Gemässigte Imame

Die Schlüsselpersonen gegen die Radikalisierung von jugendlichen Muslimen

EVP-Nationalrätin Maja Ingold setzte sich mit einem Postulat gegen SVP und FDP durch. In Zukunft sollen keine «erzkonservativen Prediger» ohne Kenntnisse und Bezug zur Schweiz tätig sein können.
Maja Ingold
Simonetta Somaruga
Muslime

Der Nationalrat hat ihr Postulat knapp mit 90 gegen 87 Stimmen überwiesen. Im Titel zu ihrem Vorstoss heisst es: «Gemässigte Imame sind Schlüsselpersonen gegen die Radikalisierung von jugendlichen Muslimen». In ihrem Votum in der grossen Parlamentskammer wies Maja Ingold darauf hin, dass in manchen Moscheen in der Schweiz Inhalte vermittelt würden, die «unsere Rechtsauffassungen und den gesellschaftlichen Zusammenhang» torpedierten. Der Bundesrat solle deshalb in einem Bericht zeigen, «mit welchen Massnahmen Ausbildungsvoraussetzungen für Imame geschaffen werden können, die vor islamistischer Missionierung schützen».

Sukkurs von Bundesrätin Sommaruga

Widerstand dagegen kam von der SVP und dort namentlich von der bekennenden Christin Yvette Estermann. Es brauche keine neuen Massnahmen, sondern den Mut, jugendlichen Muslimen zu sagen «was in unserem Land erlaubt ist, was wir uns wünschen und was wir uns nicht wünschen». Sukkurs erhielt sie dagegen von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Estermann entgegen hielt, dass religiöse Betreuungspersonen eine wichtige Rolle bei der Integration von Ausländerinnen und Ausländern spielen würden. Diese Rolle könnten sie aber nur mit entsprechender Ausbildung wahrnehmen. Es sei auf alle Fälle nötig, an diesem Thema weiterzuarbeiten, so Sommaruga. Der Bundesrat teile die Ansicht der Postulantin, dass ein solcher Bericht zur Frage der Imamausbildung einen Beitrag zur Verhinderung der islamistischen Radikalisierung leisten könne.

Heisses Eisen behutsam angepackt

Der Bundesrat muss nun in einem Bericht zeigen, welche Voraussetzungen bei der Ausbildung von Imamen es braucht, um vor islamistischer Missionierung zu schützen, wie es im Vorstoss von Maja Ingold heisst. 

Die Nationalrätin hat nicht nur ein heisses Eisen angefasst, sondern auch politisch klug gehandelt. Sie hat nicht pauschal eine Imamausbildung in der Schweiz gefordert, sondern verlangt, dass ein einzelner Aspekt in dieser heiklen Frage abgeklärt wird mit dem Ziel, der Radikalisierung von jungen Muslimen entgegenzuwirken. Sie gibt damit auch das Ziel einer allfälligen Imamausbildung vor, einer von vielen Schweizern ungeliebten Religion Akzeptanz zu verschaffen, weil deren Angehörige mit den Werten des Landes vertraut gemacht werden.

Das Erfahrungspotenzial nutzen

Noch wenden sich viele Politiker instinktiv gegen die Ausbildung von Geistlichen für eine Religion, die sie gar nicht hier haben möchten. Doch sie sind da und werden auch da bleiben. Eine christliche Sicht muss immer darauf bestehen: wer Glaubensfreiheit wünscht, muss sie auch andern zugestehen, selbst wenn eine Religion im Grunde antichristlich geprägt ist. Die Schweiz hat in der Auseinandersetzung unterschiedlicher (christlicher!) Konfessionen viele schmerzliche, aber auch heilsame Erfahrungen gemacht. Diese müssen jetzt auch im Umgang mit andern Religionen genutzt werden.

Zum Thema:
Radikale Moscheeprediger: Imame besser überwachen oder integrieren?
Postulat gegen Radikalisierung: Maja Ingold: «Imame sind Schlüsselpersonen»
Verdrängte Kontroverse: Gehört der Islam zur Schweiz?
Islam als Garant der Ordnung: Muslime wollen die Scharia
10% der Bevölkerung Europas: 2050 gleich viel Muslime wie Christen auf der Welt

Datum: 20.03.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / kath.ch

Werbung
Livenet Service
Werbung