Tim aus Nordirland

Wie ein Pastor damit umging, als sein Vater zur Frau wurde

Tim ist Pastor einer blühenden Gemeinde in Nordirland. Als sein Vater ihm aus heiterem Himmel erklärt, dass er Transgender ist und sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen wird, ist Tim schockiert. Doch er entscheidet sich, seinen Vater zu unterstützen. Eine Reise der Liebe, des Schmerzes, der Ehrlichkeit und der Spannung zwischen Gnade und Wahrheit.
Pastor Tim aus Nordirland
Pastor Tim

Im April 2012 kam mich mein Vater besuchen. Er hatte bereits mehrere Jahre an Depressionen gelitten und hatte sich deshalb aus der Leitung diverser Firmen zurückgezogen. An dem Tag setzte er sich an meinen Küchentisch und sagte: «Mein ganzes Leben lang habe ich mich gefühlt wie eine Frau, die im Körper eines Mannes gefangen ist. Ab heute möchte ich nicht mehr dein Vater sein, sondern ich möchte als Frau wahrgenommen werden.»

«Gott, was würdest du tun?»

Mein Kopf schwirrte nur so und meine automatische Reaktion war Panik: Was mache ich jetzt? Wie reagiere ich? Ich bin eher ein impulsiver Mensch, aber in dem Moment machte ich bewusst eine Pause und fragte: «Gott, was würdest du tun?» Und in dieser Pause spürte ich, dass meine Reaktion voller Liebe, Gnade und Erbarmen sein sollte. Als ich die Worte fand, um meine Gedanken auszudrücken, sagte ich ihm: «Papa, ich hab keine Ahnung, wie wir das machen werden, aber ich liebe dich! Du bist mein Papa und wir stehen das gemeinsam durch.» Ich umarmte ihn und fragte: «Was steht jetzt an?»

Dann erklärte mein Vater mir die medizinischen und chirurgischen Prozesse der nächsten zwölf Monate. Er würde Hormone nehmen, sich dann einer Operation unterziehen, durch die er sein neues Geschlecht erhielt, und letztlich einen legalen Prozess beginnen, um offiziell als Frau zu gelten.

«Das bedeutendste war, seine Hand zu halten»

So seltsam sich dies anhören mag, für mich war klar: Egal, was ich fühlte und egal, wie mein Vater sich mir gegenüber präsentieren wollte, ich wollte ihm nicht den Rücken zuwenden. Ich glaube, dass es mein Auftrag ist, der Welt Liebe, Erbarmen und Grosszügigkeit auszudrücken, egal wie die Umstände sind.

Während der Rest der Welt meinem Papa den Rücken kehrte – von Geschwistern und Arbeitskollegen bis hin zu Freunden – war mein bedeutendster Akt, die Hand meines Vaters zu halten. Ich musste meine Gefühle und meine Reaktionen beiseitelassen, um mit meinem Vater durch das alles zu gehen. Ich begleitete ihn sogar zur Geschlechtsumwandlung. Hätte ich ihm in seiner vielleicht grössten Not den Rücken gekehrt, wäre das keine gute Darstellung der Kirche gewesen, aber auch keine barmherzige Haltung eines Sohnes.

Ehrliche Kommunikation

Auch heute, sechs Jahre später, ist es für mich persönlich ein sehr empfindliches und schwieriges Thema. Ich liebe meinen Papa; die Charaktereigenschaften, die ich an ihm bewundere, sind immer noch vorhanden. Aber trotzdem habe ich dieses enorme Gefühl des Verlusts: Mein Papa ist tot!

Wir entschieden uns, miteinander ehrlich über unsere Gefühle zu reden und unsere Ehrlichkeit gegenseitig zu akzeptieren. Es ist schwierig, manchmal auch schmerzhaft für uns beide, zu hören, was der andere sagt. Aber durch das gegenseitige Verständnis und den Respekt sind wir dazu fähig.

Probleme sind geblieben

Neben der Geschlechtsumwandlung gab es mehrere Operationen, um das Erscheinungsbild zu verändern. Ich persönlich finde es enorm schwierig, damit umzugehen. Denn wenn ich die Person vor mir anschaue, sehe ich einen innerlich gebrochenen Menschen, der einen Weg eingeschlagen hat, um äusserliche Veränderung zu schaffen, die mich sehr traurig und manchmal auch wütend macht.

Aber ausser dem Erscheinungsbild hat sich nichts verändert. Seine Probleme zur Identität und Annahme seiner selbst sind geblieben.

Wo finden wir unsere Identität?

Mein Vater erzählte mir, dass er den grössten Teil seines Lebens Gott gebeten hat, die Last seines inneren Chaos zu beseitigen. Und jetzt hatte er das Gefühl, dass er genug Zeit im Gebet verbracht hatte und dass dies seine einzige Alternative ist. Er betet immer noch und glaubt, dass Gott ihn liebt und dass dies Gottes Wunsch für ihn war. Aber für mich ist die Realität, dass wir unsere Identität in Jesus Christus finden und in dem, was er sagt, wer wir sind. Wenn ich diese Dinge sehe, dann glaube ich, dass mein Papa nie wirklich der Liebe vom Kreuz begegnet ist und es fällt mir schwer zu glauben, dass er wirklich eine umfassende Beziehung zu Jesus Christus hat.  

Ich sage das, weil meine Identität komplett verändert wurde, als ich Jesus kennenlernte, als obdachloser Drogenabhängiger, der sich selbst hasste, selbstmordgefährdet war und dachte, die Welt wäre ohne ihn besser dran. Aber dann erkannte ich die Realität des Kreuzes und was Jesus sagte, wer ich bin, nämlich sein perfektes Ebenbild, geliebt, wertgeschätzt, mit einem Sinn geschaffen… Identität hängt für mich mit dem Kreuz zusammen. Das bedeutet für mich, dass ich meinen Vater mit Liebe anschaue, aber ich muss ihm auch die Wahrheit sagen. Und obwohl ich meinen Vater liebe und ihn unterstützen möchte, kann ich nicht mit seiner Entscheidung übereinstimmen.

Ich bin überzeugt, dass es nicht Gottes Plan, Design oder Wunsch ist, dass jemand eine Geschlechtsumwandlung durchmacht. Für mich ist das Selbstverletzung auf höchster Stufe, emotional und physisch, wenn man das Äussere verändert in der Hoffnung, dass es das Innere auch ändert. Es ist mein Wunsch, Jesus den Menschen so vorzustellen, dass sie sich in Jesus verlieben und dadurch in sich selbst. Unsere Identität liegt in Christus – und solange wir das nicht entdecken, werden wir uns immer im Kreis drehen.

Dieser Artikel basiert auf einem Interview, das die Evangelischen Allianz UK mit Pastor Tim führte.

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Datum: 14.12.2018
Autor: Tim / Rebekka Schmidt
Quelle: Evangelische Allianz UK / Übersetzung: Livenet

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