Lesben- und Schwulenparade mit politischer Prominenz – Lob vom Kanzler

CSD Webseite

Berlin– Mit Strassenumzügen in zahlreichen deutschen Städten werben Homosexuelle in den kommenden Wochen für Gleichberechtigung und Toleranz. Grösster Umzug zum “Christopher Street Day” (CSD) wird am 22. Juni die Parade in Berlin sein, zu der eine halbe Million Besucher erwartet werden. In einem Grusswort würdigt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) das Ereignis als “ein Fest für uns alle”. Die Gesellschaft sei durch den CSD “bunter, aber auch offener und toleranter” geworden.

Der Zug durch Berlin wird von einem Wagen mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) angeführt. Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) – selbst bekennender Homosexueller – hisste am 14. Juni vor dem Roten Rathaus die Regenbogenflagge als Symbol der weltweiten Homosexuellen-Bewegung. Er eröffnete damit einen Reigen von Schwulen- und Lesbenpartys, deren Höhepunkt der Umzug am 22. Juni sein wird.

Daran wird sich die Initiative “Homosexuelle und Kirche” (HUK) ebenso beteiligen wie die Homosexuellen-Gruppen von CDU, SPD, Grünen, PDS und FDP. Unter dem Motto “Wir machen Berlin anders – weltoffen, tolerant, queer” soll gegen die Diskriminierung Homosexueller und für ein Recht auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare demonstriert werden, so die Veranstalter. Anlässlich des CSD-Tages wird auch ein von den Berliner Verkehrsbetrieben verkaufter Slip als Fahrschein gültig sein.

EAK: Wowereit macht Wahlkampf mit dem Schwulsein – Allianz: “Volksfest für Voyeure”

Berlins Christen reagieren teils mit Gleichgültigkeit, teils aber auch empört auf die Aktivitäten der homosexuellen Szene. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der Berliner CDU, Stefan Dachsel, kritisierte gegenüber idea, dass der Regierende Bürgermeister “mit seiner sexuellen Prägung Wahlkampfpropaganda” mache. Wowereit vermische Amt und Privatleben. Dachsel: “Das Amt des Regierenden Bürgermeisters ist für alle Berliner da, das Hissen der Regenbogenflagge aber nutzt nur den Homosexuellen.”

Nach Ansicht von Pfarrer Axel Nehlsen, Mitglied im Leitungsteam der Berliner Evangelischen Allianz, leiden “homosexuell lebende Menschen unter einer Identitätsstörung”. Homosexualität sei zwar eine existente, aber “von Gott nicht als förderlich betrachtete” Form des Zusammenlebens. In der Bibel werde sie als Sünde bezeichnet. Homosexuellen könne und müsse geholfen werden, zum Beispiel “durch geduldige und annehmende Begleitung und Seelsorge”. Nehlsen kritisierte, dass die Berliner Bevölkerung die Homosexuellen-Parade statt dessen zu einem “Volksfest für Voyeure” mache. Die meisten Zuschauer am Strassenrand hätten selbst keinerlei Bezug zu einer homosexuellen Lebensweise.

Grosse Kirchen halten sich mit Stellungnahmen zurück

Die offiziellen Vertreter der Grosskirchen äusserten sich eher zurückhaltend: Der Sprecher des römisch-katholischen Erzbistums Berlin, Andreas Herzig, verwies gegenüber idea darauf, dass die Beteiligung am CSD grundsätzlich eine Entscheidung des einzelnen Teilnehmers sei. Katholische Gruppierungen seien seinem Kenntnisstand nach nicht an der Homosexuellenparade beteiligt.

Auch die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg wollte sich nicht offiziell zum CSD äussern. Gegenüber idea verwies Pressesprecher Reinhard Lampe lediglich auf die allgemeine Position der Kirche zum Umgang mit Homosexuellen. Hier gelte der Grundsatz, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung als minderwertig gelte. Ehe und Familie hätten aber eine Sonderrolle, die es zu schützen gelte. Da praktizierte Homosexualität dem entgegenstehe, stehe man ihr kritisch gegenüber.

KEP: Würde der Regierende Bürgermeister auch eine Flagge mit einem Kreuz hissen?

Ein stärkeres Auftreten der Kirchen angesichts eines “schockierenden Werteverfalls” in der Bundeshauptstadt forderte dagegen der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP (Konferenz Evangelikaler Publizisten), Wolfgang Baake (Wetzlar). “Unter den Christen in Berlin und Deutschland müsste es angesichts der mehrfachen, bewussten Tabubrüche von Klaus Wowereit ein Heulen und Zähneklappern geben”, so Baake, der auch Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz der Bundesregierung ist. Er frage sich, ob der Regierende Bürgermeister vor dem Roten Rathaus auch eine Fahne mit einem Kreuz hissen würde.

“Angesichts der aktuellen politischen Lage sollten unsere Politiker im Übrigen auch etwas Besseres zu tun haben, als eine Homosexuellenparade zu eröffnen”, so Baake. Schon seit langem wundere er sich, dass es in Berlin keinen “Aufstand der Anständigen” gebe. In Köln wurde am 15. Juni das grösste europäische Schwulen- und Lesbenfestival “Europride” eröffnet. Bis zum 7. Juli sind fast 230 Veranstaltungen geplant. Den Abschluss bildet ein Umzug durch die Innenstadt. Weitere Paraden zum CSD sind am 20. Juli in Frankfurt am Main und am 3. August in Stuttgart geplant.

Datum: 24.06.2002
Quelle: idea Deutschland

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