Die erste EDU-Frau im Zürcher Kantonsrat
Zwei Tage vor ihrem Amtsgelübde als neue Kantonsrätin stand Maria Rita Marty (55) auf der Strasse und kämpfte gegen die Porno-Industrie. Selbst für die debattengewohnte Juristin ein harter Job. Die Erotikmesse Extasia hatte 2007 letztmals in Zürich stattgefunden, damals im Hallenstadion. Danach zeigten Proteste aus christlichen Kreisen Wirkung. Der Verwaltungsrat der Eventhalle lud die Erotikmesse aus. Nach sieben Jahren ist die Extasia in die Limmatstadt zurückgekehrt. Am ersten Maiwochenende fand die Sex-Ausstellung in der Messehalle statt, gleich neben dem Hallenstadion.
Proteste halfen nichts
Diesmal hatten die Proteste nicht geholfen. Im Februar hatten Kantonsräte der EDU und SVP den Regierungsrat aufgefordert, die Sex-Messe zu stoppen. Ohne Erfolg. Solange sich alles im Rahmen des Gesetzes bewege, gebe es keinen Grund, sie zu untersagen, liess der Regierungsrat verlauten. Es sei schliesslich jedem selber überlassen, ob er einen solchen Anlass besuche oder nicht.
Hans Egli startet Flyer-Aktion
EDU-Kantonsrat Hans Egli gab aber nicht einfach klein bei. Er gestaltete einen Flyer. «Zürich macht sich stark für ein respektvolles Frauenbild und sagt nein zur Extasia!» So lautete einer der Leitsätze. Darunter das positive Statement: «Sex ist schön und gehört in eine feste Beziehung, nicht an eine Messe oder ins Puff.» Die Extasia wird als «respektlos, degradierend, sexistisch» bezeichnet. Als Blickfang diente das Foto einer nackten Frau in einem Einkaufswägeli. „
«Teils hitzige Diskussionen»
In Maria Rita Marty erhielt Egli eine Mitstreiterin. Am 6. Mai stellten sich die beiden vor der Zürcher Messehalle auf und verteilten die Antiporno-Flyer. Dabei sei es «teils zu hitzigen Diskussionen gekommen», berichtete «20 Minuten». Als Beweis dient ein Video. Es zeigt Maria Rita Marty in einer lebhaften Auseinandersetzung mit einem Extasia-Besucher. Sie erklärt ihm, dass die Porno-Industrie und Messen wie die Extasia die Frau zum Sexobjekt entwürdigen und lobt die Intimität in der Ehe.
Häring war konsequent und überlegt
Zwei Tage später steht Maria Rita Marty im weissen Anzug im altehrwürdigen Rathaus von Zürich. Das vorgelesene Amtsgelübde bestätigt sie mit: «Ich gelobe es!»
Die Juristin ist die erste Frau aus den Reihen der EDU, die ins kantonale Parlament einzieht. Sie folgt auf den nach zehn Jahren abtretenden Hans Peter Häring. Ob Drogenpolitik, Abtreibung, Sterbehilfe oder Schutz der Ehe: Mit einer beachtlichen Liste an Anfragen hatte Häring konsequent auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagiert.
Marty: Bewegt vom Gottesdienst
Seine Nachfolgerin Maria Rita Marty war beeindruckt vom ersten Tag im Kantonsparlament. «Der ganze Morgen war voll von sehr speziellen und eindrücklichen Momenten», berichtet die erste weibliche EDU-Vertreterin im Rat. Bewegt hat sie insbesondere der Gottesdienst in der Peterskirche vor der Sitzung. Er findet traditionsgemäss zu Beginn jedes neuen Amtsjahres statt. Maria Rita Marty: «Ich war sehr überrascht, wie viele Kantonsräte daran teilnahmen.» In der EDU-Fraktion fühle sie sich «schon fast wie zu Hause». Martys Leitspruch für ihr neues Amt stammt aus der Bibel (Josua, Kapitel 1, Vers 9): «Sei stark, tatkräftig und sehr tapfer. Fürchte dich nicht, noch lasse dich entmutigen, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir, wo immer du hingehst.» Das will Maria Rita Marty ernst nehmen. Vor der Extasia und genauso im Rathaus.
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Datum: 28.05.2017
Autor: Rolf Höneisen
Quelle: ideaSpektrum Schweiz