Einblicke in die antike Welt

Jäger des verlorenen Wissens

Davon wird langfristig auch die Biblische Archäologie profitieren. Eine neue Technologie zur Keilschrifterkennung hat der Heidelberger Informatiker Hubert Mara entwickelt. Eine andere Methode ist die Verwendung von Infrarottechnik.
Neue Technologie zur Keilschrifterkennung. Die Grafik zeigt eine bearbeitete Keilschrift.

Das Verfahren basiert auf 3D-Scans der Oberflächen von archäologischen Fundstücken, die mit mathematischen Methoden automatisiert analysiert werden können. Hubert Mara ist Doktorand in der Arbeitsgruppe «Visualisierung und Numerische Geometrie» am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg.

Mit dem von Hubert Mara entwickelten Verfahren wird das Computerbild mit Methoden der algorithmischen Geometrie detailliert analysiert, um die Einkerbungen der Keilschrift zu ermitteln.

Nicht nur für Keilschrift

Die neue Methode wird die Arbeit von Assyriologen, die oft mit grossen Mengen von Keilschrift-Dokumenten konfrontiert sind, wesentlich erleichtern. So lassen sich auch Fundstücke, die bereits in Museen archiviert sind, noch detaillierter analysieren. Dabei sind die Möglichkeiten nicht nur auf die Keilschrift beschränkt:

Bei der Inschrift eines stark verwitterten jüdischen Grabsteins aus dem 12. Jahrhundert haben Mara und seine Kollegen die Mustererkennung bereits erfolgreich eingesetzt. Die Methode lässt sich zudem bei komplexen Darstellungen nutzen.

Verkohlte Schriftrollen

Nur ein Prozent der Schriften von Römern, Griechen und Ägyptern ist bis heute erhalten. Damit die wertvollen Papyri nicht unter den Händen der Wissenschaftler zu Staub zerfallen, ist viel Know-how gefragt: Forscher versuchen mit modernen Methoden, die antiken Texte wieder lesbar zu machen. So haben sie bereits längst verschollen geglaubte Werke aus Herculaneum und Alexandria wieder hergestellt, wie das Geschichtsmagazin epoc berichtet.

Bei Ausgrabungen in Herculaneum (heute Ercolano) bargen Archäologen fast 1800 Schriftrollen aus einer römischen Villa. Die Stadt am Golf von Neapel war beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. gemeinsam mit Pompei verschüttet worden, wobei die mehrere hundert Grad Celsius heisse Glut die Papyri zu schwarzen Würsten zusammendampfte. Das pflanzliche Material wurde so konserviert – doch schon bei der leichtesten Berührung zerbrechen die Rollen.

Infrarotstrahlen machen Zeichen sichtbar

Ein Expertenteam aus Italien und den USA will sie dennoch rekonstruieren. Die nötige Technik dazu entwickelten norwegische Wissenschaftler: Der verkohlte Papyrus wird mit einer leimartigen Substanz bestrichen, die in die Fasern eindringt. Nach einer Weile ist das Material fest und die Rolle lässt sich vorsichtig öffnen.

Um anschliessend die Schrift auf den Seiten lesbar zu machen, benutzen Papyrologen seit einigen Jahren Infrarottechnik. Eine hoch auflösende Digitalkamera macht mit Infrarotstrahlen Zeichen und Linien sichtbar, die das menschliche Auge nicht mehr wahrnehmen kann. Dank dieser Verfahren viele Schriftstücke aus Herculaneum entziffert werden.

Älteste Karte rekonstruiert

Die Arbeiten des Geografen Artemidor von Ephesus beispielsweise galten als verloren, sie lagerten um 100 v. Chr. in der Bibliothek von Alexandria und gingen später unter. Doch vor etwa elf Jahren fand die Papyrologin Bärbel Krämer aus Trier einen Teil davon wieder – als Füllmaterial einer Mumienmaske. Forscher puzzelten die Schnipsel wieder zusammen und präsentierten schliesslich eine Landkarte des Artemidor. Sie ist bis heute die älteste erhaltene Karte des klassischen Altertums.
 

Datum: 08.11.2010
Quelle: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg/epoc

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