Bezeichnung „Sekte“ ist nicht diffamierend

Die aus Indien stammenden „Osho“-Bewegung ist aus der Bhagwan-Bewegung entstandenen.

Karlsruhe. Die deutsche Bundesregierung darf religiöse Vereinigungen oder weltanschauliche Bewegungen grundsätzlich als „Sekte“ oder „Jugendreligion“ bezeichnen. Diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen wie „destruktiv“ und „pseudoreligiös“ seien dagegen in der Regel nicht mit der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates vereinbar, heisst es in einem veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu staatlicher Information über Weltanschauungen.

Deutsche Meditationsvereine der aus Indien stammenden „Osho“-Bewegung hatten von der Bundesregierung gefordert, nicht als „Sekte“, „Jugendsekte“, „Psychosekte“ oder „Jugendreligion“ bezeichnet zu werden. Vor allem die Wertung „destruktiv“ und „pseudoreligiös“ lehnten die aus der Bhagwan-Bewegung entstandenen Vereine ab. Zwischen den Jahren 1979 und 1984 erhob die Regierung gegen diese zudem den Vorwurf der Manipulation von Mitgliedern.

Das Bundesverfassungsgericht gab der Verfassungsbeschwerde der Osho-Vereinigung nun zum Teil statt. Die Karlsruher Richter hoben ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Nordrhein-Westfalen auf und verwiesen den Fall an das Gericht zurück.

Die Bezeichnung der Osho-Bewegung als „Sekte“, „Jugendsekte“, „Jugendreligion“ und „Psychosekte“ sei verfassungsrechtlich zwar „bedenkensfrei“, so der Erste Senat. Die Kennzeichnung als „destruktiv“ und „pseudoreligiös“ sowie der Manipulationsvorwurf genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen dagegen nicht.

Solche Äusserungen seien nur gerechtfertigt, wenn sie durch gewichtige oder konkrete Tatsachen gestützt würden. Insgesamt biete das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit keinen Schutz dagegen, dass sich der Staat kritisch mit umstrittenen Vereinigungen auseinander setzt, hiess es.

Die deutschen Osho-Meditationsvereine kritisierten das Urteil. Das Bundesverfassungsgericht gehe hinter die Forderung der Bundestags-Enquetekommission von 1998 zurück, die die Verwendung des Begriffes „Sekte“ wegen seines Negativ-Images ablehne, erklärte Vereinsvorsitzender Robert Doetsch in Köln. Damit werde einer undifferenzierten Information des Staates über religiöse Gemeinschaften „Tür und Tor“ geöffnet. Doetsch beklagte zudem, dass das Gericht elf Jahre für die Entscheidung gebraucht habe.

Datum: 02.08.2002
Quelle: Epd

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