Gerechte Empörung?

Der Zeitgeist schlägt zurück

Das Schweizer Parlament verärgert Männerorganisationen und die SVP, weil es die unverheirateten Väter gleich zur Verantwortung ruft wie verheiratete. Bei näherem Hinsehen sieht das Gesetz aber gar nicht so übel aus. Ein Kommentar von Fritz Imhof.
Familie

Ganz ohne finanzielle Verantwortung waren ledige Väter auch bisher nicht, mussten sie doch an den Unterhalt des Kindes mitbezahlen. Das konnte einen spontanen «One-Night-Stand» ganz schön teuer machen. Gegenüber verheirateten Männern waren sie aber im Vorteil, weil sie nicht für die eigentliche Betreuungsarbeit bzw. deren anteilmässige Bezahlung, aufkommen mussten. Nun sollen sie verheirateten Vätern, die sich scheiden lassen finanziell gleichgestellt werden.

Bewertung fällt sehr unterschiedlich aus

Man kann das positiv und negativ beurteilen. Die SVP kritisiert die Gleichstellung der Unverheirateten mit Ehepaaren und sieht darin eine Schädigung von Ehe und Familie. Männerorganisationen beklagen, dass selbst Männer bezahlen müssen, welche sich als Samenspender missbrauchen und täuschen liessen.

In der Tat: ein nächtliches Abenteuer kann für beide Beteiligten teuer werden und wird später vom Mann umso schmerzhafter erlebt, wenn er nur als Zahlvater funktionieren darf, was ihn im schlimmsten Fall an die Armutsgrenze bringen kann. Letztlich sind es prekäre Folgen einer Entwicklung die sich über zwei Generationen erstreckt.

Spätfolgen der sexuellen Revolution

Blicken wir zurück. Die gesellschaftliche Revolution der 68er Jahre hat die sexuelle Freiheit propagiert. In der Folge wurden die kantonalen Konkubinate mehr und mehr aufgelöst. Während vor zwei Generationen ein uneheliches Kind einer Katastrophe – vor allem für die Mutter – gleichkam, ist es heute eine gesellschaftlich akzeptierte Variante, eine «Familie» zu gründen – mit oder ohne Partner. Doch sie hat zu einem Heer von oft überforderten ledigen Müttern und zu zahlreichen Zahlvätern geführt, die von den auferlegten finanziellen Pflichten brutal eingeholt worden sind. Den Kindern selbst fehlen dann die Väter, und die Mütter fühlen sich – besonders von den Söhnen – überfordert.

Im konkreten Fall hat sich gezeigt, was passieren kann, wenn Sexualität von Verantwortung abgelöst wird. Ein Kind ist schnell (ungewollt) gezeugt. Für Eltern der Nachkriegsgeneration war es klar, dass die Ehe der richtige Rahmen für die Betreuung und Erziehung eines Kindes ist. Voreheliche sexuelle Beziehungen waren die Ausnahme, denn man wusste, dass sie nicht nur unerwünschte Folgen, also ein Kind, haben können, sondern sie waren auch gesellschaftlich geächtet. Wenn sie dennoch vorkamen, wurden sie von den Paaren als Vorstufe der Ehe angesehen, insbesondere wenn sich ein Kind einstellte.

Führen finanzielle Aspekte zu Verhaltensänderung?

Es ist das Positive der neuen Regelung – die allerdings noch vom Ständerat bestätigt werden muss – dass sie anregt, über die Zusammenhänge von Sexualität, Elternschaft und Verantwortung anzuregen. Wer das tut, kann zu Folgerungen kommen, die weder als modern noch liberal gelten. Die Konsequenz ist aber nicht zwingend Enthaltsamkeit vor der Ehe, weil es sowohl für Frauen wie für Männer genug Verhütungsmöglichkeiten gibt. Und der Zeitgeist preist nach wie vor die grosse sexuelle Freiheit. Dass ein einziger sexueller Kontakt aber dramatische finanzielle Folgen haben kann, könnte viele (Männer) anregen, sich zumindest gut zu überlegen, mit welcher Frau sie sich einlassen – und umgekehrt. Und dass sie vielleicht mit diesem Mann / dieser Frau, das weitere Leben verbringen werden. Das wäre doch gar keine so üble Konsequenz eines neuen Gesetzes, auch wenn dieses sicher nicht zu einer sexuellen Konterrevolution führen wird.

Datum: 23.06.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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