Exot im Leistungssystem

Pastor Bode ist Seelsorger und Tankstelle bei den Paralympics

Mit den Paralympics finden die Olympischen Spiele in London gewissermassen eine Fortsetzung. Nun messen sich die Behindertensportler. 4'200 Menschen aus 165 Nationen sind am Start. Als Begleiter mit dabei: Pastor Christian Bode.
Paralympics in Peking 2008

Wenn Rollstuhlfahrer mit dem Volleyball auf dem Schoss über das Spielfeld flitzen, steht Pastor Christian Bode direkt am Spielfeldrand. Er weilt als einziger Seelsorger der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 29. August bis zum 9. September an den Paralympischen Spielen in London. «In einem System, das auf Leistung und Medaillen ausgerichtet ist, habe ich die Rolle des Exoten», sagt der 34-Jährige aus dem niedersächsischen Holzminden.
 
Gemeinsam mit einem Kollegen der katholischen Kirche wird Bode das deutsche paralympische Team mit seinen 150 Sportlern und 97 Betreuern bei den Wettkämpfen und im olympischen Dorf begleiten. Neben einem kleinen ansteckbaren Kreuz, wird er dabei erstmals auch ein kirchliches Kollarhemd mit Stehkragen tragen, damit ihn die Sportler besser als Pastor erkennen können. «Wir versuchen, so nah wie möglich an die Sportler heranzukommen», sagt Bode.

«Wir sind eine Tankstelle»

Für den Pastor sind die Spiele der Behindertensportler nichts Neues. Der Tischtennisspieler hat das deutsche paralympische Team 2008 für die Wettkämpfe in Peking trainiert. Die Voraussetzungen unterschieden sich nur minimal von denen der Olympischen Spiele, sagt der Theologe und leidenschaftliche Marathonläufer. «Die Basketballer werfen auf die gleichen Körbe, die Läufer laufen gleiche Distanzen.»
Die Kriterien für die behinderten Sportler seien sogar viel härter. Nur wer unter den zehn Weltbesten sei, dürfe nach London reisen.

Aus seiner Erfahrung als Trainer weiss Bode auch, wie bitter ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Wettbewerb sein kann. «Die Athleten arbeiten über Monate und Jahre auf diesen Traum hin, und der zerplatzt plötzlich wie eine Seifenblase.» Besonders in diesen Momenten möchte der Seelsorger zur Stelle sein. «Wir sind dann so etwas wie eine Tankstelle, wo man jenseits der Wettkampfdynamik auftanken kann.»

Mehr Interesse, mehr Druck

Seitdem der damalige Theologiestudent Bode 1997 seine Trainerausbildung begann, hat sich der Behindertensport enorm weiterentwickelt. «Früher reisten die Sportler in den abgetragenen Trainingsanzügen der deutschen Fussballnationalmannschaft zu den Turnieren», erzählt er. Mittlerweile habe das öffentliche Interesse stark zugenommen, aber damit auch der Leistungsdruck.

Menschen wie den südafrikanischen Läufer Oscar Pistorius, der mit Beinprothese an den Olympischen Spielen teilgenommen hat, findet Bode wichtig. Die Diskussion um seine Person lenke das Augenmerk auf die Frage, wie behinderte Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. «Im Grunde braucht es solche Typen, die etwas Neues in Gang bringen», meint Bode: «Vielleicht könnten so beide Wettbewerbe irgendwann stärker zusammengeführt werden.»

«Fest der Begegnung»

Bode wird in Londons Innenstadt in einer katholischen Gemeinde wohnen. So kann er schnell alle Spielstätten erreichen. «Ich hoffe, dass die Paralympics ein grosses Fest der Begegnung werden, so dass sie für jeden ein unvergessliches Erlebnis werden. Egal ob mit Gold, Silber oder Bronze.»

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Datum: 30.08.2012
Autor: Charlotte Morgenthal
Quelle: Epd

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