Umgang mit Muslimen

«Gott nutzt die gegenwärtige Situation, um sein Reich zu bauen»

An der L2M (Link To Muslims)-Konferenz zum Thema «Freundschaftliche Beziehungen mit Muslimen aufbauen» vom 20. - 22. November in Steffisburg liessen sich über 500 Personen inspirieren, wie sie als Christen Muslimen begegnen und ihren Glauben mit ihnen teilen können. 
L2M-Konferenz
Christof Kräuchi und Beat Forster
David Shenk
Jesus im Islam und im Christentum
Seminar an der L2M-Konferenz

An der von CM (Christen begegnen Muslimen) und Frontiers organisierten Konferenz wurden viele Inputs gegeben, wie man Muslime erreichen und eine Beziehung zu ihnen aufbauen kann. Dabei wurden zwei Personengruppen speziell thematisiert: Jugendliche und Imame.

Christof Kräuchi, Leiter von CM zeigte anhand von Statistiken auf, dass in der Schweiz ca. 50 % der unter 25 Jahren sind und 75 % unter 45. Ausserdem gebe es rund 100 muslimische Jugendorganisationen in der Schweiz. Daher müsse die Arbeit unter Muslimen einen Fokus auf Jugendliche setzen. Wenn man nicht wisse, wo es Muslime gebe, könne man in Asylheimen suchen, denn dort seien viele zu finden. Aber auch in Gefängnissen könne man Muslime besuchen.  

David Shenk, Hauptredner der Konferenz, erzählte von seinen Begegnungen mit Imamen unter dem Motto «A Pastor meets an Imam». Solche Begegnungen führten oft zu Wundern wie dem, dass ein Imam das Evangelium in der Moschee predigte. Ausserdem habe ein Imam solch einen Einfluss und eine wichtige Stellung, dass ihm oft die ganze muslimische Gemeinde folgt, wenn er sich auf Jesus ausrichtet. Daher seien solche Gespräche ein wichtiger Schlüssel in der Evangelisation von muslimischen Gemeinschaften. Die Zuhörer wurden auch ermutigt, eine Moschee zu besuchen - allerdings nicht alleine, sondern am besten in Gruppen. So seien auch gute Begegnungen möglich.

Einsamkeit und Enttäuschung führte zu Extremismus

An der Konferenz kamen auch Terrorismus und Extremismus zur Sprache. Shenk erzählte von einem Muslim, der in ein europäisches Land zog und dort so einsam und enttäuscht von den «Christen» dort war, die nur über Autos und Frauen sprachen, dass er eine muslimische Brüderschaft gründete und Extremist wurde. Nach seinem Tod zirkulierten seine Bücher in der terroristischen Bewegung und sind jetzt noch Grundlage für ISIS & Co. «Was wäre gewesen, wenn nur einer ihn zum Essen eingeladen hätte...», stelle Shenk die Frage in den Raum und machte damit klar, was für eine wichtige Rolle Gastfreundschaft gegenüber Muslimen habe und wie Freundschaft zu Muslimen Extremismus vorbeugen kann. «Vergesst nicht die Fremden, heisst sie willkommen!», paraphrasierte er einen Text aus dem Propheten Hesekiel.

Das Beste, was wir machen könnten, sei daher, unsere muslimischen Nachbarn zum Essen einzuladen und ihnen z.B. eine Bibel zu schenken. «Ihr könnte sie einladen und ihnen dann sagen: 'Das ist das Kostbarste, was wir besitzen', und ihnen eine Bibel in die Hand drücken.»

ISIS und die Muslime

Beat Forster, Leiter Öffentlichkeitsarbeit von Frontiers, erklärte, was für einen Einfluss der IS auf die islamische Welt hat. So würden sich dank dem IS viele Muslime zum ersten Mal Fragen zu ihrem Glauben stellen; denn im Islam sei es quasi verboten, Fragen zu stellen, man folgt einfach. Nun aber, angesichts des vermehrten Terrors in der Welt und nun auch in Europa, müssten muslimische Leiter Stellung nehmen zum Islam und zum Extremismus. Sehr viele Muslime stellten sich plötzlich die Frage: 'Was glaube ich eigentlich? Was für ein Muslim bin ich? Glaube ich das gleiche wie die ISIS-Kämpfer, oder was lehrt der Koran wirklich?' Diese Fragen würden Muslime dann in zwei verschiedene Richtungen treiben: Einerseits in den Fundamentalismus und Extremismus, andererseits in den Liberalismus und Distanzierung vom Islam. Zweiteres sei gut, denn «die Extremisten helfen uns insofern, als ihre Auslegung vom Islam so strikt ist, dass sich Muslime neu orientieren.»

Als Beispiel führte er Ayatollah Chomeini an; er sei seinerzeit der «grösste Missionar der islamischen Welt» gewesen. Er ist so weit gegangen, dass er abends den Strom abgestellt habe, damit die Leute Kinder machten (was macht man, wenn man nichts zu tun hat?) - so wuchs eine riesige Generation von verlorenen Kindern auf, die «frustration generation», die keine Arbeit hatten und so zu Extremisten wurden. Khomeini war so extrem, dass viele Iraner nicht mehr beim Islam bleiben wollten und konvertierten.

«Was der ISIS produziert, spielt alles in Gottes Hände!», sagte Forster weiter. «Nicht, dass Gott alles so inszeniert hat - keineswegs! Aber Gott lässt sich nicht lumpen, in diese Situation zu sprechen.» Gott nutze diese Gelegenheit, um sein Reich zu bauen. Denn wenn Muslime Fragen haben, und der Imam sagt: «Darüber reden wir nicht!», dann sucht der Muslim erst recht – im Internet. Für Beat Forster ist diese Zeit deshalb eine grosse Chance: «Ich will nicht einen Muslim davon überzeugen, dass er Jesus braucht, sondern ihn dazu führen, dass er Fragen stellt. Denn in den Fragen ist die Macht!»

Die islamische Welt steht Kopf 

Der Anschlag auf die Twin Towers in New York habe alles verändert, so wie George W. Bush nach 9/11 sagte: «Die Welt wird nicht mehr dieselbe sein». Seit 2011 komme die islamische Welt nicht mehr zum Stillstand und die Welt beginne sich Fragen zu stellen wie «Was will der Islam?» Vorher war der Islam einfach da, aber seit 2001 wird er als Bedrohung gesehen.

Referent Beat Forster ging auch auf die Ursachen des arabischen Frühlings ein. Dazu gehörten u.a. das Gefälle zwischen Arm und Reich, wirtschaftlicher Stillstand (das BIP von allen 22 arabischen Staaten ist gleich wie das von Spanien) und die Jugendexplosion (70 % aller Somalis sind unter 30 - die Jugend hat keine Perspektive). Ausserdem gebe es auch innerhalb des Islam viele Konflikte, so dass sich sogar Angehörige der gleichen Glaubensrichtung gegenseitig bekämpfen. Auch die Spannung zwischen Modernismus und Traditionalismus und Ablehnung durch den Westen seien Grund für die Frustation in den muslimischen Ländern. Der Irakkrieg sei ein riesiger Fehler, eine grosse Katastrophe gewesen. Der IS sei Reaktion darauf, da sich die Wut und Frustration aufgestaut hat und irgendwann rausmusste.

Weltanschauung der Muslime: Das Haus des Islam 

Als Grundlage für Begegnunge mit Muslimen sei es wichtig, ihre Weltanschauung zu verstehen. David Shenk thematisierte dies in seinem Referat über das «Haus des Islam», das aus den fünf Säulen des Glaubens (Glaube an einen Gott, die Propheten, die heiligen Bücher, die Engel, das Gericht) und den fünf Säulen der Pflicht (Bekenntnis, Gebet, Almosen, Fasten, Pilgerreisen) bestehe. Das wichtigste Prinzip im Islam sei, dieses Konstrukt um jeden Preis zu schützen.

Shenk, zeigte auch auf, dass es in beiden Religionen Parallelen (Überschneidungen) gebe, aber dass jede Religion trotzdem ein anderes Wahrheits-Zentrum habe, und grosse Differenzen bestünden (siehe Diagramm rechts). Die Bibel sei als Ganzes als heiliges Buch im Islam anerkannt, insbesondere die Torah, die Propheten und das Neue Testament. Anhand eines Quiz zeigte er auch auf, wie viele Hinweise auf Jesus und die Bibel im Koran stehen (siehe Jesus im Koran). Zum Beispiel erklärte er, dass der Name Jesu (Issa) immer mit dem Zusatz «al Masih» (der Messias) gebraucht werde, nur «Issa» zu verwenden sei nicht respektvoll. Allerdings würden Muslime dem Begriff «Messias» eine andere Bedeutung zumessen, nämlich dass er nur für Israel und nur für eine bestimmte Zeit galt.

Christen seien Muslimen im Glauben am Nächsten. Deshalb werden Muslime im Koran auch aufgefordert, die Christen (mit den älteren Schriften) zu fragen, wenn sie Fragen haben. Auch die Jungfrauengeburt Jesu und ein Verweis auf den Heiligen Geist finden sich im Koran. 

Anhand von Freiwilligen zeigte er, wie Muslime beten. Beim Gebet bilden die Beter eine Art Mauer (Fuss an Fuss), die die Welt aussperren. Jedes Durchbrechen oder Eindringen in die Mauer muss verhindert werden - das sei das Konzept des wahren Dschihad. Der wahre Dschihad sei defensiver Natur; es gehe nicht um Waffengewalt, sondern darum, ein ganzer und richtiger Muslim zu sein, die Welt auszusperren und den Koran ernsthaft als Festung gegen äussere Einflüsse zu schützen. Der andere Dschihad (mit Waffengewalt) komme erst zum Zug, wenn es eine wirkliche Bedrohung gibt und die Gefahr besteht, dass die Mauer durchdrungen wird (z.B. bei Blasphemie, Karikaturen, etc.). Dann müsse gehandelt werden und das letzte Mittel sind dann Waffen. Allerdings könne bereits eine Einladung zum Tee als Bedrohung aufgefasst werden - deshalb wird Muslimen gesagt, sie sollen bei Christen aufpassen, v.a. bei Christen, die sie bekehren wollen, dann müsse die Freundschaft beendet werden, um das Haus des Islam zu schützen. Der Schutz des Hauses des Islam sei auch ein Grund, wieso sich viele Muslime nicht integrieren und assimilieren, wenn sie in ein anderes Land kommen. Diese Mauer zu durchdringen sei daher praktisch unmöglich; allerdings gebe es Türen, die in diese Mauer eingelassen sind - und diese Türen gilt es zu finden.  

21 verschiedene Seminare

Von 11 bis 16 Uhr konnten die Konferenzteilnehmer während drei Seminarblocks aus einer grossen Auswahl an Themen (insgesamt 21) in deutscher und französischer Sprache wählen: Von theologischen Auslegungen zu Bibel und Islam (Allah=Gott?) oder dem Konzept des Ehrenmords bis zu Frauen im Islam oder Begleiten von Migranten. Einige Workshops beschäftigten sich, passend zu den aktuellen Geschehnissen in Paris, mit dem Ursprung und der Geschichte des Salafismus, und der Rolle der Gewalt im Islam.

Zeugnisse und Gebet

Am Abend zeigte David Shenk anhand des Briefs an die Kirche von Philadelphia, wie man die Türen in der Mauer des Islams finden könne. Die Kirche von Philadelphia sei zum Beispiel eine Kirche der Liebe und des Mitgefühls gewesen, eine Kirche, die gute Taten tat («gute Taten öffnen Türen») und eine Kirche, die bereit war zu leiden und geduldig zu sein. Diese Eigenschaften seien zentral im Umgang mit den Muslimen.

Am letzten Konferenztag wurde morgens ein Gottesdienst zusammen mit der Gemeinde gefeiert zum Thema «Der Friede Jesu trifft auf den Frieden des Islam» und nachmittags gab es einen Zeugnisteil «WOW GOD», wo die Teilnehmer Geschichten, die sie mit Muslimen erlebt haben, erzählen konnten. Während dieser letzten Session wurde auch immer wieder gemeinsam gebetet - für einzelne Länder, für die mit Ständen im Raum vertretenen Werke sowie für einzelne Menschen. 

Zur Webseite:
L2M - Link to Muslims
CM - Christen begegnen Muslimen
Frontiers

Zum Thema:
L2M-Konferenz: Warum sollen wir Muslime lieben?
L2M-Konferenz: «Muslime haben Anrecht, über Jesus informiert zu werden»
«Muslimen begegnen»: Gebet anbieten ist besser als aggressive Diskussion
Islamexperte Andreas Maurer: «Schade, dass viele Christen Angst und falsche Vorurteile haben!»

Datum: 26.11.2015
Autor: Anja Janki
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung