Päpste unter Salafisten

Papstbesuche in Riad und Abu Dhabi könnten Sinn machen

Die Herrscher der Saudis und die Vereinten Emire bekommen Papstbesuch. Trotz der Kriegsverbrechen in Jemen. Lässt sich das rechtfertigen?
Papst Franziskus und Patriarch Tawadros II.

Aus Rom reist Papst Franziskus nach Abu Dhabi. Aus Ägypten der koptische Papst-Patriarch Tawadros II. nach Riad. Beide verbindet ihr Titel, der aus Alexandria stammt und erst später in Rom übernommen wurde. Ebenso wie die dreifache ägyptische Patriarchenkrone als päpstliche Tiara imitiert wurde.

Der Agent des Papstes

Als Reisemarschall des römischen Papstes in den Vereinigten Arabischen Emiraten fungiert ein Schweizer: Der 76-jährige Kapuziner Paul Hinder aus Bussnang im Thurgau. Er ist rund zwei Jahre älter als die Schweizer Kapuziner im Durchschnitt. Sie waren im 16. Jahrhundert in die Alpentäler gekommen, um dort die Reformation zu bekämpfen – heute kämpfen sie mit Überalterung und Nachwuchsmangel. Im Ausland sind aber immer noch genug Kapuziner da, um internationale Schlüsselpositionen der katholischen Kirche zu besetzen: Seit 2005 ist Paul Hinder «Apostolischer Vikar von Arabien», das heisst Bischof der gesamten Arabischen Halbinsel mit Sitz in Abu Dhabi. Er betreut mehr als eine Million katholische Christen, die es beruflich in die Golfstaaten und nach Saudi-Arabien verschlagen hat.

Das Los der Christen

Westliche Techniker bilden eine Art Oberschicht, zu denen auch die Fachleute aus Europa und Amerika evangelischen Glaubens gehören. Katholische Bau- und Industriearbeiter sowie Hausmädchen «für alles» aus den Philippinen, Indien, Äthiopien und Eritrea bilden die breite, von den Ölscheichs bei der Arbeit und sexuell ausgebeutete Unterschicht. In ihr mehren sich die Bekehrungen zu Pfingstkirchen und anderen Evangelikalen, was die meisten Arbeitsgeber nicht gern sehen. Früher auch Rom nicht, doch hat sich das mit Papst Franziskus auch in ihrer Haltung zur Weltweiten Evangelischen Allianz und ihrer «Kommission für Religionsfreiheit» gewandelt.

Minimale Öffnung als Grund für einen Besuch

Bischof Hinder verweist allerdings darauf, dass ihm bezüglich Sozialkritik an den Lebensbedingungen der christlichen Gastarbeiter die Hände weitgehend gebunden sind, da ihm die Ausweisung droht. In den ihm anvertrauten Ländern gebe es keine volle Religions- und Kultfreiheit. Am schlimmsten ist die Lage in Saudi-Arabien, wo Kirchen verboten sind und nicht einmal in Privatwohnungen gebetet oder die Bibel gelesen werden darf. Die Genehmigung einer koptischen Abendmahlsfeier in den eigenen vier Wänden der ägyptischen Familie eines Erdöltechnikers genügt jetzt Papst-Patriarch Tawadros als Grund, für seinen Besuch beim umstrittenen Saudi-Kronprinzen Mohammad Bin Salman.

Notwendiges Zeugnis

Laut Paul Hinder sind an der weltweiten Ausbreitung des Islams weitgehend die Christen selbst schuld: Als Hauptgrund gilt für ihn die heutige Migration aus islamischen Staaten mit Geburtenüberschuss in Länder mit rückläufiger christlicher Bevölkerung. Im Orient wie im Abendland herrsche gleichzeitig eine «Kultur der Einschüchterung und Feigheit». Von der Austragung des Schweizer Minarettstreits her kennt man die Einschüchterungen, wenn religiöses Bekenntnis in der Öffentlichkeit gefragt ist.

Die Papstreise in die Emirate – und gerade der Besuch dieses Papstes – seien daher laut dem Schweizer Bischof in Abu Dhabi «ein notwendiges Zeugnis für Jesus mitten in der Muslimwelt. Es kommt allen Christen zugut!»

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Datum: 12.12.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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