TS Bienenberg nimmt Stellung

Mit Gewalt gegen Gewalt?

Der Krieg in Syrien und Irak fordert das friedenskirchliche Verständnis heraus. Das Kollegium des Theologischen Seminars Bienenberg nimmt Stellung.
Zerstörte Kirche: Wie ist die angemessene Antwort auf erlebte Gewalt?
Die ausführliche Stellungnahme finden Sie unter www.bienenberg-blog.ch.

Der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Mossul, Matti Sharaf, rief einmal mehr die Weltgemeinschaft zu rascher Hilfe auf. Die Menschen im Herrschaftsgebiet der Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) würden beraubt, entführt, vergewaltigt und ermordet, Kirchen zwangsweise in Moscheen umgewandelt. Leider habe die Gewalt auch viele Nachbarn, mit denen bisher ein friedliches Miteinander möglich gewesen sei, aufgestachelt und radikalisiert. Er sprach sich deutlich für ein militärisches Eingreifen aus. «Eine andere Sprache verstehen sie nicht», glaubt Sharaf mit Blick auf die IS-Terroristen.

Pazifistische Position unter Druck

Die Aufrufe zur militärischen Intervention finden immer breitere Zustimmung, auch in kirchlichen Kreisen. «Protestierten diese 2003 noch weitgehend einmütig gegen die amerikanische Invasion im Irak, mehren sich jene Stimmen, die in den militärischen Interventionen eine dem christlichen Glauben angemessene Form von Verantwortungsübernahme sehen», schreibt das Theologische Seminar Bienenberg in einer Stellungnahme und erklärt: «Wir stehen in einer friedenskirchlichen Tradition, die ihr pazifistisches Engagement aus dem Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi ableitet.»

Diese Position werde aufgrund der «schrecklichen und bedrohlichen Ereignisse» einmal mehr grundsätzlich infrage gestellt. Trotzdem glaube man, dass pazifistische Überzeugungen in dieser Situation nicht hinfällig geworden seien. «Gerade als Christen sehen wir uns jetzt herausgefordert, vom Evangelium her einen gewaltfreien Umgang mit den Feinden zu suchen.»

Gewalt verschärft Konflikte

Die Gewalt stellt drängende Fragen, denen die Autoren in ihrer Stellungnahme aus friedenskirchlicher Sicht begegnen möchten. «Dabei wissen wir, dass sich manches einfach sagen lässt, solange man sich in sicherer Distanz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen befindet», so das Bienenberg-Kollegium. Doch gerade im Bereich der Prävention habe man sich zu lange zu passiv verhalten und längst nicht alle Möglichkeiten der friedlichen Konfliktlösung ausgeschöpft. Die Autoren sind überzeugt, dass Gewalt nicht mit Gewalt zu überwinden ist. «Gerade das Beispiel Irak erinnert schmerzlich daran, wie in Konflikten vorschnell und einseitig gewaltsame Reaktionen in Betracht gezogen werden, die letztlich den Konflikt aber nicht lösen, sondern mitunter gar verschärfen.» Derartige militärische Interventionen würden häufig mehr versprechen, als sie je einhalten könnten. «Ein Blick in die Geschichte zeigt: So mancher 'gerechte Krieg' wurde entgegen der ursprünglichen oder offiziellen Absicht mit zweifelhaften Motiven geführt.»

Jesus liebt seine Feinde

Die grossen Linien der gesamtbiblischen Botschaft zeigten deutlich, was Gott am Herzen liege: «Schalom – gerechter Friede», so die Autoren weiter. Am deutlichsten komme dieser umfassende Friedenswille in Jesus zum Ausdruck. «Kompromisslos kämpft er gegen jegliche Pseudoreligion, gegen Ungerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit – und liebt seine Feinde dennoch, anstatt sie zu töten.»

Im Text werden eine Reihe alternativer Möglichkeiten der gewaltfreien Intervention aufgezählt. Etwa Gebet, gewaltfreie Friedenseinsätze, Flüchtlingshilfe oder auch der Einsatz von Polizeitruppen, die «ausgebildet in gewaltfreier Konfliktlösung und gebunden an internationales Recht und Menschenrechte, die Menschen schützen könnten».

Zur Webseite:
Bienenberg - Blog


Zum Thema:
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Datum: 04.10.2014
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Schweiz

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