Wolfgang Simson

Das Entstehen der City Church

Wie durch das Verschmelzen traditioneller Gemeinden ein neues Kapitel der Kirchengeschichte anbricht: Die Kirche als "Schaufenster Gottes" in den Wohnquartieren in Form der Hauskirchen und zum Zeichen der Einheit als grosser Festgottesdienst. Der Artikel gibt die zum Teil provokative Sichtweise des „Kirchenreformers“ Wolfgang Simson wieder.
Wolfgang Simson
Wird die Kirche neu Versammlungsort für grosse Festgottesdienste?
Die Gemeinde im Neuen Testament wurde nach dem Ort, also ihrer geographischen Lage genannt, nicht nach einer Denomination.

Stellen sie sich vor, an ihrem Ort oder ihrer Region würden sich die Christen wieder wie in urchristlichen Zeiten an zwei Orten treffen: Erstens "von Haus zu Haus", also dezentral in vielen Hauskirchen, und zweitens immer wieder alle zusammen an einem zentralen und wirklich grossen Ort "in der Tempelhalle Salomos", einem grossen Saal, einer Halle, einem Stadion.

In den Häusern würden sie authentisch miteinander das Leben teilen, organische Gemeinschaft leben und so ein echtes "Schaufenster Gottes" für ihr Wohnquartier sein. In den grossen Festgottesdiensten würden sie immer wieder ein unübersehbares Zeichen der Einheit von Gottes Volk setzen, ihrer Zusammengehörigkeit Ausdruck geben, ein grosses Fest feiern und einen Ort bieten, an dem die kleinen Hauskirchen zu einer grossen Vision zusammenfinden und Bewegungscharakter annehmen können. Das würde wieder - wie damals - ganze Städte und Regionen mit dem Evangelium von Jesus Christus verändern. Und niemand könnte leugnen: "Ihr habt Jerusalem erfüllt mit euer Lehre" (Apostelgeschichte 5,28).

Neue Weltkirchenbewegung: Das "Zweitakt-Modell"

An vielen Orten der Welt beginnt sich, besonders seit der Jahrtausendwende, genau dieses "Zweitakt-Modell von Kirche" wieder zu regen, Echtheit im Kleinen und im Grossen, das Zusammenwirken von Hauskirchen und Stadtkirche (oder Regionalkirche), organische, familiäre Gemeinschaft und geistliche Heimat in den Häusern, und regelmässige Grosstreffen von Christen, die alle kleinlichen Barrieren zueinander überwinden und erkennen: in Christus sind wir eins vor Gott und der Welt. Es ist als wenn sich Christen heute wieder bewusst oder unbewusst nach einem unsichtbaren geistlichen Magnetfeld ausrichten wie die guten alten Eisenfeilspäne auf dem Overheadprojektor unseres Physiklehrers. Was tut Gott hier?

Wo ist Gemeinde zu Hause?

Es ist hilfreich sich vor Augen zu stellen dass es vier Ebenen gibt, auf denen die Christenheit heute existiert: das Haus (cell, Ebene 1), die Pastorenkirche (congregation, Ebene 2), die stadtweite oder regionale Dimension von Kirche (celebration, Ebene 3) und die überregionale Verbindung von Gemeinden, die Denomination (Ebene 4). Ich will kurz erläutern, was diese Ausdrücke bedeuten:
1. Die cell (Zelle oder "Kleingruppe") ist normalerweise einfach "die Gemeinde im Haus", und ist typischerweise zwischen 3 und 15 Menschen gross. Hier können enge Beziehungen gepflegt werden, und die Zellen funktionieren zumeist organisch, das bedeutet, die Mitglieder stehen in direktem unbürokratischen Kontakt zueinander und nehmen am Leben der anderen teil.

2. Die congregation (Pastorenkirche) ist "mittelgross", und umfasst üblicherweise zwischen 16 und 300 Personen. Sie funktioniert formeller als die Zelle, ist organisierter, hat normalerweise einen Pastor, Mitarbeiter, eine Art von Gottesdienst, und verschiedene Programme. Diese Lokalgemeinde arbeitet häufig parochial, d.h. sie dient den Mitgliedern eines bestimmten geographischen Gebietes, und verfügt in der Regel über besondere Gemeinderäumlichkeiten, einen Kirchenbau gleich welcher Art, einem Gebäude also, das besonderen religiösen Zwecken dient. Die Mitglieder haben normalerweise keinen direkten und natürlichen Kontakt mehr mit allen anderen Mitgliedern; dafür sind sie zu viele, und die Strukturen der Treffen einer solchen Gemeinde lassen das in der Regel auch nicht zu.

3. Die celebration, die Feierversammlung, ist typischerweise eine "grosse" Versammlung von Christen, 300 Personen oder mehr, die aus ihrem Gebiet zusammenkommen um ihre Einheit in Christus zu dokumentieren, gemeinsam feiern wollen, was Gott getan hat und für sie tun will, die sich gemeinsam auf die Rückkehr von Christus freuen, und die oft von Christen mit apostolischer und prophetischer Begabung geleitet werden. Solche Feiergottesdienste können im Freien stattfinden, in Stadien, Konferenzzentren oder anderen grossen Hallen. Die Besucher können unmöglich alle miteinander Kontakt aufnehmen und gehen fröhlich in der Masse unter.

4. Die Denomination ist ein in der Regel nationaler (oder auch internationaler) Gemeindebund von Gemeinden besonderer Prägung, etwa aller paptistischen Gemeinden, methodistischer Gemeinden, evangelischen Gemeinden, katholischen Gemeinden, mennonitischen Gemeinden, Pfingstgemeinden etc.

Das neutestamentliche "Zweitakt-Modell"

Im Neuen Testament finden wir ausdrücklich nur zwei dieser vier Ebenen, die cell (Ebene 1) und die celebration (Ebene 3), die Gemeinde "von Haus zu Haus" und die stadtweiten Zusammenkünfte, etwa die Gemeinde zu Antiochien (Apostelgeschichte 14,27) oder die Gemeinde zu Jerusalem (Apg 15,4), die sich eine Zeitlang in der Halle Salomos traf. Die "Gemeinde zu Antiochien" war dabei nichts anderes als die Gesamtheit aller Hauskirchen in Antiochia.

Die Hauskirche bot die gesunde Familiendynamik, ein privates und stabiles Zuhause, einen organisch angestammten Platz für die Kirche in der Gesellschaft, wo Christen ihr Leben miteinander teilten und sich gegenseitig verpflichtet waren, an genau dem Ort, an dem sich der Grossteil ihres Lebens abspielt, in ihren Häusern, Zelten, Appartments, oder auch auf den Strassen, Plätzen, Büros und Cafés der Welt.

Die Stadtkirche war der öffentliche Ort, an dem alle Christen der Stadt oder der Region miteinander regelmässig oder unregelmässig eine Grosszusammenkunft feierten, in durchaus etwas grandioser und elektrisierender Atmosphäre. Dort konnten sich die Hauskirchen wieder in den grossen Zusammenhang einklinken, das grosse Bild sehen, sich neu im Gesamtbild definieren, und gleichzeitig apostolische Lehre und prophetische Schau erleben.

Dies führte zu einem gewissen öffentlichen Sogeffekt, so dass auch breite Teile der Bevölkerung sich diesem Geschehen nicht entziehen konnten. Diese Dynamik leuchtet manchmal bei einigen der heute üblichen evangelistischen Grossveranstaltungen oder Konferenzen kurz auf. Ein solches
Zusammenkommen der "Stadtkirche", wie ich celebration nenne, konnte buchstäblich eine ganze Stadt, eine Region oder einen Landstrich erschüttern.

Benannt nach der Geographie

Die Gemeinde im Neuen Testament wurde nach dem Ort, also ihrer geographischen Lage genannt, nicht nach einer Denomination. Es war die "Stadtkirche", buchstäblich die "Kirche der Stadt". Die Gesamtzahl aller Christen einer Region der Stadt verstand sich als Gemeinde zu Ephesus, Antiochia, Jerusalem oder Korinth. Auch Paulus schrieb seine Briefe an "die Römer, Galater, Philipper oder Kolosser", also an die Gesamtzahl aller Christen an einem Ort oder in einer Region. Es ist richtig, dass einige Sekten sich dieses Wahrheitselement herausgepickt haben und es sektenhaft-verzerrt als Gesetz predigen. Wird das biblische Prinzip der Stadtkirche aber deshalb ungültig, nur weil einige Sondergruppen darauf pochen? Wenn Gott ihre Stadt sieht, was sieht er? Die Gemeinde zu Houston, Hamburg, Taipei, Buenos Aires und Johannesburg! Sehen Sie, was er sieht?

Autor: Wolfgang Simson

Datum: 08.11.2003
Quelle: DAWN europan network

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