Kampf für Religionsfreiheit

Indien: Christen stehen auf gegen Übergriffe von Hindus

In Indien haben Christen eine überdenominationelle Geschäftsstelle für Rechtsberatung mit einer Hotline eingerichtet. Damit reagieren sie auf die Übergriffe durch Extremisten, die seit der Machtergreifung der nationalistischen Hindu-Partei 2014 zugenommen haben.
Menschen in Indien
Barack Obama

Das «Vereinigte Christliche Forum für Menschenrechte» (United Christian Forum for Human Rights) wurde am 19. Januar in New Delhi ins Leben gerufen. Es will «die legale Hilfe durch Anwälte für die christliche Gemeinschaft koordinieren, die in den letzten Monaten durch Gewalt in verschiedenen Staaten traumatisiert worden ist», wie John Dayal, prominenter christlicher Aktivist und Sprecher der Gruppe, sagte. Angriffe auf Christen haben in Indien zugenommen, seitdem die nationalistische Hindu-Partei BJP die Parlamentswahlen im Mai 2014 gewonnen hatte.

Auch die katholische indische Bischofskonferenz forderte die Regierung auf, «den säkulären Charakter Indiens beizubehalten». Die Angriffe auf Christen in letzter Zeit hätten «den Glauben an das Land» bei vielen erschüttert. Seit 2014 hätten die Bestrebungen, Indien zu einer hinduistischen Nation zu machen, eindeutig zugenommen.

Hilfstelefon und Eingreifgruppe

«Das Vereinigte Christliche Forum hat ein nationales 24-Stunden-Hilfstelefon 1-800-208-4545 eingerichtet. So können Anwälte und Experten Opfern von Gewalt, Einschüchterung, Zwang oder anderen illegalen Aktionen schneller helfen», teilten die Organisatoren in ihrer Pressemeldung mit. «Wir hatten schon über 4'000 Anrufe. Die meisten wollen allerdings wissen, ob das funktioniert und auch ihre Solidarität ausdrücken», sagte Tehmina Arora, eine Anwältin bei der «Allianz zur Verteidigung der Freiheit in Indien». Es seien aber auch schon drei Fälle von ernsthafter Belästigung und Behinderung von Christen gemeldet worden.

Die Indische Evangelische Allianz hat im Jahr 2014 mindestens 144 Fälle von Übergriffen gegen Christen registriert, davon allein 31 im Dezember. Darunter fallen körperliche Gewalt, falsche Anklagen, Störung von Gottesdiensten oder weihnachtlichen Veranstaltungen, Hasskampagnen und Druck zur Bekehrung zum Hinduismus. «Das Vereinigte Christliche Forum ist jetzt gebildet worden, damit die Stimme der Menschen in den Dörfern endlich auch in Neu-Delhi ankommt», hielt der Vorsitzende Michael William fest.

«Die Knie beugen - aber nur vor Gott»

Koordinator A.C. Michael bezeichnete das Vereinigte Christliche Forums mehr als eine «Aktionsgruppe». Im Forum arbeiten christliche Netzwerke wie die indische Evangelische Allianz, die «Vereinigung christlicher Anwälte» und die «Allianz für die Verteidigung der Freiheit» zusammen. Es sei nicht beabsichtigt, die Leiter von Gemeinden direkt zu involvieren. Sprecher John Dayal hielt fest, dass die Christen in Indien dem wachsenden Druck vor allem «auf den Knien» begegnen sollten, fügte aber hinzu: «Aber auf Knien, die sich nur vor Gott beugen, nicht vor Menschen, vor irgendwelchen Machthabern oder vor dem Staat. Indien ist unsere Heimat, und wir beanspruchen unsere Rechte als Kinder Gottes und Bürger von Indien mit der Bibel in der einen und der Verfassung in der anderen Hand.»

Obama: «Religiöse Freiheit ist lebenswichtig»

Bei seinem Besuch in Indien in dieser Woche sprach US-Präsident Barack Obama auch das heikle Thema der Religionsfreiheit in Indien an. Ohne die Hindu-Partei explizit zu erwähnen, zitierte er aus der indischen Verfassung: «Ihr Artikel 25 sagt, dass alle Menschen das gleiche Recht auf Freiheit des Gewissens haben, ebenso wie das Recht, ihre Religion frei zu bekennen, zu praktizieren und zu verbreiten. In unseren beiden Ländern, ja in allen Ländern ist es die Verantwortung der Regierung, aber auch jedes einzelnen Menschen, diese grundsätzliche Freiheit aufrecht zu erhalten», appellierte Obama in einer Ansprache vor vorwiegend jungen Indern in Neu-Delhi.

Während seines dreitägigen Besuches baute Obama warme Beziehungen zu Präsident Modi auf, der noch vor einem Jahr eine unerwünschte Person in Washington war und wegen gewalttätiger Übergriffe durch Hindus in einem von ihm regierten Staat fast ein Jahrzehnt lang die USA nicht besuchen durfte. Die USA wollen mit einer verstärkten Achse zu Indien ein Gegengewicht zum wachsenden Einfluss Chinas bilden.

Datum: 30.01.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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