten mit einer Runde joggen», erzählt sie. Unterwegs unterhalten sie sich beispielsweise über eine Bibelstelle, über die sie predigen werden. Nach einer Dusche beginnt für die beiden die Zeit des Gebets. «Wir singen zusammen und beten für einander. Dazu gehören immer die Worte von Bruder Klaus: .» Die anschliessende Tageslosung liest Aschmann im Urtext. «Nicht nur um Hebräisch und Griechisch zu üben, sondern weil der Sinn des Bibelwortes besser verständlich wird», erklärt sie. Je nach Zeit lesen Sabine Aschmann und ihre Kollegin ein Kapitel in der Bibel, manchmal lesen sie sich auch verschiedene Übersetzungen vor. «Der gemeinsame Tagesanfang ersetzt meine persönliche Gebetszeit nicht. Doch die Gemeinschaft hilft mir, Disziplin zu wahren, die Ereignisse des Tages im Auge zu behalten und sie unter den Segen Gottes zu stellen.»  
 

Ein Lied auf den Lippen

Christa Gasser dagegen würde morgens lieber noch etwas länger schlafen. Aus dem Bett lockt sie jeweils der Kaffee. «Mein Mann Wilf bringt mir jeden Morgen den frischen Kaffee ans Bett», erzählt die Paar- und Sexualtherapeutin aus Wabern, die auch der Leitung der Vineyard Bern angehört. «Im Bett finde ich Kaffeetrinken aber unbequem, so bin ich motiviert, aufzustehen, bevor er kalt ist.» Wenn sie mal auf ist, sei sie wach und fit. «Das gibt mir Zeit, mich hinzusetzen, um zu beten und in der Bibel zu lesen.» Zurzeit lese sie in der Jahresbibel, die täglich eine Stelle angibt, so dass sie in einem Jahr durch die ganze Bibel hindurch ist. «Aus dem Bibeltext ist es meist ein Gedanke, den ich mitnehme.» Durch den Tag begleite sie jedoch oft ein Lied: «Ich erwache schon mit einem Lied auf den Lippen.» Das gehe ihr dann den ganzen Tag nicht aus dem Kopf. «Für mich ist das ein Geschenk Gottes.»  
 

Selbst überlistet

Andreas «Boppi» Boppart ist morgens «nicht in der Verfassung, einen einstündigen Lobpreis anzustimmen». Der Eventprediger und Leiter von Campus Generation Ministry arbeitet oft von zu Hause aus. So schlurfe er morgens als erstes ins Büro, um seinen Computer zu starten - «der braucht etwa gleich lange wie ich, um in die Gänge zu kommen». Damit er sich danach nicht direkt in die Arbeit stürze, habe er sich überlistet: «Ich installierte ein Tageslosungs-Programm, das immer als erstes aufpoppt. So verbringe ich die ersten Minuten am Computer mit einer Inspiration und einem Gebet. Völlig unspektakulär ? aber wohltuend.» Oft lese er, dass Gott scheinbar nur Menschen gewaltig segnen könne, die bereits am Morgen «zwei Stunden auf den Knien um Erweckung gebetet haben». Dazu meint «Boppi»: «Ich hoffe fest, dass Gott bei weniger Morgen-aktiven Typen wie mir eine Ausnahme macht. Meine zwei Gebetsstunden sind in kleinen Häppchen über den ganzen Tag verteilt. Vielleicht gilt das auch...» Ihm sei Bibellesen, Gebet und Gemeinschaft mit Gott wichtig. «Aber wir müssen uns von christlichen Pflichten befreien und in eine gesunde Gewohnheit hineinfinden, die zwar mit Gehorsam, aber auch viel mit Persönlichkeit zu tun hat - und hoffentlich immer wieder mit viel Leidenschaft.»  
 

Zimmer zum Meditieren

Das erste, was Yvette Estermann morgens macht, ist beten. «Ich danke meinem himmlischen Vater, dass ich wohlbehalten erwachen durfte», erzählt die SVP-Nationalrätin aus Kriens. Danach sammle sie sich. «Da kommt mir in den Sinn, was ich zu tun habe, und ich merke: Dazu brauche ich Kraft.» Also bitte sie Gott, dass er ihr helfen möge, gut zu bewältigen, was vor ihr liege. Danach beginnt ihr Tag. Mehr liege am Morgen nicht drin. Deshalb versuche sie, auch unter dem Tag oder am Abend nochmals zur Ruhe zu kommen. «Ich schöpfe Kraft auf einem Spaziergang durch die Natur. Die Schöpfung stimmt mich immer sehr dankbar.» Zudem hat sie ein kleines Zimmer in ihrer Wohnung zum Meditieren eingerichtet. «Dort lese ich alte Mystiker, aber auch die Bibel habe ich stets zur Hand.»  
 

Knurrenden Magen stillen

Mit hungrigem Magen erwacht Etienne Josi jeweils am Morgen. «Ich starte meinen Tag hauptsächlich mit Nahrungszufuhr», erzählt er. «Nahrung, nicht nur für den Leib, sondern vor allem für den Geist.» Der Hauptleiter des Frutiger Jugendgottesdienstes «Ekklesia» nimmt seine geistigen Mahlzeiten an zwei Orten ein: auf seinem «Stille-Stuhl» oder in der Natur. Bei schönem Wetter begegne er Gott gerne auf einem Gebetsspaziergang. An anderen Tagen setze er sich auf seinen «Stille-Stuhl», ein bequemer Sessel in einer Ecke des Wohnzimmers. «Hier lasse ich mich von Gottes Wort inspirieren, erfrischen und stärken, schreibe Gedanken auf und rede mit Gott über den kommenden Tag.» Sei er morgens zu müde oder habe keine Zeit, den Tag mit Gott zu beginnen, merke er das im Laufe des Tages recht schnell. «Es fehlt etwas», stellt er fest. «Gott führt mich durch die Stille an einen reich gedeckten Tisch. Wer will schon auf diesen Segen verzichten? Ich nicht.»  
 

Nicht nur in der Stille

Der Tag beginnt bei Markus Hottiger in Oftringen mit einem Stück Brot «nature» und einem Espresso. Nach dem Frühstück lesen er und seine Frau Vroni einen Text aus dem Alten und einen aus dem Neuen Testament. «Wir tauschen uns über das Gelesene aus und beten für den Tag und seine Herausforderungen», so der Gründer und Geschäftsführer von Adonia. Diese Stille nimmt er mit auf den Weg zur Arbeit, auf dem er seine Gedanken noch einmal sammelt. Für Hottiger ist jedoch wichtig, die Zeit mit Gott nicht nur auf die sogenannte «Stille Zeit» am Morgen zu beschränken. «Ich betrachte den ganzen Tag als Geschenk von Gott. Ein Geschenk, jeden Tag, dass ich mit ihm leben kann und dass er mit mir ist.» 
 

Tipps für den Morgen

  • Zeiten zu zweit schaffen Verbindlichkeit und Motivation
  • Anreiz zum frühe(re)n Aufstehen suchen
  • Stille-Stuhl oder Stille-Zimmer wirken als Gedächtnisstütze
  • Arbeitsweg mit Gott verbringen
  • Pflicht- und Schuldgefühle abschütteln, wenn es morgens nicht klappt, eigene Wege und Zeitpunkte suchen, um Gott zu begegnen
  • Ein automatisches Losungsprogramm beim Starten des Computers einrichten (http://www.losungen.de/)

Das «Jahr der Stille» begann im Advent 2009 und dauert bis Advent 2010. Es wird in der Schweiz getragen von Bibellesebund, Steppenblume Communität Grimmialp, Vereinigte Bibelgruppen VBG sowie bvMedia/Christliche Medien. www.jahrderstille.ch

Autorin: Stefanie Niederhäuser

Datum: 30.05.2010
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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