Vorwurf der Homophobie

BESJ unter Beschuss: «Wir bedauern!»

Jungscharen hetzen gegen Schwule? Wer die «20Minuten» vom 28. Juni las, rieb sich die Augen. Worum geht es? Grund für die Aufregung beim Gratisblatt war eine Auflistung von Bibelstellen auf der BESJ-Webseite.
Printscreen der BESJ-Webseite (www.besj.ch).
Schlagzeile auf 20Minuten.ch
Adrian Jaggi, Mediensprecher des BESJ
Andi Bachmann-Roth

Der BESJ stellt den Jungschi-Leiterinnen und -Leitern eine elektronische Themenkonkordanz zur Verfügung. Die Idee dahinter war, dass die Leiter ein Thema selber von der Bibel her aufarbeiten können. Suchte man unter dem Stichwort «Homosexualität», dann tauchte eine Auflistung von unkommentierten Bibeltexten auf. Mitunter auch solchen aus dem alttestamentlichen Gesetz, die gleichgeschlechtlichen Sex unter Todesstrafe stellen. Diese Liste einzustellen, sei ein Fehler gewesen, sagt nun der BESJ. Sie wurde inzwischen entfernt.

Jaggi: «Mit Sicherheit nicht!»

Wird an Jungschi-Nachmittagen gegen Schwule agiert, wie es die Schlagzeile des Boulevardblattes suggeriert? Nein, sagt Adrian Jaggi, Mediensprecher des BESJ. So sei das auf keinen Fall gemeint gewesen. «Die Themenkonkordanz ist wie ein Bibel-Google, das zu Stichwörtern Bibelstellen ausspuckt», erklärte er gegenüber «Blick». «Das Problem war, dass die Bibelstellen nicht kommentiert wurden, also eine Einordnung fehlte», sagt Jaggi. Da der Begriff Homosexualität in diesem Wortlaut nicht in der Bibel vorkommt, wurden mittels Textüberschiften einschlägige Titel gesetzt. Diese seien «teilweise veraltet und unhaltbar formuliert» gewesen, teilt der BESJ mit. «Es war nie die Absicht, damit Homosexuelle zu verletzen oder anzugreifen. Wo dies nun trotzdem geschehen ist, entschuldigen wir uns in aller Form», sagt Adrian Jaggi. Er bedaure sehr, dass damit der Eindruck entstanden sei, Jungscharen würden gegen Homosexuelle hetzen. «Das ist mit Sicherheit nicht so», beteuert er. «Wir führen keine Statistiken. Aber ich gehe davon aus, dass bestimmt auch Homosexuelle unter unseren über 15'000 Mitgliedern sind.»

Kein Thema in der Ausbildung

Der BESJ bildet Leiterinnen und Leiter im Auftrag von reformierten Kirchen und Freikirchen aus. Dabei wird das kontroverse Thema Homosexualität aber ausgespart. Wer Fragen dazu hat, wird an seinen Pfarrer verwiesen. Eine Liste mit Bibelstellen als Arbeitshilfe zu veröffentlichen, wird vom BESJ als falsch eingestanden. «Das war ein Fehler», räumt jetzt Adrian Jaggi ein. Diese unkommentiert veröffentlichten Verse werden nicht verstanden. «20Minuten» etwa bezeichnet schon das Zitieren dieser Stellen als «Aufruf zur Hetze». In einer Online-Umfrage wird gefragt: «Soll der Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen BESJ verboten werden?» Von den gegen 17'000 Teilnehmenden war eine knappe Mehrheit dafür.

BESJ ist nicht homophob

«Wir sind nicht homophob», betont Adrian Jaggi. Es sei kein Ziel des BESJ, gegen homosexuell empfindende Menschen zu agieren. «Gott gebietet uns, sich selbst und den Nächsten zu lieben - damit sind auch Homosexuelle gemeint», wird er in einem Folgebeitrag von «20Minuten» zitiert. Der BESJ sei offen für Homosexuelle. Gemäss Jaggi ist das beanstandete Bibel-Dossier vor ungefähr zehn Jahren erstellt worden mit dem Ziel, Leitern passive Hilfestellungen zu bieten, um Themen anhand der Bibel aufzugreifen. Der Verband wolle die Mitglieder zu mündigen Bürgern erziehen und ihnen keine Haltungen aufdrängen. Auf keinen Fall habe man damit irgendjemanden verletzen wollen. Jaggi: «Sollten wir dies getan haben, tut es uns leid.» Und Peter Blaser vom BESJ bekräftigte gegenüber idea, man habe gar nicht realisiert, dass diese Liste online sei. Das Kerngeschäft des BESJ sei die Leiterausbildung. Wer immer dies wolle, könne einen BESJ-Kurs besuchen.

Bachmann-Roth: «Keine Diskriminierung»

Andi Bachmann-Roth, Jugendverantwortlicher bei der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), sagte gegenüber idea: «Wir wollen auch unter diesem Aspekt (Anm. der Homosexualität) keine Menschen diskriminieren. Das wird in der Charta für Jugendarbeit festgehalten.» Zurzeit stehen christliche Jugendverbände in Verhandlungen mit dem Bundesamt für Sport (BASPO). Es geht um J+S-Beiträge, die ihnen gestrichen wurden. Bachmann-Roth merkte an, dass in diesen Gesprächen die Homosexualität kein Kernthema gewesen sei. Allerdings sei sie als Negativbeispiel vorgebracht worden.

Jungschi auf dem Bundesplatz

Die Aufregung um den BESJ und seine angebliche Homofeindlichkeit kommt drei Tage vor einer Veranstaltung der christlichen Jungscharen in Bern. Am Samstag präsentieren sie sich vor dem Bundeshaus. Sie wollen zeigen, wie sie arbeiten und was sie unter ganzheitlicher Jugendförderung verstehen.

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Datum: 01.07.2017
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Schweiz

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