Spaß am Training

Wir wollen Spass am Training haben
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Kurze Zeit, nachdem ich meine Trainertätigkeit im Volleyball vor 16 Jahren begonnen habe, versuchte ich, meinen eigenen Stil als Trainer zu finden. Ich habe mich hier von den Trainern, bei denen ich selbst trainiert habe, stark prägen lassen. Weiterhin habe ich versucht, mein Training so zu gestalten, dass ich eine positive Resonanz von den Spielern bekam. Positiv hieß auf einem unteren Niveau im Volleyball: 'Spaß haben'.

Sehr schnell habe ich jedoch gemerkt, dass ich mit den subjektiven Vorstellungen der Spieler von Spaß, langfristig weder erfolgreich sein würde, noch Spaß am Training vermitteln konnte. Hier musste ich nun direkt einige Entscheidungen für meine weitere Trainertätigkeit treffen:
Forderungen und Wünsche von Spielern bezüglich des Trainings werde ich sehr gut selektieren;
Ein sehr schlüssiges Konzept muss ich für meine eigene Volleyballphilosophie entwickeln;
Auf Übungen und soziale Probleme im Training werde ich mich sehr gewissenhaft vorbereiten;
Übungen von anderen Trainern können nicht eins zu eins auf die eigene Trainingsgruppe übernommen werden, sondern müssen je nach Niveau abgeändert werden.

Auf der falschen Seite

Ein entscheidender Punkt, in dem ich mit den Spielern, die ich bisher trainiert habe, übereinstimme, ist: 'Wir wollen Spaß am Training haben'. Ich hatte das große Glück, als erste Mannschaft, die ich als Coach übernehmen konnte, eine Damenmannschaft auf unterem Niveau zu trainieren. Im zweiten Jahr baute ich im selben Club eine weibliche Jugendmannschaft auf. Die Ansichten über Spaß am Training waren sehr ähnlich. Beide Mannschaften wollten am liebsten nicht schwitzen, keine roten Arme beim baggern bekommen, während 90 % der Trainingszeit Neuigkeiten austauschen, nur mit der besten Freundin spielen, nach dem Training lange duschen und, last but not least, den Jungen im benachbarten Hallendrittel zuschauen.
Hier wird mir jeder Trainer zustimmen, dass die Erfüllung dieser Ansicht über Spaß nicht zum Erfolg führen kann und andererseits spätestens nach einer Saison mit vielen verlorenen Spielen der Spaß am Volleyball vergeht.

Erfahrungsgemäß hat man das ultimative Spaßgefühl, wenn man vor vielen Zuschauern individuell und mit der Mannschaft gute Leistung zeigen kann. Viele Zuschauer, ist hier relativ zu sehen. Bei Jugendspielen sind viele Zuschauer schon 10 (meistens Eltern), im mittleren und oberen Bereich träumt man immer von einer vollen Tribüne.

Eine positive Sicht bringt's

Gute individuelle und mannschaftliche Leistung zu bringen und dadurch Spaß am Sport zu haben, bedingt jedoch eine professionelle Vorbereitung auf Training/Wettkampf (T/W) und das auf jedem Alters- und Leistungsniveau. Diese professionelle Vorbereitung fängt damit an, sich physisch und psychisch optimal auf T und W vorzubereiten.
Trainings- oder Spieltage sind in den zeitlichen Abläufen gut zu planen. Man sollte immer pünktlich zum T/ W ( mindesten 10 Minuten vor Trainingsbeginn) erscheinen, weder kurz vor dem T/W schlafen, noch fett essen (auch keine Süßigkeiten / am besten die Mahlzeiten vor T/W mit der Frau oder Mutter absprechen), die Sporttasche kontrollieren, Zeit für mentale Vorbereitung einplanen etc..
Ein wesentlicher Spaß-Faktor beim T ist jedoch in erster Linie, dass ich eine positive Einstellung zu Trainer, Übung, Mannschaft und der Tatsache, überhaupt Sport zu treiben, mitbringe.

Heimliche Spaßkiller

Bei oder nach jedem Training gibt es von einigen Spielern Unmutsäußerungen über den Trainer oder Übungen. Wenn man den Ursachen auf den Grund geht, kommt man sehr schnell zu dem Schluss, dass bestimmte Trainingsinhalte oder Übungen gemacht wurden, die dem Spieler oder der Mannschaft 'keinen Spaß' gemacht haben. Dies liegt an den Vorlieben der Spieler, bestimmte Elemente (z.B. Angreifen) im Training zu bevorzugen und andere Elemente, die nicht so spektakulär sind, zu vernachlässigen. Auf lange Sicht ist dies jedoch ein Spaßkiller, denn im Spiel muss jeder Spieler alle Elemente des Spiels beherrschen.

Ein Spieler meiner aktuellen Mannschaft sagt z.B., er werde kalt, wenn er Abwehrübungen mache, die in Spielhandlungen eingebunden sind. (Also nicht 30 Bälle hintereinander abwehren, sondern in Kombination mit Block Spielsituationen des Gegners zu 'lesen' und zu antizipieren.) Dies ist ein Paradebeispiel für die Einstellung beim Training. Jeder Spieler kann sich in solchen spielnahen Übungen sehr gut 'verstecken' und mit geringem Einsatz so spielen, dass er nicht negativ auffällt. Spieler und Trainer müssen jedoch intensiv an der Eigenverantwortung der Spieler arbeiten, um aus allen Übungen im Training den vollen Nutzen zu ziehen.

Schlüssel zum Spaß

Es wurde schon beschrieben, dass gute Leistungen der Schlüssel zu Spaß im Sport sind. Jedem Spieler gefällt es, montags die Zeitung aufzuschlagen und einen Bericht über sich oder seine Mannschaft zu finden oder Lob von Eltern, Freunden und Mitspielern zu bekommen. Wer schon einmal ein entscheidendes Spiel oder Turnier gewonnen hat, kann bestätigen, dass es sich lohnt, sich im Training zu schinden, um dieses Glücksgefühl des Jubels, der Anerkennung wieder zu bekommen.

Für Trainer besteht nun die Aufgabe darin, die Spieler optimal auf anstehende Leistungen vorzubereiten und gleichzeitig das Training bzw. die Mannschaft so zu steuern, dass sie innerhalb des konzentrierten Trainingsprozesses ein subjektives Spaßempfinden hat. Hier sind geschicktes Führungsverhalten und Improvisationstalent des Trainers gefragt. Im Volleyballsport haben wir den großen Vorteil des Teamgedankens. Es ist erstaunlich, zu welchen Leistungen Spieler fähig sind, wenn sie als Team gefordert werden. Ein Trainer sollte möglichst viele Situationen schaffen, in der Teamwork eine große Rolle spielt, z.B. das Erreichen eines gemeinsamen Ziels.

Beispiel: Die Mannschaft hat am Ende des Trainings die Aufgabe, 100 Punkte im Angriff zu erzielen. Je nach Leistungsstärke kann man nun die Punktevergabe gestalten. Meine Mannschaft bekommt einen Punkt, wenn der Ball, nachdem er ins Feld geschlagen wurde, eine bestimmte Höhe an der Wand erreicht. Das heißt, je härter ich den Ball ins Feld schlage, desto höher trifft er die Wand und bekommt dementsprechend viele Punkte. Bei dieser Übung kann jeder Spieler individuell viele Punkte bekommen, aber entscheidend ist, dass sich jeder Spieler beteiligt, da 100 Punkte individuell nicht zu erreichen wären.

Basisübungen und Stimmungen

Ich muss als Trainer versuchen, Situationen zu schaffen, die überschaubar sind, z.B. bzgl. der Zeit oder, die eine Leistungskontrolle beinhalten (z.B. Erreichen einer bestimmten Punktzahl) oder die Spieler angemessen belasten etc.. Der letzte Punkt ist sehr wichtig für die Stimmung in der Mannschaft, die ja letztendlich auch das subjektive Spaßempfinden beeinflusst. Die Spieler müssen das Gefühl haben, dass alle Spieler gleich behandelt werden oder sie müssen die Gründe für eine Ungleichbehandlung, die nicht zu vermeiden ist, verstehen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein klares Konzept des Trainers den Spaß am Training bedingt.

Ein wichtiger Tipp: viele Mannschaften hätten gerne in jedem Training neue Übungen, dies ist jedoch wieder einmal eine kurzweilige Freude, da Volleyball von Automatismen geprägt ist. Es ist wesentlich besser, einen Stamm von ca. 10-15 verschiedenen Übungen zu haben, die dann individuell auf jedes Training angepasst werden, z.B. auf die Spielerzahl adaptiert oder anderweitig verändert werden. Das Grundgerüst der Übung sollte jedoch immer gleich sein. So habe ich mit 15 Übungen und jeweils ca. 10 Variationen innerhalb einer Übung, 150 verschiedene Übungen, die jedoch ein gemeinsames Grundgerüst besitzen. Dies hat auch den Vorteil, dass die Spieler direkt wissen, was sie in einer Übung zu tun haben und auf welche Schlüsselpunkte der Trainer in der jeweiligen Übung Wert legt.

10 Punkte, die zu mehr Spaß am Training beitragen:

-Pünktlichkeit
-Professionelle Vorbereitung (Ernährung, Zeitplan, mentale Vorbereitung etc.)
-Positive Einstellung zu Leistung, Trainer, Mitspieler und Übungen
-Gemeinsame Aktivitäten außerhalb der T/W
-Ziele setzen und der Mannschaft mitteilen (kurz- und langfristig)
-Einzelgespräche führen, um Stimmungen und Probleme rechtzeitig zu erkennen-
-Kleinen, aber feinen Übungsstamm aufbauen
-Übungen z.B. von Profimannschaften nicht 1:1 übernehmen
-Teamfähigkeit und Eigenverantwortung der Spieler entwickeln
-Ehrlichkeit im Umgang miteinander

Datum: 27.03.2002
Autor: Dieter Scholl
Quelle: SRS online

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