Studientage Uni Fribourg

Das Bild der Kirche von morgen entdecken

Die Studientage «Re-Imagining the Church in the 21st Century» an der Universität Fribourg verbinden reflektierte Selbstkritik mit der geistgewirkten Hoffnung auf neue Kraft und lebendiges Zeugnis. Rund 400 Personen verfolgen die Vorträge und Berichte und diskutieren mit den Referentinnen und Referenten.
Start der Studientage «RE-IMAGINING THE CHURCH»
Ralph Kunz
Michael Herbst

Ein ökumenischer Gottesdienst am Mittwochabend in der Kathedrale von Fribourg markierte den Beginn der Tage und stellte diese unter das Vorzeichen christlicher Glaubenspraxis.

Ralph Kunz: «Wahrhaftigkeit wird erwartet»

Wie gewinnt Kirche im 21. Jahrhundert Überzeugungskraft? Den Christen Europas sind die Worte für das Heilige weithin verloren gegangen. Die Kirche neu zu imaginieren schliesst den Blick auf ihre schmerzhafte Geschichte ein. Heute fragen Menschen nicht nach Wahrheiten, sie erwarten Wahrhaftigkeit, sagte Prof. Ralph Kunz (Uni Zürich). Ein glaubwürdiges Zeugnis vom guten und gnädigen Gott gebe es nur mit dem Schmerz über Machtmissbrauch und anderen Vergehen im Raum der Kirche. Doch, so Kunz, «wer im Namen einer Gemeinschaft spricht, die sich versündigt hat, muss nicht verstummen – solange das, was er oder sie bezeugt, der Versöhnung dient».

Jane Williams (St. Mellitus College, London) fokussierte auf Glauben und Hoffnung, die im Gebet erstarken. Kirche wird neu durch glaubende Menschen, die zum Gebet angeleitet werden und im demütigen Verlangen nach Gerechtigkeit, Heil und Versöhnung leben. Jane Williams betonte: Das neue Bild von Kirche schenkt der Heilige Geist – wenn Menschen Gott ins Zentrum rücken und seinem Wesen entsprechend leben lernen, als «treue und verlässliche Gemeinschaft». Die Kirche könne ein «Zeichen und Vorgeschmack» vom anbrechenden Reich Gottes sein.

«Öffentliche Minderheitenkirche»

Laut Michael Herbst (Uni Greifswald), ist die Entwicklung von einer Volkskirche hin zu einer «öffentlichen Minderheiten-und Missionskirche» unausweichlich. Ein Grund dafür: «Wer nur selten mit Kirche zu tun hat, neigt nicht dazu, seinen Kindern eine belastbare religiöse Erziehung angedeihen zu lassen». Das zum Glauben einladende Reden von Christus ist in Europa neu und doppelt gefordert: Dies einerseits mit Blick auf die wachsende Zahl von Menschen, die das Evangelium noch nie vernommen haben, aber auch «mit Blick auf Menschen, die zwar kirchentreu, aber glaubensfern zu uns gehören». Prof. Herbst sieht Neues aufbrechen. 500 Jahre nach Luther sei es hohe Zeit, seine Anregungen fürs ernsthafte Christsein in kleinen Gemeinschaften aufzunehmen.

Reflektieren, beten, hoffen

Am Mittwochabend begannen die Studientage mit einem vielfältigen ökumenischen Gottesdienst in der Kathedrale. Die fünf Hauptreferenten erzählten, wie sie sich die Kirche erträumen: von Zuversicht, Barmherzigkeit und Kreativität erfüllt (Rt Rev Graham Tomlin, London), von der unbegrenzten Kraft des Gottes der Auferstehung durchwirkt (Jane Williams), als ein immer noch grösseres Haus, welches von Christus gebaut wird, um Völker an seinen Tisch zu laden (Frère Richard, Taizé).

Ralph Kunz sehnt sich nach einer von Schönheit gekennzeichneten Kirche, die durch Liebe aus Verhärtungen und Verzerrungen herausfindet. Michael Herbst betonte den Auftrag der Kirche im Licht des Evangeliums ein Ort zu sein, wo «Gering-von-sich-Denker ihre Würde finden, Reiche teilen und Arme nicht beleidigt werden».

Ein Chor der Jahu-Gemeinschaft Biel führte mit alten und neuen Liedern die Anwesenden im Lobpreis zusammen – zu einer Gemeinschaft von Glaubenden, in welcher Denken von Hoffnung durchwirkt ist.

Zum Thema:
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Datum: 17.06.2016
Autor: Andreas Steingruber
Quelle: Livenet

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