Referendum gescheitert

Widerstand gegen Stiefkindadoption fand zu wenig Resonanz

Das Referendumskomitee gegen die Stiefkindadoption durch homosexuelle Paare konnte die nötigen 50'000 Unterschriften nicht zusammenbringen. Gründe für das Scheitern, die Folgen – und ein Ausblick.
Schwules Ehepaar mit Kind im Wald

Das Referendumskomitee gegen die Stiefkindadoption durch homosexuelle Paare hat am Dienstag das Scheitern des Referendums eingestanden. Getragen wurde es vor allem von politisch Engagierten aus der EDU, der SVP und der jungen SVP.

Ein Zugeständnis für eine Minderheit

Die Gründe für das Scheitern dürften aber weniger im mangelnden Engagement der Referendumsleitung zu suchen sein als im aktuellen gesellschaftlichen Klima. Die Mehrheit in der Schweizer Gesellschaft sieht in der Möglichkeit der Stiefkindadoption nicht eine Gefährdung der Familie, sondern ein logisches Zugeständnis gegenüber einer Minderheit, die lange diskriminiert war. Zudem dürfte das Argument, dass die beschränkte Adoptionsmöglichkeit zum Vorteil und Wohl des Kindes sei, viele überzeugt haben.

Das Referendumskomitee hat sich für die traditionelle Familie (jedes Kind braucht Vater und Mutter) und die Gesellschaftsordnung, die auf der Familie beruht, stark gemacht. In einer Zeit, in der unterschiedlichste «Familienformen» ausprobiert und gelebt werden, zieht diese Argumentation offenbar nur noch bei einer Minderheit, obwohl auch heute noch gemäss Umfragen rund 80% der jungen Menschen in einer traditionellen Familie mit Vater, Mutter und Kindern die Idealform des Zusammenlebens sehen.

Das Problem breit anerkannter Argumente

Es ist dem Referendumskomitee denn auch kaum gelungen, seine Argumente während der Sammelfrist durch die Medien an die Leute zu bringen. Für einen grossen Teil der Gesellschaft wirken sie nicht mehr zeitgemäss. Das berechtigte Argument, dass ein Kind ein Recht auf Vater und Mutter haben soll, scheint nicht zu ziehen, wenn es konkret um eine Stiefkindadoption geht, da es für das betroffene Kind ja die Alternative Vater und Mutter gar nicht mehr gibt. Wieso soll es dann nicht zwei Väter oder zwei Mütter haben?

Ebenso wenig stichhaltig für viele ist das Argument, dass rein zahlenmässig die Stiefkindadoption eine sehr kleine Bedeutung haben wird. Denn weshalb soll man Minderheiten Rechte vorenthalten, nur weil sie zahlenmässig klein sind?

Ungewollte Folgen?

Das Gesetz, das nun in Kraft tritt, könnte allerdings dazu führen, dass homosexuelle Paare im grösseren Stil moderne Fortpflanzungstechniken (Frauen) oder Leihmutterschaft (Männer) in Anspruch nehmen. Auch wenn die Leihmutterschaft in der Bundesverfassung verboten ist, nahm man dem genetischen Vater schon bisher das Kind nicht weg. Das bestätigen auch kürzliche Urteile des Bundesgerichts. Im Mai 2015 wollten sich zwei in eingetragener Partnerschaft lebende Männer, die in den USA ein Kind von einer Leihmutter austragen liessen, beide als Elternteil ins Personenstandsregister eintragen lassen. Das Bundesgericht liess das nicht zu, nahm dem Paar aber das Kind auch nicht weg. Mit der Stiefkindadoption wird sich die Rechtslage für gleichgeschlechtliche Paare noch verbessern. Das Gesetz wird es möglich machen, dass der Partner oder die Partnerin das Kind adoptieren kann.

Im Sog des westlichen Zeitgeistes

Es liegt im Sog der Zeit, im Zeichen eines unbegrenzten Individualismus die bestehenden Familienformen noch weiter aufzusplittern und diese rechtlich abzusichern. Die westliche Gesellschaft begibt sich damit in einen immer stärkeren Gegensatz zu traditionellen Formen des Zusammenlebens in der Familie, wie sie im Osten oder Süden gelebt werden. Und damit steigen auch die Kosten im Sozialwesen und im Gesundheitswesen. Laut der Schätzung in einer von der Evangelischen Allianz herausgegebenen Studie fallen als Folge von Scheidungen in der Schweiz Kosten von mindestens zwei Milliarden Franken pro Jahr an.

Wie weiter?

Für christliche (Familien-)Organisationen und politisch Engagierte könnte die Herausforderung darin liegen, sich für eine bessere Stützung und einen besseren Schutz der bestehenden und künftigen Familien einzusetzen. Vor allem durch niederschwellige Beratung bei Krisen und präventive Angebote zur Kommunikation in der Ehe, wie sie zum Beispiel die Marriage Week modellhaft vormacht. Auch christliche Gemeinden können in diesem Bereich noch konkretere Angebote machen. Unter den Arbeitsgemeinschaften der Evangelischen Allianz gibt es das Forum Ehe+Familie. Dieses müsste in den Gemeinden noch stärker beachtet werden, damit nicht wieder eine jährliche Veranstaltung mangels Teilnehmenden abgesagt werden muss, wie in diesem Jahr.

Zum Thema:
Dossier zu Ehe und Familie
Dossier zur MarriageWeek
Adoption für schwule Eltern: Christliche Positionen im Gegenwind des Zeitgeistes
Stiefkindadoption: Ständerat begibt sich aufs Glatteis
Nur ein Papi pro Kind: Bundesgericht anerkennt nur den genetischen Vater 

Datum: 06.10.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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