Papst Franziskus

Eine starke Stimme für die Familie

Das lange erwartete Schreiben von Papst Franziskus unter dem Titel «Amoris Laetitia» (die Freude der Liebe) ist erschienen und dürfte für Diskussionsstoff sorgen. Herausfordernd ist insbesondere das zweite Kapitel (von insgesamt neun). Es nimmt die heutigen Menschen, die Kirche, Gesellschaft und Politik in die Pflicht.
Papst Franziskus

Das Schreiben richtet sich ausdrücklich nicht nur an das kirchliche Personal, sondern auch an die (christlichen) Eheleute und an die gläubigen Menschen ganz allgemein. Und ganz besonders auch an die (Familien-)Politikerinnen und -Politiker. Sie werden ganz besonders vom Kapitel 2 mit dem Titel «Die Wirklichkeit und die Herausforderungen der Familie» angesprochen. Insgesamt sorgt das Papier für allerhand Überraschungen, auch wenn es gerade auf die in Europa hochgehaltenen Fragen wie Ehe für gleichgeschlechtliche Paare keinen Freipass gibt und die Ehe und Familie als Kern der Gesellschaft beschreibt. Es spricht auch andere heisse Eisen an.

Keine Idealisierung der Familie

Auf die vielerorts geäusserte Befürchtung, der Papst könnte die Familie in Bibel und Gegenwart idealisieren, gibt es eine klare Absage. Gleich zu Anfang des ersten Kapitels heisst es: «Die Bibel ist bevölkert mit Familien, mit Generationen, sie ist voller Geschichten der Liebe wie auch der Familienkrisen, und das von der ersten Seite an ...».

Das Wohl der Familie und die Zukunft

Dennoch: «Das Wohl der Familie ist entscheidend für die Zukunft der Welt und der Kirche.» Das ist die feste Überzeugung von Franziskus, und er entfaltet diese Sicht im zweiten Kapitel. Er wirft einen schonungslosen Blick auf den Zustand von Familien weltweit. Und er ist sich bewusst: «Weder die Gesellschaft, in der wir leben, noch jene, auf die wir zugehen, erlauben ein wahlloses Weiterbestehen von Formen und Modellen der Vergangenheit.»

Individualismus löst gefährliche Dynamiken aus

Als eine besondere Gefahr für die traditionelle Familie sieht er den «ausufernden Individualismus ..., der die familiären Bindungen entstellt und dazu führt, jedes Mitglied der Familie als eine Insel zu betrachten.» Die dadurch entstehenden Spannungen und Dynamiken führten zu Abneigung und Aggressivität. Der heutige Lebensrhythmus, der Stress, die Gesellschaftsstruktur und Arbeitsorganisation erschwerten zudem die Entscheidung für ein dauerhaftes Zusammenleben.

Der Zwiespalt zwischen Selbstbestimmung und Gemeinschaft

Dies führt zu einer verstärkten Tendenz, allein zu wohnen und die Herkunftsfamilie noch als Ergänzung, nicht aber als persönlich zentraler Lebensort zu sehen. Diese könne dann «zu einem zeitweiligen Aufenthaltsort werden, zu dem man kommt, wenn es einem für sich selbst nützlich erscheint, oder wohin man sich begibt, um Rechte einzufordern, während die Bindungen der flüchtigen Unbeständigkeit der Wünsche und der Umstände überlassen bleiben.» Viele Menschen befinden sich laut Franziskus in einem Zwiespalt: «Man fürchtet die Einsamkeit, man wünscht sich einen Raum des Schutzes und der Treue, doch zugleich wächst die Furcht, gefangen zu sein durch eine Beziehung, die das Erreichen der persönlichen Bestrebungen zurückstellen könnte.»

Für die Ehe argumentieren

Der Papst fordert daher die Christen auf, für die Ehe zu argumentieren, auch wenn man damit in die Minderheit geraten könne. «Wir würden der Welt Werte vorenthalten, die wir beisteuern können und müssen», so Franziskus. Er legt ihnen zwar nahe, «mit der Macht der Autorität Regeln durchsetzen zu wollen» und ermutigt stattdessen, die Gründe und die Motivationen aufzuzeigen, die für die Ehe und die Familie sprechen. Die Art und Weise, wie in der Vergangenheit christliche Überzeugungen vermittelt wurden, habe auch zum heutigen Zustand geführt, den man jetzt beklage. Insbesondere, wenn der Wert der Fortpflanzung überbewertet oder die Ehe idealisiert worden sei. Stattdessen gelte es, die heiratswilligen Menschen auf die Ehe vorzubereiten und sie darin zu begleiten und zu unterstützen. 

Eine Kultur des Provisorischen

Franziskus spricht dann die «Kultur des Provisorischen» an. Zum Beispiel die Geschwindigkeit, mit der heute Beziehungen gewechselt werden: «Sie meinen, dass man die Liebe wie in den sozialen Netzen nach Belieben des Konsumenten ein- und ausschalten und sogar schnell blockieren kann.» Doch dieses Verhalten führe zu unerwünschten Rückwirkungen und persönlichen Tragödien: «Wer die anderen benutzt, wird früher oder später mit der gleichen Logik schliesslich selber benutzt, manipuliert und verlassen werden.»

Eine Kultur gegen die Familie

Franziskus spricht auch die wirtschaftlichen Bedingungen an, wenn er schreibt: «Auf die Gefahr hin, allzu sehr zu vereinfachen, könnten wir sagen, dass wir in einer Kultur leben, die junge Menschen zwingt, keine Familie zu gründen, weil es ihnen an Chancen für die Zukunft mangelt. Und auf der anderen Seite biete dieselbe Kultur anderen so viele Wahlmöglichkeiten, dass auch sie von der Gründung einer Familie abgehalten werden. Daneben gehen aus dem Scheitern von Familien aus Mangel an Versöhnung und Vergebung neue Verbindungen und Ehen hervor, die wiederum schwierige Verhältnisse schaffen.»

Staat soll Familie und Ehe unterstützen

Franziskus beobachtet ein zunehmendes Desinteresse der Staaten und Organisationen an der Familie. Diese fühlten sich oft allein gelassen. Daraus leitet der Papst die Forderung an die Politik ab: «Es liegt in der Verantwortung des Staates, rechtliche und wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen, welche den Jugendlichen eine Zukunft garantieren und ihnen dabei helfen, ihr Vorhaben der Familiengründung umzusetzen. In Zukunft müssten die Rechte der Familien wieder über den Rechten des Einzelnen stehen.»

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Datum: 11.04.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet/ SSF

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