Kontroversen am israelischen Labour-Parteitag

Tel Aviv - Am Kongress seiner Labour-Partei hat der israelische Aussenminister Shimon Peres am Montagabend erklärt, Israel müsse einen neuen Partner für den Weg zum Frieden suchen. "Israel muss einen geeigneten Partner für den Krieg gegen den Terrorismus suchen oder schaffen, einen friedenswilligen Partner", sagte Peres zur Eröffnung des Parteitags. Allerdings fänden sich geeignete Partner erst, wenn bei der Bekämpfung des Terrors für die Palästinenser auch eine politische Lösung am Horizont sichtbar werde.

Die Rede von Peres war das erste Zeichen dafür, dass er nach der Rede von Präsident Bush Arafat, mit dem zusammen er 1994 den Friedensnobelpreis erhielt, aufzugeben bereit ist. Darüber hinaus, so die Zeitung Haaretz, hatte Peres nichts Neues zu sagen. Er sprach vor beinahe leeren Rängen, da von 2'500 Delegierten 2'000 den Saal für seine Rede verliessen!

Der neue Parteichef, Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer, erklärte in seiner Rede zu Beginn des Parteitags, dass es für den Konflikt mit den Palästinensern keine militärische Lösung gebe. Zum ersten Mal sagte er auch, dass der Bau von Siedlungen im Gazastreifen und in isolierten Teilen der West Bank ein Fehler gewesen sei. Diese Siedlungen müssten im Zuge eines Friedensabkommens geräumt werden.

Im zweiten Teil der Rede rechtfertigte Ben-Eliezer das Verbleiben der Labour-Partei in der Regierung von Ariel Sharon. "Wenn wir nicht in der Regierung wären, würde die Trennmauer nicht gebaut und die Aussenposten würden nicht geräumt. Es gäbe schon keine Autonomiebehörde mehr, und Arafat wäre deportiert worden. Dies hätte einen Kampf mit der westlichen Welt und den gemässigten arabischen Staaten ausgelöst und statt Arafat Israel in die Ecke gedrängt", sagte Ben-Eliezer vor den Parteitagsdelegierten.

Staatspräsident Moshe Katsav unterstützte in einer Rede die Haltung von Ben-Eliezer und forderte die Partei auf, in der Regierung der nationalen Einheit zu verbleiben. Die Gegner dieser Politik unter Führung des Knesset-Speakers Avraham Burg wollen am Parteitag eine Diskussion darüber erzwingen. Chaim Ramon, der härteste Rivale des Parteichefs, kritisiert den Bau der Trennmauer, da sie Israels Sicherheit nicht diene, und fordert die sofortige Räumung von entlegenen Siedlungen.

Der frühere Aussenminister Shlomo Ben-Ami erhielt starken Applaus, als er fragte, was mit der Glaubwürdigkeit der Partei geschehe, wenn sie, statt ihre eigenen Ziele zu verfolgen, sich als Handlanger der extremen Rechten in Sharons Regierung verdinge.

Quelle: Haaretz

Datum: 03.07.2002

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