Designierter CVP-Präsident

«Der Glaube ist ein Kompass in diesem Leben»

Mit Gerhard Pfister wird in Kürze ein Politiker an der Spitze der CVP Schweiz stehen, der seine christlichen Überzeugungen nicht hinter dem Berg hält. Der Zuger Nationalrat will das «C» im Parteinamen weiterhin erhalten und pflegen.
Gerhard Pfister

Das «C» stehe für eine Marke, zu der sich die CVP klar bekennen müsse. Dies sagte der designierte CVP-Präsident und Nationalrat Gerhard Pfister (53) in einem Interview mit dem Wochenmagazin «ideaSpektrum». Auf die Frage, ob er als Katholik auch einmal unter seiner Kirche leide, antwortete Pfister mit «nein». Er habe mit dieser Kirche keine negativen Erfahrungen gemacht. Er bekomme von der katholischen Kirche «viel mehr Gutes als das, was ich an ihr zu kritisieren hätte».

Auf die sinkenden Wähleranteile der CVP angesprochen, antwortete Gerhard Pfister, dies sei auch eine Folge davon, dass die katholische Kirche für viele Menschen «keine selbstverständliche Klammer mehr ist». Es gebe aber auch einzelne Kantone wie beispielsweise Zug, in denen die CVP Wähleranteile gewonnen. Aber national betrachtet habe es die CVP nicht einfach.

Säkularisierung als Folge der Wohlstandsgesellschaft

Dass die Kirche an Bedeutung verliert, deutet Pfister als Folge der Wohlstandsgesellschaft und der Abneigung, sich in eine Institution zu begeben. Doch Gerhard Pfister relativierte: «Das schwindende Interesse an der Kirche muss aber nicht heissen, dass die Menschen weniger gläubig sind. Viele Leute glauben einfach anders.» Als wesentlichen Auftrag der Kirche bezeichnete er das Vermitteln der christlichen Botschaft und das Weitertragen des Glaubens.

«Das C steht für eine Marke»

Das «C» im Parteinamen werde von etlichen Leuten noch immer als «K» wie katholisch verstanden, meinte Pfister im idea-Interview. «Darum müssen wir das 'C' begründen.» Es stehe für eine Marke. Christliche Werte seien für die Schweiz zentral. Ihm gehe es nicht darum, die CVP «besonders religiös auszurichten», erklärte der neue Parteipräsident. «Doch wir müssen bei allen Themen zeigen, was eine vom 'C' her abgeleitete Politik ist. Das wird nicht immer gleich gut gelingen. Doch das 'C' muss sich letztlich im Alltag beweisen.»

Wider die Geschichtsvergessenheit

Wir hätten historisch gesehen den christlich-abendländischen Wurzeln sehr viel zu verdanken, meinte Pfister auf eine entsprechende Frage. Die Wurzeln Europas seien das Griechentum, das Judentum, das Christentum und auch die germanische Kultur. Doch das Christentum sei diejenige Kultur, die uns am meisten geprägt habe. Gerhard Pfister bedauert die Neigung, diese Geschichte nicht mehr gerne zu sehen und «zum Teil gar nicht mehr zu kennen». Wir würden «die Grundierung durch das Christentum» nach wie vor brauchen.

«EVP steht uns relativ nahe»

Zur EVP als Fraktionspartnerin meinte Pfister, es wäre noch optimaler, wenn die EVP etwas grösser wäre. In weltanschaulichen und ethischen Fragen stehe die EVP der CVP aber «relativ nahe». Pfister: «Sie ist ähnlich wertekonservativ wie wir. Im Bereich Wirtschaft aber ist die CVP viel liberaler. Doch wir haben ein grosses Verständnis füreinander, auch dort, wo wir uns anders positionieren.»

Pfister betet nicht für Wahlergebnisse

Auf die Fragen nach seinem persönlichen Glauben antwortete Pfister: «Der Glaube an Gott ist das, was mich trägt und ein Kompass in diesem Leben. Der Glaube ist für mich auch eine Entschleunigung, ein Zu-sich-Kommen, ein Besinnen über sich selber.» Die Bibel sei ein historisch wichtiges Dokument, «eine Vergegenwärtigung der Geschichte und des Redens von Christus, auch von der Geschichte des jüdischen Volkes». Als solches sei sie ein Referenzbuch für seinen Glauben, der auch in seiner Politik zum Tragen kommen soll.

Das Gebet könne vor oder nach der Politik oder in Momenten des besonderen Rückzugs eine Rolle spielen. «Aber», so Pfister, «ich bete nicht für gute Wahlergebnisse. Ich habe den Eindruck, der Herrgott habe wesentlich Wichtigeres zu tun als sich um meine kleinen Sorgen zu kümmern.»

Auf die eigenen Werte besinnen

Von überzeugten Muslimen könnten wir lernen, dass es auch im 21. Jahrhundert gut und sinnvoll sein kann, eine religiöse Orientierung zu haben. Pfister wörtlich: «Die grösste Schwäche des Westens in der Auseinandersetzung mit dem Islam und dem Islamismus ist ja, dass wir selber nicht mehr zu unsern Werten stehen und sie auch nicht mehr kennen. Vielleicht trägt nun die Bedrohung durch den Islam dazu bei, dass wir uns wieder mehr um unsere Werte kümmern und überhaupt wieder eine Wertediskussion führen.» Diese Diskussion sei vernachlässigt worden. Wir hätten uns nach dem Zusammenbruch des Kommunismus zu stark damit beschäftigt, «Party zu feiern».

Erschütterung durch Attentat

Gerhard Pfister hat das Attentat von 2001 auf das Zuger Kantonsparlament persönlich miterlebt und überlebt. Dieses schreckliche Ereignis habe ihn tief erschüttert und geprägt, sagte der designierte CVP-Präsident und Nationalrat. «Es ist wichtig, dass wir erkennen, wie wenig es braucht, bis das Leben definitiv weg ist.»

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Datum: 21.04.2016
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: idea Schweiz

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